Wer sich trotzdem bewirbt, macht die Unstimmigkeiten zum Thema
„Ein Arbeitgeber, der in seinen Stellenanzeigen mit ausgewogener Work-Life-Balance wirbt, bei kununu & Co. aber kritische Beiträge zu diesem Thema erhält, verhagelt sich die Glaubwürdigkeit gegenüber einem Großteil potentieller Bewerber*innen. Das kann sich in Zeiten des Arbeitskräftemangels eigentlich kein Unternehmen leisten“, so Katharina Pernkopf von der Universität Innsbruck zu den Ergebnissen. Selbst die Kandidat*innen, die den Bewerbungsprozess aufgrund der wahrgenommenen Diskrepanz nicht beenden, lassen das Thema nicht auf sich beruhen. 45,8% der Studienteilnehmer*innen geben zwar an, sich ungeachtet der entdeckten Widersprüchlichkeiten trotzdem zu bewerben, den Arbeitgeber aber in jedem Fall im Vorstellungsgespräch mit diesen zu konfrontieren. Gerade einmal 14,9% der Bewerber*innen ist es egal, wenn Bewertungen von Mitarbeitenden und Arbeitgeberwerbung nicht zueinander passen.
Bewertungsportale und Karrierewebsite sind meist genutzte Bewerberquellen
Insgesamt, so die wissenschaftliche Analyse, haben sich Arbeitgeberbewertungsportale zu festen Größen in der Jobsuche entwickelt. So nutzt bereits ein Fünftel der Kandidat*innen (20,1%) kununu & Co. immer um sich über Arbeitgeber zu informieren, weitere 32,8% aller Bewerber*innen häufig und 29,8% immerhin noch gelegentlich. Nur die Karrierewebsite des Arbeitgebers wird noch öfter (38,3% immer und 36,0% häufig) herangezogen. „Auch an diesen Nutzungszahlen sehen wir, wie naheliegend es ist, dass die beiden am häufigsten genutzten Informationsquellen in der Jobsuche miteinander verglichen werden. Für Unternehmen wiederum erhöht das den Druck, authentisch in Richtung Kandidat*innen zu kommunizieren“, so Markus Latzke von der IMC Fachhochschule Krems.
Die meisten Nutzer*innen von Bewertungsportalen tun dies, um sich generell über potentielle Arbeitgeber zu informieren (77,7%). Hoch ist der Anteil derjenigen, die einen letzten Arbeitgeber-Check vornehmen, wenn ihnen bereits ein Jobangebot vorliegt. Das machen 30,1% immer, weitere 37,6% ziehen das immerhin in Erwägung. Auch während des Beschäftigungsverhältnisses überprüfen Mitarbeiter*innen ihren aktuellen Arbeitgeber – 26,3% regelmäßig, weitere 36,7% tendenziell.
Auf keinen Fall weniger als 2,5 Sterne
Dabei sind die Ansprüche an die Arbeitgeber vergleichsweise hoch. Denn auf die im Internet übliche Bewertungsskala von 5 Sternen verzichten die Bewerber*innen im Schnitt ab einem Score von 2,5 auf eine Bewerbung beim jeweiligen Unternehmen. Dazu passt: 86,9% der kununu-Nutzer*innen schauen sich immer den Gesamtscore eines Arbeitgebers an.
Aber auch Erfahrungsberichte aus dem Bewerbungsprozess stehen hoch im Kurs auf den Bewertungsportalen. Mehr als die Hälfte der Nutzer*innen schauen sich immer oder oft an, wie Arbeitgeber diesen aus Sicht der Bewerber*innen managen – weitere 30,4% gelegentlich. „Wir sehen: Bewertungsportale sind zum Ort der Wahrheit für Kandidat*innen geworden und zwar über die gesamte Prozesskette einer Bewerbung und Einstellung – begonnen bei der Arbeitgeberrecherche über das Vorstellungsgespräch bis hin zur Entscheidung, ob ein Arbeitsvertrag unterschrieben wird“, so Professor Wolfgang Mayrhofer von der Wirtschaftsuniversität Wien zu den Ergebnissen der Studie.
Über die Studie
Für die repräsentative Umfrage befragte das HR-Marktforschungsunternehmen Trendence im Auftrag eines interuniversitären Forscherteams unter der wissenschaftlichen Leitung von Katharina Pernkopf (Universität Innsbruck), Markus Latzke (IMC FH Krems) und Wolfgang Mayrhofer (WU Wien) 1.647 Menschen, die sich in den vergangenen 12 Monaten in mindestens einem Bewerbungsprozess befanden. Von diesen gaben 1.212 an, Arbeitgeberbewertungsportale bereits genutzt zu haben. 51,1% der Teilnehmenden waren männlich, 48,6% weiblich. 65,4% verfügten über einen (Fach)hochschulabschluss. 49,9% hatten zum Zeitpunkt der Online-Befragung weniger als 8 Jahre Berufserfahrung, 50,1% mehr als 8 Jahre. Die Umfrage wurde bundesweit im Oktober 2021 online durchgeführt.
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