Jobs für geschickte Hände und kluge Köpfchen

Dass Handwerk mit seinem Image kämpft, lässt sich des Öfteren feststellen. Fragt man zehn Menschen, welche Berufe ihnen zum Thema Handwerk einfallen, nennen neun mit Sicherheit Gewerke rund um den Bau. Und fragt man weiter, was sie mit Handwerk verbunden sehen, dann kommen die meisten auf: dreckig, derb, körperlich. Doch das stimmt so nicht. Handwerk ist sehr viel mehr – schon was die Auswahl an Berufen anbelangt. Sie reicht vom Glasveredler über den Zahntechniker bis hin zum Chirurgiemechaniker. Alleine unter den zulassungspflichtigen Handwerken gibt es 53 Gewerbe. Weitere 56 unter den zulassungsfreien Handwerken und noch mal 57 handwerksähnliche Gewerbe. Jede Menge Berufe also mit den unterschiedlichsten Anforderungen und in den verschiedensten Bereichen.

Handwerk wird nicht von Menschen gemacht, die beruflich keine anderen Optionen haben. Ganz im Gegenteil. Im Handwerk finden sich die schlausten Köpfe. Es bietet beste Perspektiven für Schüler mit Hauptschulabschluss ebenso wie für Akademiker. Und es eröffnet eine Vielzahl von Wegen, um sich weiter zu entwickeln, voranzukommen und eine zukunftssichere Karriere zu starten. Junge Menschen, die ins Handwerk gehen und eine Ausbildung machen, wissen das. Da ist zum Beispiel Noemi Freitag. Die junge Frau aus Eppelheim bei Heidelberg ist Auszubildende im zweiten Lehrjahr zur Orthopädietechnik Mechanikerin. Und das findet sie gut. Nach Abitur und zwei Semestern an der Uni ist sie dort angekommen, wohin sie wirklich wollte: bei einem Job, der ihr Spaß bereitet, sie fordert, erfüllt und zufrieden macht.

„Wenn ich mir die Meister in unserem Betrieb anschaue, dann finde ich einfach erstaunlich, was die alles wissen“, sagt sie voller Anerkennung. Auf einem solchen Weg sieht sie sich auch. Für die 22-Jährige war der Weg in die Ausbildung genau der richtige Schritt. Spätestens in den zwei Unisemestern hat sie gemerkt, dass ein Studium nichts für sie ist. „Meine Eltern wussten das schon früher, sie haben immer geagt, dass ich der Typ für eine Ausbildung bin.“ Trotzdem wollte es Noemi Freitag erst mal anders probieren. Ihre Wahl fiel auf das Studium der angewandten Biomechanik. „Das ist ein Thema, das gar nicht so weit von dem entfernt liegt, was ich jetzt mache“, sagt sie. Ein Unterschied liegt allerdings in der Herangehensweise. Während an der Uni alles steril und theoretisch verläuft, ist in ihrem Ausbildungsbetrieb, Adviva in Heidelberg, das Anpacken gefragt. Und das kommt der jungen Frau entgegen. „Den ganzen Tag am PC sitzen ist wirklich nicht mein Ding“, meint sie. „Ich habe schon als Kind gerne gewerkelt und war immer dabei, wenn mein Vater im Haus etwas repariert hat. Das machte mir einfach Spaß.“ In ihrer Ausbildung zur Orthopädietechnik Mechanikerin bekommt sie beides: auf der einen Seite das Handwerk an sich, auf der anderen all das Wissen über Anatomie.

Berufe im Handwerk brauchen eben nicht nur Geschick, sondern auch Köpfchen. Dass der handwerkliche Meistertitel mittlerweile dem Bachelorabschluss einer Hochschule gleichgestellt ist, sagt schon alles. Die Politik hat damit einen entscheidenden Schritt zur Aufwertung handwerklicher Tätigkeiten getan. In der Wahrnehmung von Handwerk ist dies jedoch noch nicht so richtig angekommen. „Wir brauchen einen Imagewandel, einen gesellschaftlichen und politischen Wandel, was die Bewertung von Arbeit anbelangt, einen Wandel im Bewusstsein, dass Ausbildung ebenso viel zählt wie ein Studium, einen Bildungswandel“, sagt der Präsident der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald, Klaus Hofmann. Auch deshalb lässt die Kammer in ihrer regionalen Ausbildungsinitiative „Das isses!“ Lehrlinge zu Wort kommen. Unter dem Hashtag #entdeckedeineleidenschaft sind auf TikTok kurze Clips zu sehen, in denen junge Leute ihre Perspektive schildern. Sie alle sprechen aus voller Überzeugung für ihr Gewerk und die Möglichkeiten der Ausbildung im Handwerk.

Auch Noemi Freitag ist überzeugt. „Man kann noch weiter drauf packen und vielleicht den Meister machen“, sagt die junge Frau. Letzten Endes ginge es auch um die generellen Optionen, die das Handwerk biete. Da sei zum Beispiel die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz, denn Fachkräfte werden gesucht. Auch die innere Zufriedenheit spielt für Noemi Freitag eine große Rolle. Die spürt sie bei einer Tätigkeit, die ihr am Ende eines Tages zeigt, was sie geschaffen hat und miterleben lässt, wie wichtig es ist, was sie tut. „Ich kann sagen, dass ich Menschen ein Stück weit Lebensqualität zurückgebe“, beschreibt die Auszubildende ihre Tätigkeit. „Die Leute sind durch unsere Arbeit wieder mobiler und glücklicher. Es ist einfach schön, wenn man mit seiner Arbeit Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann.“

Informationen rund um die Ausbildung im Handwerk bietet die Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald für Schüler, Eltern, Azubis, Schulen und Ausbildungsbetriebe auf der die Kampagne ergänzenden Website www.handwerk-das-isses.de

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