Engagement, ein Muss

Am 12. Oktober veranstaltete DPAM sein 6. Nachhaltigkeits-Seminar. Diesmal mit dem Themenschwerpunkt „Engagement“. Das erste Expertenpanel diskutierte über die Rolle von Engagements und Abstimmungspolitik von Investmentmanagern gegenüber Unternehmen. Hierzu wurden Erkenntnisse vermittelt und ausgetauscht. Das zweite Panel befasste sich mit dem Engagement gegenüber Emittenten von Staatsanleihen oder Schuldenmanagern. Auf dem Spiel steht die richtige strategische Ausrichtung von Zielsetzungen und (Investitions-) Projekten, um dringende klimatische und gesellschaftliche Probleme angehen zu können. 

Die Schlussfolgerung lag auf der Hand, verdient aber viel mehr Aufmerksamkeit: Aktives Engagement und Abstimmungen sind wesentliche Komponenten, die erforderlich sind, um gesellschaftliche Ziele in Bezug auf ESG-Herausforderungen zu erreichen. Einer ESG-Integration ohne aktives Engagement und Abstimmungen fehlt es an Glaubwürdigkeit. Darüber hinaus sind Investmentmanager verpflichtet, im Laufe der Zeit messbare Auswirkungen mit sinnvollen und nachweisbar nachhaltigen Entwicklungszielen zu erzeugen. Dies erfordert eine Neuausrichtung der Debatte, weg von vereinfachten Ausschluss-Rahmenbedingungen hin zu einer aktiven Verpflichtung der Eigentümer mit klaren Eskalationsstufen. Zunächst zeigen wir die Erfolgsfaktoren für das Engagement von Unternehmen auf. Zweitens fassen wir die Herausforderungen zusammen, die beim Engagement mit Staaten auftreten. 

Vermögensverwalter sollten ihre Bemühungen auf ein aktives Engagement in der Eigentümerfunktion ausrichten und die Option von Desinvestition mit Bedacht anwenden. Während der Ausschluss von Unternehmen ein klares und direktes Ergebnis der ESG-Screening-Methoden ist, tragen Negativlisten nicht unbedingt dazu bei, das Erreichen ökologischer und gesellschaftlicher Ziele zu beschleunigen. Allein die Existenz von indexierten, passiven Aktien-, Unternehmensanleihe- oder aggregierten Anlagelösungen garantiert die öffentliche Finanzierung von Unternehmen. Die Entscheidungen aktiver Manager zur Veräußerung von Anteilen lassen immer noch zahlreiche Finanzierungsmöglichkeiten durch firmeninterne Investitonen, Eigentümer passiver Anlagen  oder durch Bankbilanzen offen. Fairerweise muss man sagen, dass die mit den Anteilen an passiven Finanzinstrumenten verbundenen Stimmrechte bestenfalls auf Veränderungen ausgerichtet sein können, da sie Aktionärsbeschlüsse unterstützen können. In den meisten Fällen sind jedoch Active Ownership und kollaboratives Engagement (über Initiativen wie Climate 100+, UN PRI zu Menschenrechten oder mit Gleichgesinnten) erforderlich, um Vorstandsentscheidungen zu beeinflussen und zum Besseren zu wenden. Aktionärsbeschlüsse können sich beispielsweise auf Satzungen auswirken, wenn sie auf eine bessere Unternehmensführung drängen, zur Einhaltung der Scientific Based Target Initiative (SBTi) führen, die Unternehmen dazu drängt, sich Umweltziele zu setzen, indem sie Kapitalinvestitionen lenkt oder das Bewusstsein für Prozessrisiken schärft. 

Das Engagement beginnt mit einem kontinuierlichen Dialog von Analysten und Fondsmanagern mit Managementteams und Investor-Relations-Beauftragten. Die Befragung von Führungskräften zu ihren ESG-Ambitionen und ihrer Wahl von Messgrößen und Zielen sind ausschlaggebend. In dem Moment, in dem formelle individuelle oder gemeinschaftliche Engagement-Prozesse mit klar definierten Handlungsaufforderungen an die Vorstände eingeleitet werden, können spezifische Aktionärsresolutionen Gestalt annehmen. Eine offene Kommunikation über diese Maßnahmen informiert andere Aktionäre, aber auch Unternehmen, die in der gleichen Branche tätig sind. Aktivistisches Engagement kann die Psychologie in einer Branche auf eine beabsichtigte Verhaltensänderung lenken, gefolgt von einer effektiven Strategieänderung. Erfolgreiche Engagement-Prozesse brauchen Zeit. Der Fortschritt erfolgt nach dem Prinzip "Schritt für Schritt". Die Verabschiedung von Aktionärsbeschlüssen kann mit einem enttäuschend niedrigen Prozentsatz beginnen, sich aber im Laufe der Jahre steigern. Darüber hinaus bezieht sich das Engagement auch auf die Bereitschaft der Aktionäre, hinter den Kulissen zu arbeiten, und geht weit über die Monate rund um die Hauptversammlungssaison hinaus. 

Die Debatte, die zwischen Engagement und Desinvestition verläuft, verdient mehr Aufmerksamkeit. Natürlich wird die Gefahr, auf eine Negativliste gesetzt zu werden, im Vergleich zu dem Eifer, auf (Best-in-Class-) weiße Listen zu gehören, zu einem bestimmenden Faktor bei der Bildung von Risikoprämien. Unternehmen, die auf der Negativliste stehen oder Opfer eines Desinvestitionsverhaltens werden, haben höhere Finanzierungskosten, höher gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten und fallen einem höheren Volatilitätsprofil zum Opfer, vor dem die Anleger zurückschrecken. Die Regulierungsbehörden konzentrieren sich auf die Bedeutung des Ausschlusses von Unternehmen, sollten aber mit dem gleichen Eifer für die Notwendigkeit des Engagements eintreten. Engagement und Ausschluss sollten sich gegenseitig verstärken. Aus diesem Grund könnte die Veräußerung von Krediten bei gleichzeitigem Engagement über Aktienbeteiligungen oder umgekehrt die Methodik übermäßig kompliziert machen und gemischte Signale an die jeweiligen Vorstände und Managementteams senden. 

Das Engagement auf der Ebene von Staaten wird oft als politische Einmischung im Sinne von Lobbying und Interessenvertretung wahrgenommen. Eine aktive Politik des Engagements gegenüber staatlichen Institutionen im Allgemeinen und Schuldenmanagern im Besonderen kann die Regierungen jedoch dazu ermutigen, die Ökologisierung der Finanzen zu unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Institutionen zur Verbesserung der Qualität der Datenerfassung und zur Förderung der Transparenz in Bereichen wie Bildung, Gesundheitswesen, soziale Sicherheit usw. ist Teil einer angemessenen Sorgfaltspflicht im Rahmen der Regierungspolitik. Beim Engagement geht es nicht darum, Regierungen zu kritisieren, sondern vielmehr darum, die richtigen Fragen zu stellen, die den Unterschied zwischen Versprechungen und tatsächlichen Maßnahmen deutlich machen. Klimaziele und Zusagen, die auf verschiedenen Konferenzen gemacht wurden, sollten mit glaubwürdigen und bewilligten Plänen zur Erreichung dieser Ziele diskutiert werden. 

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Menschen sind groß und nehmen an Intensität und Häufigkeit zu. Regierungen, die den Übergang vorantreiben, indem sie eine auf Dekarbonisierung und geringere Abhängigkeit von fossilen Energieträgern ausgerichtete Wirtschaftspolitik betreiben, werden von niedrigeren Finanzierungskosten und leichter Refinanzierung profitieren. Die Schuldenmanager werden ihre Fähigkeit zur Ausgabe grüner und sozialer Anleihen ausbauen müssen, während die Verwaltungen geeignete Strukturen für die Überwachung und Kontrolle öffentlicher Investitionen schaffen werden. Es wird zum Beispiel wichtig sein, Projekte für nachhaltige Städte zu fördern, die Wohlstand und eine höhere Lebensqualität für alle schaffen. Noch einmal – es ist wichtig, mit Unternehmen in Kontakt zu treten, die eine Anpassung des Investitionsaufwands an die Net-Zero-Verpflichtung und -Ziel anstreben. Eine ähnliche Anpassung ist beim Investitionsaufwand im öffentlichen Bereich erforderlich. 

Die Bewältigung des Klimawandels wird eine wichtige Triebkraft sein, um Frieden und Sicherheit sowie eine bessere Kontrolle über die Kaufkraft zu erlangen. Verhaltensänderungen reichen nicht aus. Regierungen sollten zusätzlich zu ihrer Beteiligung an Blended-Finance-Projekten einen glaubwürdigen politischen (Investitions-) Pfad durch staatliche Finanzierung verfolgen. Die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Finanzierungsquellen wird den Übergang beschleunigen. Da Politiker kommen und gehen, muss das staatliche Engagement die Rechenschaftspflicht der Regierung erhöhen. Die Verwendung eines Klimaprotokolls, mit dem die Emissionsminderungsziele mit den verbleibenden Kohlenstoffbudgets verglichen werden können, sollte zum Mainstream werden. Die Staaten sollten auf den Prüfstand gestellt werden, auch wenn sich die Regierungskoalitionen ändern. Manager für nachhaltige Anlagen müssen sich gegenüber Regierungen mit der gleichen Intensität engagieren wie gegenüber Unternehmen.   

Im Endeffekt sind Engagement und aktive Beteiligung wesentliche Grundlagen, auf denen funktionale und wirksame ESG-Methoden aufgebaut sind. Um Greenwashing-Risiken zu vermeiden, bedarf es starker, dynamischer Engagement- und Abstimmungs-Rahmenbedingungen, die Unternehmen und Staaten beim Wandel unterstützen und befähigen.

 

Über Degroof Petercam Asset Management

DPAM (Degroof Petercam Asset Management) ist eine führende Vermögensverwaltungsgesellschaft mit einem verwalteten Vermögen von 50,7 Milliarden Euro per Dezember 2021. Wir verwalten Investmentfonds und diskretionäre Mandate im Auftrag institutioneller Kunden und verschiedener Vertriebspartner. Wir fühlen uns dazu verpflichtet, unseren Kunden Lösungen anzubieten, die auf wirklich aktivem Management beruhen.

DPAM ist seit über 20 Jahren ein nachhaltiger Investor und innovativer Vorreiter bei verantwortlichen und nachhaltigen Investments. Wir berücksichtigen ESG, also Faktoren, die Umwelt, Soziales und faire Unternehmensführung aufgreifen, in allen Anlageklassen und Themen und übernehmen zudem eine aktive Eigentümerrolle.

Research ist fester Bestandteil der Vermögensverwaltung von DPAM. Unsere firmeneigenen internen Teams aus fundamentalen und quantitativen Analysten bilden die Basis unserer Vermögensverwaltungstätigkeit.

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