„Wir unterstützen die Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Standards sollen den Unternehmen helfen relevante, richtige, vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen. Die Standardentwürfe, die der europäische Standardsetter EFRAG vorgelegt hat, werden diesem Anspruch nicht gerecht“, unterstreicht Dr. Christine Bortenlänger, Geschäftsführende Vorständin des Deutschen Aktieninstituts. „Das Regelwerk ist zu komplex, zu detailliert und zu wenig praxisbezogen. Den Unternehmen drohen dadurch Bürokratielasten, denen in vielen Fällen kein angemessener Mehrwert gegenübersteht“, kritisiert Bortenlänger.
Das Deutsche Aktieninstitut hat ausführlich zu den beiden zur Konsultation gestellten Fragebögen der EFRAG, Stellung genommen. Die wichtigsten Forderungen hat das Aktieninstitut in einer Cover Note zusammengefasst.
Konvergenz mit internationalen Standards erforderlich
Das Deutsche Aktieninstitut fordert, die europäischen Standards enger mit renommierten internationalen Nachhaltigkeitsstandards, insbesondere denen des International Sustainability Standards Boards (ISSB), zu verzahnen. Gelingt es nicht, einen Gleichlauf mit den ISSB-Nachhaltigkeitsstandards herzustellen, droht den europäischen Unternehmen eine aufwendige Doppelberichterstattung. Sie müssten dann nach den rechtlich verbindlichen europäischen und den ISSB-Nachhaltigkeitsstandards berichten, da letzteres von weltweit agierenden Investoren erwartetet wird.
Weniger ist mehr
Das Deutsche Aktieninstitut setzt sich für schlanke, praxistaugliche Standards ein. In einem ersten Schritt sollten die Unternehmen nur verpflichtet werden, einige wenige relevante Informationen zu den jeweiligen Standards zu veröffentlichen. Das gilt insbesondere für die Standards, bei denen die Kennzahlen und Messwerte noch nicht ausgereift sind, wie beispielsweise für Biodiversität und Umweltverschmutzung.
EU muss mehr Zeit für Umsetzung zur Verfügung stellen
Das Deutsche Aktieninstitut fordert von der EU-Kommission, der EFRAG mehr Zeit zur Auswertung der Antworten auf die Konsultation einzuräumen, damit sie das Feedback auswerten und die Standards praxisorientierter aufstellen kann.
Darüber hinaus muss der Wirtschaft ausreichend Zeit zur praktischen Umsetzung der Berichtsvorgaben gegeben werden. Daran fehlt es bislang, da die EU-Kommission die Berichtsstandards voraussichtlich erst im Juni 2023 annehmen wird, die Unternehmen jedoch bereits für das Kalenderjahr 2024 berichten müssen. Die Neuaufstellung und Anpassung komplexer Berichts- und IT-Systeme brauchen ausreichend Zeit, damit die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch den Erwartungen entsprechen kann.
„Die neuen EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen verursachen in ihrer gegenwärtigen Form vor allem mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen. Impulse zu mehr Nachhaltigkeit verstehe ich anders“, fasst Bortenlänger zusammen.
Die Cover Note und die Antworten zu den Fragebögen finden Sie hier.
Hintergrund
Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hatte im Mai letzten Jahres von der EU-Kommissarin Mairead McGuinness den Auftrag erhalten, Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuarbeiten. Sie hat die Entwürfe der 13 Standards und 137 Veröffentlichungspflichten nach knapp einem Jahr Bearbeitungszeit Ende April 2022 zur Konsultation gestellt. Den Stakeholdern standen bei einer verkürzten Konsultationsfrist 100 Tage zur Verfügung, um rund 400 Seiten Standards und 200 Seiten Umfrage zu sichten und zu beantworten.
Erst Ende Juni haben sich Europäisches Parlament, Rat und EU-Kommission auf eine finale Fassung der Corporate Sustainability Reporting Directive geeinigt. Die Richtlinie, die noch nicht in Kraft ist, ist die rechtliche Grundlage auf der die EFRAG die Standards erstellt. Die Nachhaltigkeitsstandards, die zur Konsultation standen, müssen noch an die letzten Änderungen an der Richtlinie angepasst werden. Die EFRAG hat insgesamt drei Monate Zeit, die Antworten auszuwerten und die Standards anzupassen. Es wird davon ausgegangen, dass es mehr als 1.000 Rückmeldungen auf die Konsultation geben wird.
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