Trotz der Auflagen und Einschränkungen durch die Coronapandemie in allen Bereichen des kommunalen Lebens ist im zweiten Jahr der Pandemie offenbar eine Routine im Umgang mit der Pandemie eingekehrt, sodass Bekämpfung und Umgang mit Corona nicht mehr ganz oben auf der Agenda stehen. Die Folgen von Corona beschäftigen die Städte jedoch nach wie vor, aber sie werden überwiegend als weniger gravierend oder als besser handhabbar eingeschätzt als noch 2021. Das gilt besonders für den im letzten Jahr noch befürchteten Rückgang von Steuereinnahmen. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Bund und Länder den Kommunen ihre Gewerbesteuerausfälle für 2020 großzügig kompensiert haben. Nach wie vor werden allerdings die Herausforderungen durch die Existenzgefährdung von Handel und Gastronomie, der Kulturszene sowie die Verödung der Innenstädte als gravierend angesehen. So setzt sich der – auch coronabedingte – Bedeutungszuwachs des Themas Innenstadtentwicklung fort. Unterstützt durch Förder- und Investitionsprogramme der Bundesregierung und der Bundesländer wird der notwendige Transformationsprozess der Innenstädte die Kommunen noch einige Jahre begleiten.
Auch im Hinblick auf die Zukunftsthemen steht Klima mit deutlichem Abstand ganz oben, gefolgt von Mobilität. Dies unterstreicht den großen Stellenwert, den die Stadtspitzen Umweltfragen einräumen. „Bedenkt man, dass es bei der urbanen Mobilität entscheidend darum geht, Lösungen jenseits des motorisierten, CO2-emittierenden Individualverkehrs zu entwickeln, wird deutlich, dass mit Mobilität ein zweites Klimathema oben auf der kommunalen Agenda rangiert“, kommentiert Difu-Institutsleiter Prof. Dr. Carsten Kühl die Ergebnisse des aktuellen OB-Barometer 2022. Zu den weiterhin wichtigen Zukunftsthemen gehören Wohnen, Digitalisierung und Finanzen, als Handlungsfelder, die die Städte bereits seit einigen Jahren kontinuierlich im Blick haben. Zum ersten Mal taucht das Thema „Fachkräfte halten und Fachkräfte gewinnen“ unter den Top 10 der wichtigsten Zukunftsthemen auf. Vor allem in den ostdeutschen Städten rückt das Thema der Fachkräftegewinnung auf die politische Agenda, gut ein Drittel der dortigen Stadtspitzen nennt das Thema. „Die Umfrage macht deutlich, dass der Fachkräftemangel nun auch in den kommunalen Verwaltungen und in den kommunalen Unternehmen angekommen ist. Dieses Problem wird sich ohne Zweifel in den nächsten Jahren verschärfen. Die Kommunen sind gefordert zu zeigen, dass sie attraktive Arbeitgeber sind“, so Projektleiterin Dr. Beate Hollbach-Grömig.
Die Handlungsfelder, in denen sich die Stadtspitzen bessere Rahmenbedingungen durch Länder, Bund oder EU wünschen, haben sich laut OB-Barometer 2022 nur wenig verändert: Digitalisierung, Wohnen und Finanzen werden am häufigsten genannt. Im Vergleich zum Vorjahr haben die Themenfelder Wohnen, Mobilität und Klimaschutz an Bedeutung gewonnen. Diese weitgehend unveränderten Forderungen lassen die Interpretation zu, dass die erhofften Verbesserungen aus Sicht der Kommunen offenbar (noch) nicht oder nicht in dem gewünschten Maße eingetreten sind.
Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, zu den Ergebnissen des OB-Barometer 2022 des Difu: „Für die Städte steht der Klimaschutz schon lange weit oben auf der Agenda. Der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen zeigen uns jetzt deutlich: Wir müssen noch schneller wegkommen von fossiler Energie. Das Handlungsfeld ist riesig und fast alle kommunalen Bereiche sind betroffen: von der klimafreundlichen Mobilität, der energetischen Sanierung, grüner Energie und mehr Effizienz bis hin zu mehr Wasser und Grün in der Stadt. Es geht nämlich nicht nur um CO2-Einsparungen, es geht darum, wie wir Ressourcen schützen und Lebensqualität erhalten können.“
Detaillierte Ergebnisse, Grafiken, Charts, Fotos zum OB-Barometer 2022 sowie zu den Vorjahresauswertungen stehen auf der Difu-Website bereit: difu.de/17325
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.
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