Menschenrechtsorganisation appelliert an Bundeskanzlerin: „Zum Abschied mehr 2015 wagen“

Die Situation im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ist nach wie vor dramatisch. Die Frankfurter Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international fordert die Bundeskanzlerin auf, sich für die Aufnahme der Menschen in Deutschland und Europa einzusetzen und die Menschenrechtsverletzungen zu beenden. 

„Angela Merkel kann jetzt mit ihrer vielleicht letzten großen Entscheidung bestimmen, ob sie als Bundeskanzlerin der Humanität oder der Abschottung in die Geschichtsbücher eingeht. Entweder nimmt sie als geschäftsführende Regierungschefin zum Ende ihrer Amtszeit den Faden von 2015 auf und vertraut auf die europäische Zivilgesellschaft, die aufnahmebereiten Kommunen und die Gültigkeit von Menschen- und Asylrecht. Oder sie folgt den Forderungen der Rechtspopulisten und unterstützt das Vorgehen Polens gegen die Migranten. Die Konsequenz ist, dass der Kontinent von einer militarisierten Grenze umgeben wird, an der Menschen erfrieren und Rechte außer Kraft gesetzt werden“, so Ramona Lenz, Referentin für Flucht und Migration bei medico international.

„In Sachen Menschenrechten erleben wird derzeit auf beiden Seiten der Grenze Ähnliches. Und Leidtragende sind auf beiden Seiten die Geflüchteten“, so Lenz. Inzwischen wurden einige Menschen in Belarus in einer Lagerhalle untergebracht, andere in ihr Herkunftsland ausgeflogen. Doch die Lage bleibe ungelöst. „Den Menschen an der Grenze muss sofort geholfen werden. Doch die humanitäre Hilfe darf nicht zum Ersatz für rechtsstaatliche Asylverfahren und legale Fluchtwege nach Europa werden.“ Die EU hatte kürzlich 700.000 Euro an Hilfsgeldern für die humanitäre Versorgung von Geflüchteten in Belarus bereitgestellt.

Die EU setzt schon länger darauf, Geflüchtete durch Geldzahlungen an Anrainerstaaten fernzuhalten. Das berühmteste Beispiel dafür ist das EU-Türkei-Abkommen. Noch weist sie Pläne für ein vergleichbares Abkommen mit dem belarussischen Diktator Lukaschenko zurück, bringt aber Nachbarländer von Belarus ins Spiel, um Flüchtlinge dort unterbringen zu lassen. „Durch diese Politik begibt sie die EU in problematische Abhängigkeiten. Erpressbar wird sie nicht, wenn sie die Rechte von Migranten und Flüchtlingen achtet, sondern wenn sie weiter signalisiert, dass sie für die Abwehr von Flüchtlingen bereit ist, einen hohen Preis zu zahlen. Indem sie die Weiterreise der Geflüchteten ermöglicht und rechtsstaatliche Asylverfahren garantiert, kann die Bundesregierung jetzt zeigen, dass sie sich nicht erpressen lässt“, so Lenz.

 

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