33 Jahre war Dr. Rainer Brockhoff beim Diözesancaritasverband Rottenburg-Stuttgart und davon 21 Jahre in Vorstandsverantwortung. „Es war mir immer ein Anliegen, für die unternehmenspolitischen Interessen der Caritas und ihrer Mitglieder eine starke und gemeinsame Stimme zu entwickeln. Diese Stimme sollte stets die Schwächeren und Benachteiligten in unserer Gesellschaft im Blick haben“, sagte der 64-Jährige gestern bei seiner Verabschiedungsfeier. Der Bankkaufmann und promovierte Volkswirt verantwortete im dreiköpfigen Vorstandsteam der Caritas Rottenburg-Stuttgart die Aufgabenfelder Unternehmenspolitik, Ressourcensteuerung und IT. Für sein Engagement verlieh ihm Steffen Feldmann, Finanz- und Personalvorstand des Deutschen Caritasverbandes, die Dankmedaille des Deutschen Caritasverbandes.
Brockhoff habe im karitativen Dienst vorbildlich gewirkt, so Feldmann. „Er hat in der Caritaswelt einen überaus guten Ruf. Er ist engagiert, lösungsorientiert und innovativ.“ Die Wirkung seines Tuns sei offensichtlich an vielen Stellen angekommen.
Sozial- und Gesundheitsminister Manfred Lucha dankte Brockhoff in einer Videobotschaft für sein großes persönliches Engagement in den letzten Jahrzehnten. Gemeinsam mit dem Caritasverband stehe er für Solidarität, Vielfalt, Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ohne ein enges und vertrauensvolles Zusammentun in der Task Force Langzeitpflege und Eingliederungshilfe „hätten wir die Corona-Pandemie am Ende nicht so gut geschafft und vielen Menschen eine Perspektive gegeben und am Ende auch Leben gerettet.“ Die Task Force sei eine Blaupause des Miteinanders auf Augenhöhe, sie zeige, „dass wir schnell und unkompliziert Herausforderungen lösen.“ Denn vermutlich sei der neue Normal-Zustand nicht mehr, von einer Krise zu reden, sondern von sich überlappenden Krisen.
Als „verdienten Weinberg-Arbeiter im Feld der Caritas“ bezeichnete die Vorsitzende des Caritas-Rates, Dr. Monika Stolz, Rainer Brockhoff. 1993 sei er als Leiter der neugeschaffenen Stelle „Personal“ angetreten. Seitdem unermüdlich unterwegs, habe er „Bündnisse geschmiedet und Netzwerke geknüpft, über alle Denk-Grenzen hinweg“. Brockhoff habe sich als Brückenbauer verstanden, der gerne über Bande gespielt hat. „Die großen Linien haben ihn interessiert, sie galt es zu gestalten. Rainer Brockhoff entwickelte Visionen, von denen er sich leiten ließ, auch wenn ihm viele zunächst nur skeptisch folgten.“
Das Bündnis „Sozialpartnerschaft in der Altenhilfe neu denken“ ist eines von mehreren Bündnissen, das Dr. Rainer Brockhoff ins Leben gerufen hat. Kristin Schwarz, Verbandsdirektorin des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales KVJS und Mitglied dieses Bündnisses, bezeichnete dieses als „sein Baby“. Er habe viele Partner an einen Tisch versammelt. Diese seien dabei nicht angetreten, um ihre Partikularinteressen zu erreichen, sondern für das Bündnisziel „mehr Zeit für die Pflege“. „Dahinter steckt ein anderer Geist“, so Schwarz.
Birgit Schaer, Vorständin des Caritasverbandes für die Erzdiözese Freiburg, bezeichnete Brockhoff als „Integrationsmanager“ und „Grandseigneur der Caritas“ mit großer persönlicher Autorität. Ihm sei wichtig gewesen, die christliche Werteorientierung weiter zu transportieren. „Rainer Brockhoff ist ein Seismograph für unternehmerische und wirtschaftliche Dinge, die unsere Mitgliedsverbände bewegen.“
Als ehemaliger Verhandlungsführer auf Bundesebene im Kirchlichen Arbeitsrecht „Dritter Weg“ für die Seite der Mitarbeitenden sagte Thomas Schwendele: „Rainer Brockhoff hat die Tarifgestaltung als Herausforderung verstanden. Es war ein Wert, zu verhandeln und dabei das Tischtuch nicht zu zerschneiden.“ Bei allen Tarifkonflikten habe Brockhoff und ihn eine tiefe Verlässlichkeit in der bundesweiten Tätigkeit verbunden.
Brockhoff bedankte sich bei seinen Wegbegleitern, Kollegen, Mitarbeitern und Mitgliedern des Verbandes für das Vertrauen und die zahlreichen persönlichen Gespräche, die „immer bereichernd und unverzichtbar waren, wenn es darum ging, gute Lösungen zu finden und für Menschen einzutreten“.
Für die Caritas wünschte sich Brockhoff eine gesellschaftliche Neubewertung der Arbeit des Caritasverbands und seiner Mitglieder. Dies gelte nicht nur für die Alten- und Behindertenhilfe, „auch für die wertvolle Arbeit mit Obdachlosen wie in der Kinder-, Jugend-, und Familienhilfe muss die Tariftreue ganz oben stehen“. Er sehe für die Zukunft eine große Herausforderung darin, die Sozialpartnerschaften mit anderen Akteuren zu pflegen und auszubauen, „damit die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg eine gute und sichere Infrastruktur vorfinden, sollten sie pflegebedürftig werden oder in eine Notlage geraten“.
In Münster (Westfalen) geboren, absolvierte Brockhoff eine Lehre als Bankkaufmann und promovierte nach dem Studium in Münster und Freiburg zum Volkswirt. Seit 1989 ist er beim Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart, seit 2001 führt er die Geschäfte als Diözesancaritasdirektor und geschäftsführender Vorstand. Mehr Zeit für die Pflege, die Vernetzung der Caritas-Mitglieder im Netzwerkt „Alter und Pflege“ oder Tariftreue in der Sozialwirtschaft waren seine Anliegen. Bundesweite Anerkennung erwarb sich Rainer Brockhoff als Sprecher und Verhandlungsführer der Arbeitgeber in der Arbeitsrechtlichen Kommission (AK), die im Rahmen des kirchlichen Arbeitsrechts „Dritter Weg“ die Tarife der Beschäftigten im kirchlichen Dienst festlegt. Er wird sich weiterhin im Bündnis „Sozialpartnerschaft neu denken“ als auch als Vorsitzender der Caritaskommission Ökonomie ehrenamtlich engagieren. Rainer Brockhoff ist verheiratet und hat vier erwachsene Kinder.
Dr. Rainer Brockhoff übergab den von ihm verantworteten Vorstandsbereich Unternehmenspolitik, Ressourcensteuerung und IT bereits Ende August an seinen Nachfolger Matthias Fenger. Zusammen mit Vorstandsvorsitzendem Oliver Merkelbach und Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock leitet Fenger den Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart.
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