Erholung abgebremst, Ausblick eingetrübt

Trotz einer insgesamt guten Geschäftslage im vierten Quartal des vergangenen Jahres blicken viele Unternehmen in Sachsen-Anhalt pessimistisch in die Zukunft. Nahezu jede dritte Firma rechnet für 2022 mit einer Verschlechterung ihrer Situation. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern (IHK) Magdeburg und Halle-Dessau. Die repräsentative quartalsweise IHK-Befragung von rund 1.000 Unternehmen im Land zeigt: Die konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt wurde auch 2021 von der Corona-Pandemie maßgeblich beeinflusst. Im zweiten Jahr nach Ausbruch hatten sich weite Teile der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt demnach zwar Anfang des Jahres wieder in Richtung Vorkrisenniveau entwickelt, ohne dieses jedoch erreichen zu können. Ab Mitte 2021 folgten – ebenfalls durch Corona bedingte – Material- und Lieferengpässe. Zum Jahresende drückten dann die abermals steigenden Infektionszahlen und die Einschränkungen wegen der Virusvariante „Omikron“ auf das Geschäftsklima, wie die Umfrage zeigt: Im vierten Quartal bewerten die sachsen-anhaltischen Unternehmen über alle Branchen hinweg ihre Geschäftslage zwar gut, ihre Erwartungen für die kommenden Monate sind indes skeptisch.

„Die im Jahr 2021 begonnene Erholung der Wirtschaft kann nur dann wieder Fahrt aufnehmen, wenn drei Faktoren stimmen“, erklärte der Präsident der IHK Magdeburg, Klaus Olbricht, bei der Vorstellung der Ergebnisse in der Landeshauptstadt. So müssten die Material- und Lieferengpässe in den kommenden Monaten aufgelöst, die Kosten für Strom und Gas sinken sowie Beschränkungen im Zuge eines Abflauens der Pandemie zurückgenommen werden. „Davon unberührt bleiben jedoch die Herausforderungen für unser Bundesland selbst“, betonte Olbricht. Als Beispiele nannte er den anhaltenden Fachkräftemangel und den Nachholbedarf bei der Digitalisierung. Zudem sei die Strukturentwicklung nach der „Energie- und Verkehrswende“ erst auf den Weg gebracht. „Wie gut sie gelingt, davon wird das Wohl und Wehe sowohl der Kohleregion im Süden als auch das der vor allem im Norden des Landes ansässigen Automobilzulieferer abhängen“, machte der Magdeburger IHK-Präsident deutlich. „Die Transformation unserer Wirtschaft muss ergebnisorientiert vorangetrieben werden. Wegfallende Wertschöpfung ist mindestens gleichwertig zu ersetzen.“

Prof. Dr. Steffen Keitel, Präsident der IHK Halle-Dessau, kritisierte die Energiepolitik der Berliner Ampel-Koalition: „Schon die in Folge der Corona-Krise ansteigenden Energiepreise haben sich auf unsere heimischen – zum Teil sehr energieintensiven Unternehmen – ausgewirkt. Ich glaube aber leider: Dies ist nur ein erster Ausblick auf das, was noch auf uns zukommen könnte. Wir brauchen keinen Übereifer, sondern mehr Realismus in der Energiepolitik, ansonsten drohen erhebliche Wertschöpfungseinbußen.“ Mit den energiepolitischen Plänen der Bundesregierung würden sowohl Versorgungssicherung als auch Bezahlbarkeit riskiert, warnt Keitel. „Dringend nötig ist ein belastbares Gesamtkonzept! Berlin muss aufzeigen, wie die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere unserer Industrie gesichert werden kann.“ Sich stattdessen vom mühsam erreichten Kohlekompromiss abzuwenden und den Kohleausstieg vorzuziehen, helfe nicht weiter, bemängelte der Präsident der IHK Halle-Dessau. „Hier zeigt sich noch etwas, was uns bitter aufstößt: Planungssicherheit geht verloren – und damit das Vertrauen gleich mit. Zudem gehen solche Veränderungen nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft und nicht gegen sie.“

Über Industrie- und Handelskammer Magdeburg

Die Landesarbeitsgemeinschaft der beiden Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt (LAG) besteht seit 1997 und vertritt die Interessen von rund 110.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt Umfragen unter ihren Mitgliedsunternehmen durch, erarbeitet fachliche Stellungnahmen und vertritt das Gesamtinteresse der Unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit.

Bei der Konjunkturumfrage wird vier Mal im Jahr eine repräsentative Stichprobe aus den Mitgliedsunternehmen der Industrie- und Handelskammern befragt. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. In Sachsen-Anhalt nehmen jeweils rund 1.000 Unternehmen daran teil.

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