Städel Museum: Ausstellungsvorschau 2022

Das Jahr beginnt mit einer großen Schau des herausragenden Impressionisten Pierre-Auguste Renoir. Ab dem 2. März bis zum 19. Juni 2022 befasst sich das Städel Museum in einer groß angelegten Sonderausstellung erstmals intensiv mit den überraschenden Bezügen Renoirs zur Malerei des Rokoko. Galt diese nach der Französischen Revolution als frivol und unmoralisch, so erlebte sie im 19. Jahrhundert eine Renaissance und war zu Lebzeiten Renoirs überaus präsent. Als Porzellanmaler ausgebildet, war er selbst bestens mit der Motivwelt von Künstlern wie Antoine Watteau, Jean-Baptiste Siméon Chardin, François Boucher und Jean-Honoré Fragonard vertraut, und teilt mit dem Rokoko die Vorliebe für bestimmte Themen. „Renoir. Rococo Revival“ stellt die komplexe Rezeptionsgeschichte des Rokoko im 19. Jahrhundert in Frankreich umfassend vor. Durch treffende Gegenüberstellungen der Kunst Renoirs mit Werken des 18. Jahrhunderts sowie seiner Zeitgenossen – Edgar Degas, Édouard Manet, Claude Monet und Berthe Morisot – entsteht ein Überblick über die vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Rokoko im Impressionismus.
Ausstellungstickets sind ab sofort im Onlineshop unter shop.staedelmuseum.de erhältlich.
 
Mit Andreas Mühe und Ugo Rondinone präsentiert das Städel Museum 2022 zwei wichtige Künstler der Gegenwartskunst. Andreas Mühe zählt zu den bekanntesten Fotokünstlern in Deutschland. In seinen Fotografien befasst er sich mit soziologischen, historischen und politischen Themen, die er in besonderen Umgebungen mit dramatischem Licht unter großem Aufwand inszeniert. Es sind die Auseinandersetzungen mit Brüchen in der Gesellschaft, mit Gewalt, mit deutsch-deutscher Identität sowie die Befragung seiner selbst und der eigenen, komplexen Familiengeschichte, die sein Schaffen bestimmen. Das Städel Museum präsentiert vom 16. Februar bis zum 19. Juni 2022 bekannte und unbekannte Werkzyklen aus dem Œuvre des Fotografen.

Es sind groteske Wesen, die das Publikum im Städel Garten ab dem 24. Juni 2022 empfangen werden. Der Schweizer Künstler Ugo Rondinone verwandelt den markanten Hügel über den Gartenhallen in eine sonderbare Landschaft. In der Werkgruppe Sunrise. East ordnet Rondinone jedem Monat einen Kopf mit charakteristischen und gleichsam stark reduzierten Gesichtszügen zu. Überlebensgroß und in silbern glänzendem Aluminium gefasst, sind die klobigen Skulpturenköpfe auf ihre Mimik reduziert. Sie lösen die unterschiedlichsten Assoziationen aus, lassen an rituelle Masken und Geister, aber auch an die Bildsprache von Comics, Emoticons oder Memes denken.

Nach der pandemiebedingten Verschiebung ist vom 20. Juli bis zum 16. Oktober 2022 die umfassende Retrospektive über Ottilie W. Roederstein im Städel Museum zu sehen. Roederstein gehörte die zu den herausragenden Künstlerinnen der Zeit um 1900. Als freischaffende Porträtmalerin behauptete sie sich im männlich dominierten Kunstbetrieb und setzte sich selbstbewusst über die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen hinweg. Ihr facettenreiches Werk spiegelt zahlreiche Tendenzen der Moderne wieder: von der akademischen Kunst über Experimente mit der altmeisterlichen Temperamalerei bis hin zu impressionistischen, symbolistischen und neusachlichen Stilelementen. Das Schaffen Roedersteins ist von der Geschichte des Städel Museums und der Stadt Frankfurt nicht zu trennen. Ihre eigenen Werke fanden schon zu Lebzeiten Eingang in die Städel Sammlung und nur wenige Meter lagen zwischen ihrem Atelier in der Städelschule und dem Museum.

Mit zwei Sonderausstellungen zeigt das Städel Museum 2022 seinen reichen Bestand der Graphischen Sammlung. Mit Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois ist vom 6. April bis 17. Juli 2022 zeitgenössische US-amerikanische Kunst auf Papier zu sehen. Die rund 50 Druckgrafiken, Zeichnungen und Multiples umkreisen den Menschen in seiner Verfasstheit – ein so altes wie grundlegendes Thema, das nach dem Zweiten Weltkrieg viele Künstlerinnen und Künstler intensiv beschäftigte. Louise Bourgeois, Chuck Close, Jim Dine, Jasper Johns, Bruce Nauman, Jackson Pollock, Larry Rivers, Kiki Smith, Kara Walker und viele andere verhandeln mit ihren künstlerischen Strategien immer auch die eigene menschliche Existenz.

Vom 28. September 2022 bis zum 8. Januar 2023 wiederum widmet sich das Städel Museum dem Kupferstich. Schon vor der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern wurden im 15. Jahrhundert die ersten Techniken zum Drucken von Bildern entwickelt. Den Anfang machte der Holzschnitt, bald gefolgt vom technisch aufwendigeren Kupferstich. Dieser entstand um 1430/40 aus der Gravierkunst der Goldschmiede und bot nicht nur ein weiteres Verfahren zur Vervielfältigung religiöser oder profaner Bilder, sondern eröffnete auch neue gestalterische Möglichkeiten. Außer Werke vom Meister E. S. und von Martin Schongauer sind zahlreiche weitere qualitätsvolle und seltene Kupferstiche vertreten, etwa von dem Meister mit den Bandrollen, dem Meister bxg, dem Meister AG, von Wenzel von Olmütz, und dem produktiven Israhel van Meckenem sowie von anderen mehr.

Den Jahreshöhepunkt 2022 bildet die Wiederentdeckung des einstigen Malerstars des italienischen Barock, Guido Reni in Kooperation mit dem Museo Nacional del Prado in Madrid. Im 19. Jahrhundert aufgrund anderer ästhetischer Vorlieben verachtet und später durch die einseitige Konzentration auf seinen zeitweisen Rivalen Caravaggio in die zweite Reihe verdrängt, hat Guido Reni (1575–­1642) heute im allgemeinen Bewusstsein nicht mehr den Platz, den er verdient. Reni war zu seiner Zeit einer der erfolgreichsten und gefeiertsten Maler Europas, begehrt bei den bedeutendsten Auftraggebern, zu denen etwa der Borghese-Papst Paul V., der Herzog von Mantua oder die englische Königin zählten. In seiner Kunst übersetzte Reni wie kein anderer die Schönheit des Göttlichen in Malerei – gleich ob es sich um den christlichen Himmel oder die antike Götterwelt handelte. Neben herausragenden Leihgaben bekannter internationaler Sammlungen präsentiert die Schau vom 23. November 2022 bis zum 5. März 2023 auch eine Reihe von neu entdeckten und noch nie ausgestellten Werken Renis.
 
Die chronologische Übersicht der Ausstellungen ist wie folgt:

Andreas Mühe. Stories of Conflict
16. Februar bis 19. Juni 2022

RENOIR. ROCOCO REVIVAL.
Der Impressionismus und die französische Kunst des 18. Jahrhunderts
2. März bis 19. Juni 2022

Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois
6. April bis 17. Juli 2022

Ugo Rondinone
24. Juni bis 30. Oktober 2022

FREI. SCHAFFEND.
Die Malerin Ottilie W. Roederstein
20. Juli bis 16. Oktober 2022

Vor Dürer. Der frühe Kupferstich (vorläufiger Titel)
28. September 2022 bis 8. Januar 2023

Guido Reni. Die Schönheit des Göttlichen (vorläufiger Titel)
23. November 2022 bis 5. März 2023

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