Die für die Nahe-Region zustände Bundestagsabgeordnete Julia Klöckner und wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion hatte sich zuletzt aufgrund der Praxisschließung eines Hausarztes in Kirn an die KV RLP gewandt. Da auch viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf sie zukommen, die ähnliche Probleme aus ihren Gemeinden schildern, war es ihr wichtig, das Gespräch mit der KV RLP zu vertiefen.
Nach dem Austausch waren sich alle einig: Es stehen große Herausforderungen an, weil Arztpraxen nicht ohne weiteres schnell nachzubesetzen sind – vor allem im ländlichen Bereich. Die medizinische Versorgung sicherzustellen, darum wird es auch in Zukunft unter neuen Vorzeichen gehen.
Aktuelle Situation beleuchtet
Die Leiterin der Abteilung Sicherstellung der KV RLP, Dr. Nadja Moreno, verdeutlichte anhand von Zahlen der KV-eigenen Versorgungsforschung die momentane Situation in diesem Gebiet. „Aktuell liegen wir in den Regionen Bad Kreuznach, Idar-Oberstein und Kirn bei einem hausärztlichen Versorgungsgrad von jeweils rund 100 Prozent. Berücksichtigt man die Altersstruktur der Ärztinnen und Ärzte werden wir nach unseren Berechnungen in den nächsten Jahren jedoch beispielsweise in Kirn einen Nachbesetzungsbedarf von rund 60 Prozent im allgemeinmedizinischen Bereich haben“, so Dr. Moreno.
Julia Klöckner MdB erwiderte: „Eine Versorgung von 100 Prozent liest sich gut, aber bei den Bürgerinnen und Bürgern herrscht ein anderer Eindruck.“ In ihren Sprechstunden werde sie oft mit dem Thema medizinische Versorgung konfrontiert. „Hausarzt gesucht – das hört man leider immer öfter. Schon vor drei Jahren konnten bundesweit 5,9 Prozent der geplanten Plätze für Niederlassungen nicht vergeben werden, in Rheinland-Pfalz waren es sogar 9,5 Prozent. Hinzu kommt bei uns in Rheinland-Pfalz der sehr hohe Altersdurchschnitt bei den Hausärztinnen und -ärzten. Etwa 42 Prozent sind 60 Jahre oder älter“, so die Bundestagsabgeordnete.
Der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP, Dr. Peter Heinz, betonte, dass die KV RLP bereits einige Instrumente nutze, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken. „Wichtig ist auch, dass wir mit den Kommunen vor Ort ins Gespräch kommen, um gute Lösungen im Sinne der Patientinnen und Patienten zu erarbeiten. Das muss nicht immer eine direkte Nachfolge für eine Praxis sein. Auch neue Strukturen bieten sich an.“
Bedarfsplanung abschaffen
Aus Sicht der KV RLP stellt die Bedarfsplanung eine Hürde für eine künftig gute medizinische Versorgung dar, bemerkte Dr. Heinz. Sie ist ein Instrument, das die Verteilung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für die Behandlung gesetzlich Krankenversicherter in Deutschland regelt. Wo sie sich niederlassen dürfen, gibt dabei bundesweit die Bedarfsplanungs-Richtlinie vor. Auf regionaler Ebene setzen die Landesausschüsse, ein unabhängiges Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen, diese Vorgaben um. „Es gibt in einigen Regionen schon jetzt einen massiven Nachbesetzungsbedarf, den wir dank unserer Versorgungsforschung sehen und seit Jahren kommunizieren. Uns sind jedoch gesetzgeberisch zum Teil die Hände gebunden, wenn der Versorgungsbedarf aktuell noch gut aussieht. Die Bedarfsplanung ist ursprünglich als Staumauer gegen die Ärzteschwemme aufgebaut worden. Nun gibt es keine Ärzteschwemme mehr, folglich ist auch keine Staumauer mehr nötig“, bekräftige der Vorstandsvorsitzende.
Seit Jahren fordert die KV RLP von der Politik, die Bedarfsplanung für alle grundversorgenden vertragsärztlichen Fachgebiete sowie die Psychotherapie abzuschaffen und gleichzeitig jegliche Budgetierung aufzuheben. Dr. Peter Heinz: „Das wäre ein wesentlicher Schritt, um eine gute medizinische Versorgung für die Zukunft zu sichern.“
Aktivitäten der KV RLP
Seit einigen Jahren bietet die KV RLP eine spezielle Beratung für Kommunen an (www.kv-rlp.de/232271). Mit den lokal Verantwortlichen und weiteren Beteiligten im Gesundheitswesen werden so individuelle Lösungen und Versorgungskonzepte entwickelt. Zudem lädt die KV RLP alle rheinland-pfälzischen Kommunen zum Format „KV initiativ“ ein, um ins Gespräch zu kommen und die Angebote der KV RLP kennenzulernen. Im Mai startet „KV initiativ 2.0“ in digitaler Form, im Juli dann die ersten Präsenzveranstaltungen für Kommunen. Julia Klöckner regte an, eine solche Veranstaltung explizit für Vertreterinnen und Vertreter der Landkreise Bad Kreuznach und Birkenfeld anzubieten. „Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kommen auf mich zu, haben Fragen, was etwa die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums oder die Ansiedlung einer Praxis angeht. Daher ist es wichtig, dass die KV RLP ihre Infoveranstaltungen dort durchführt, wo der Bedarf am größten ist – vor Ort in den Kommunen“, ist Julia Klöckner MdB überzeugt. Gute Beispiele gebe es, etwa in Kirn, wo die Planung eines MVZ‘ einen guten Verlauf zu nehmen scheint.
Neben den Kommunen steht die KV RLP natürlich auch und in erster Linie ihren Mitgliedern und allen, die es werden möchten, beratend zur Seite. Außerdem fördert sie den ärztlichen Nachwuchs in finanzieller Form – beispielsweise im Bereich der Famulatur und der Facharztweiterbildung. Beim Thema Medizinstudienplätze sind sich Julia Klöckner MdB und der Vorsitzende des Vorstands der KV RLP einig: Beide sprechen sich für einen Bonus auf den Numerus Clausus aus. „Kommt jemand aus einem unterversorgten Gebiet und möchte nach dem Studium dort praktizieren, sollte sie oder er auch mit einem Notendurchschnitt, der über dem NC liegt, Medizin studieren dürfen.“ Dabei plädiert Dr. Heinz für Freiwilligkeit und keine vertraglichen Festlegungen wie bei der Landarztquote.
Auch Julia Klöckner ist davon überzeugt, dass die aktuelle Regelung des Numerus Clausus‘ dringend überarbeitet werden muss. „Ein sehr guter Abi-Schnitt sagt nichts über die Qualifikation als Medizinerin oder Mediziner aus“, so Julia Klöckner MdB. Gefragt seien viel mehr das Interesse, Empathie und der Wunsch, als Ärztin oder Arzt arbeiten zu wollen. Durch die NC-Regelung gingen viele potentielle Medizinerinnen und Mediziner verloren. „Im ländlich geprägten Rheinland-Pfalz ist die Sicherstellung einer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Versorgung unverzichtbar. Diese kann aber nur mit einem Bündel von Maßnahmen sichergestellt werden. Endlich mehr Studienplätze für Humanmedizin gehören dazu“, ergänzte Julia Klöckner.
Weiter im Gespräch bleiben
Es sei ganz klar, dass eine große Herausforderung auf die Region und letztlich ganz Rheinland-Pfalz zukomme, sagte Julia Klöckner. „Wir sind uns in vielen Bereichen einig. Wir brauchen einen Strauß von Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene, um viele unterschiedliche Lebensmodelle möglich machen zu können“, ist die Bundestagsabgeordnete überzeugt. Man müsse es vor allem denjenigen leichter machen, die bereit seien, auf dem Land zu leben und zu arbeiten. Das könne die KV RLP nicht allein schaffen, sondern alle Beteiligten müssten an einem Strang ziehen.
Die Gesprächspartnerinnen und -partner erlebten den Austausch als überaus konstruktiv und möchten weiterhin in Kontakt bleiben, um die medizinische Versorgung in der Nahe-Region langfristig auf sichere Füße zu stellen.
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