Gesetzgeber sieht Verzugszinsen vor – Gläubiger sollten das Recht nutzen

Jeder, der früher Geld anlegen wollte, suchte dafür nach der bestmöglichen Verzinsung und hatte nicht selten die Qual der Wahl. Heute sieht das Ganze schon etwas anders aus und Negativzinsen bzw. Verwahrentgelt gehören jetzt zum Wortschatz der Banken. Das Thema Verzinsung hat einen Beigeschmack bekommen, zumindest was die Zinserträge von Guthaben angeht. Sind Zinsen aber zu entrichten, so wird der Beigeschmack erst recht als bitter empfunden. Und das vor allem dann, wenn es um (Überziehungs-)Zinszahlungen an die eigene Bank geht, weil Kunden ihre fälligen offenen Forderungen verspätet oder gar nicht beglichen haben. Der Unternehmer wird so, ohne eigenes Zutun, erst einmal zu einem Lieferantenkreditgeber, bekommt aber seinerseits für den durch die nicht beglichene Forderung notwendig gewordenen Bankkredit Zinsen in Rechnung gestellt. Zinsbelastungen, die seine Erträge zusätzlich schmälern. „Ganz zu schweigen noch vom Zeit- und Nervenaufwand, der nötig ist, um eine fällige offene Forderung doch noch zu realisieren. Auch er kostet den Unternehmer zusätzlich, was oft übersehen wird“, so Bernd Drumann, Geschäftsführer der BREMER INKASSO GmbH. „Der Gesetzgeber gesteht eine Verzinsung einer offenen Forderung zu. Selbst dann, wenn der Unternehmer z. B. keinen Bankkredit hat aufnehmen müssen und ihm so auch kein Zinsschaden entstanden ist“, fährt Drumann fort. „Es lohnt sich daher, sich näher mit dem Thema Verzugszinsen zu beschäftigen!“ Nachfolgend erläutert er die wesentlichen Punkte.

Zahlungsverzug Voraussetzung für Verzugszinsen

„Erst wenn ein Kunde mit seiner Zahlung in Verzug ist, dürfen Verzugszinsen verlangt werden. Vorher nicht. Ein Kunde kommt in Verzug a. mit Zugang einer Mahnung, in der er zur Zahlung der fälligen Forderung aufgefordert wird, b. bei Überschreiten eines nach dem Kalender bestimmbaren Zahlungstermins, (dieser muss aber vorher vertraglich vereinbart worden sein) – hier ist eine Mahnung nicht nötig — und c. grundsätzlich 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung bei Geschäften zwischen Unternehmern. Was Geschäfte mit Verbrauchern betrifft, gilt die 30-Tage-Frist nur, wenn sich dazu ein ausdrücklicher Hinweis auf der Rechnung befindet. 

Ab Eintritt des Zahlungsverzugs können gesetzliche Verzugszinsen und ein ggf. auch höherer (z. B. Zins‑) Schaden geltend gemacht werden.“

Höhe der Verzugszinsen

„Als Grundlage für die Berechnung der Verzugszinsen dient der Basiszinssatz, welcher von der Deutschen Bundesbank jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli eines Jahres neu berechnet und dann im Bundesanzeiger bekannt gegeben wird (§ 247 BGB). Der Basiszinssatz ist seit über fünf Jahren unverändert und liegt bei -0,88%. Vorerst bis zum 30.06.2022. 

Der auf Geldforderungen anzusetzende Zinssatz für Verzugszinsen beträgt fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz pro Jahr. Das entspricht 4,12% p.a. für den Geltungszeitraum 01.07.2016 – 30.06.2022. Bei Entgeltforderungen aus Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern kann ein höherer Zinssatz — neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz pro Jahr — angesetzt werden. Für den Geltungszeitraum 01.07.2016 – 30.06.2022 bedeutet das 8,12% p.a.“

Zinsberechnung

„Grundsätzliches: Zinsen, die ab Fälligkeit einer Forderung anfallen, bezeichnet man als Fälligkeitszinsen. Wurde nichts Abweichendes vereinbart, können Kaufleute für Forderungen aus beidseitigen Handelsgeschäften Fälligkeitszinsen in Höhe von 5 % p. a. berechnen. Verzugszinsenhingegen, die zwischen Kaufleuten bei Entgeltforderungen (s.o.) höher ausfallen und die auch von Verbrauchern geschuldet werden, können erst ab Zahlungsverzug geltend gemacht werden.“

Beispiel für die Berechnung von Verzugszinsen:

Kunde B (Verbraucher) wird von Unternehmer A mit Ware beliefert. Die Rechnung beläuft sich auf 2.000,- EUR. Vertraglich war ein Zahlungsziel von 14 Tagen nach Erhalt der Ware vereinbart. Geliefert wurde am 10.01.2022. Fällig war die Rechnung daher am 24.01.2022. Da das nach dem Kalender bestimmbare Zahlungsziel vertraglich vereinbart war (s. o.), brauchte Unternehmer A seinen Kunden B nicht zu mahnen, um diesen in Verzug zu setzen. Auf Grund der vielen Belastungen und Unwägbarkeiten bzgl. der Pandemie wartete Unternehmer A sogar noch bis zum 07.02.22 auf den Eingang des Rechnungsbetrages. Doch auch bis zu diesem Tag wurde die offene Forderung nicht beglichen. Daraufhin schickte A seinem Kunden B eine Mahnung über den Rechnungsbetrag zzgl. der bisher angefallenen Verzugszinsen. 

Unternehmer A berechnete die Verzugszinsen nach folgender Formel: (2.000 EUR) x P (4,12) x T (14) : 100 (Prozentpunkte) : 360 (Tage pro Jahr/kaufmännisch) = Verzugszinsen, die Unternehmer A dem Kunden B bisher berechnen darf (K = 2.000,- EUR offene Hauptforderung, P = 5 Punkte [Y ist Verbraucher] über dem Basiszinssatz von -0,88, also 4,12, und T = 14 Verzugstage, 25.01.2022 – 07.02.2022). 2.000 x 4,12 x 14: 100 : 360 = 3,20 EUR Verzugszinsen

„Wenn das Prinzip dessen, was da berechnet wurde, erst einmal verstanden ist, dann geht die Berechnung leichter, als es scheinen mag. Natürlich gibt es auch jede Menge Zinsrechner im Internet, die man nutzen kann. Vertrauen mag da gut sein, kontrollieren, was bekanntlich besser ist, kann aber nur der das Ergebnis eben jener Zinsrechner, der das Berechnungsprinzip auch verstanden hat. Wichtig: Wurde ein abweichender Zinssatz vertraglich vereinbart, muss dieser zur Anwendung kommen.“

Es geht doch bestimmt noch ein wenig mehr …. 

„Nein! Man kann nicht einfach einen noch etwas höheren Zinssatz ansetzen, nur weil man der Meinung ist, dass der geltende Zinssatz den entstandenen Schaden nicht ausgleicht. Und schon gar nicht, ohne Nachweis! (Einige wenige Ausnahmefälle bestätigen aber auch hier die Regel.)

Ausnahmefälle — Beispiele: 

– Hat man vertraglich für den Falle eines Verzugs (wirksam) höhere Zinsen vereinbart, so kann man diese geltend machen (Vertrag = Nachweis).

Ist man nachweislich gezwungen, mindestens einen Bankkredit in Höhe der fälligen Forderung in Anspruch zu nehmen, den man sonst zurückgeführt hätte (insbesondere bei Kontokorrentkrediten), so können die entstandenen Kreditzinsen als Schadensersatz gefordert werden, soweit sie die Verzugszinsen übersteigen. 

Hätte man den Betrag aus der Forderung anlegen und höhere Zinsen dafür bekommen können, die einem nun, weil der Schuldner nicht gezahlt hat, nachweislich verloren gegangen sind, kann man die entgangenen Anlagezinsen als Schadensersatz geltend machen, soweit sie über die Verzugszinsen hinausgehen.“

Geschäftsbedingungen und Regelungen zu Zinssätzen

„Wohl dem, der individuelle Geschäftsbedingungen als Grundlage allen unternehmerischen Handelns hat, und in ihnen alles Wesentliche, sein Unternehmen betreffend, umfänglich geregelt hat. Aber Regelungen zu Verzugszinssätzen/Fälligkeitszinsen, also zu etwas, was der Gesetzgeber bereits geregelt hat, müssen nicht extra in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) getroffen werden. Man kann zwar grundsätzlich höhere Zinsen als die gesetzlich festgelegten geltend machen, hierbei sind aber gerade für Allgemeine Geschäftsbedingungen sehr enge Grenzen gesteckt, die zu beachten sind: a) Die festgelegten Zinsen dürfen nicht sittenwidrig hoch sein. b) Die Vereinbarung darf nicht überraschend erfolgen und/oder den anderen Teil unangemessen benachteiligen. c) Besonders dem Verbraucher gegenüber dürfen die vereinbarten höheren Zinsen den typischerweise entstehenden Zinsschaden nicht übersteigen. d) Der Vertrag muss dem Schuldner ausdrücklich erlauben, einen geringeren Schaden nachzuweisen.“

Verzugszinsen vergessen zu berechnen

„‘Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen‘ (§ 288 BGB). Verzugszinsen stehen einem also von Gesetzes wegen zu. Sie können daher auch nachträglich noch gefordert werden.“

Wenn die Forderung ohne Zinsen beglichen wird

„… dann hat der Gläubiger das Recht, die Zinsen dennoch einzufordern und sie unter Umständen auch vor Gericht geltend zu machen — wobei eine außergerichtliche Einigung natürlich vorzuziehen ist! Zinsen für eine Geldschuld für die Dauer des Verzugs sind gesetzlich verankert und stehen dem Gläubiger zu, ob es einem Schuldner passt oder eben nicht. Auf dieses Recht sollte ein Unternehmer nicht verzichten. Und die eigene Arbeit sollte es einem wert sein, sich mit der (scheinbar) komplizierten Berechnung der Verzugszinsen näher zu beschäftigen. Wer sich dennoch schwer damit tut, kann die Dienste eines Rechtsdienstleisters wie eines Inkassounternehmens in Anspruch nehmen. Die Beauftragung gestaltet sich in der Regel gänzlich unkompliziert.“

Über die Bremer Inkasso GmbH

Die BREMER INKASSO GmbH bietet ihren Kunden kompetente Beratung und juristische Unterstützung im Bereich des Forderungseinzugs – bundesweit und international. Das 1984 von Bernd Drumann gegründete Unternehmen ist seit 1996 unter dem Namen BREMER INKASSO GmbH tätig und beschäftigt rund 20 Mitarbeiter in der Firmenzentrale. Die Sachbearbeitung erfolgt überwiegend durch speziell ausgebildete Volljuristen. Die BREMER INKASSO GmbH ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Inkassounternehmen e.V. / Weitere Infos unter www.bremer-inkasso.de

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