WAS
3. Philharmonisches Konzert der Bremer Philharmoniker
WANN
Montag, 15. November 2021, 19:30 Uhr
Dienstag, 16. November 2021, 19:30 Uhr
WO
Konzerthaus Glocke
Domsheide 4/5
28195 Bremen
Das dritte Philharmonische Konzert der Bremer Philharmoniker feiert das Leben – mit Benjamin Brittens musikalischem Statement gegen Krieg, mit einem lange verschollen geglaubten und schließlich wieder zu Leben erweckten Cellokonzert von Joseph Haydn und mit einer Symphonie anlässlich des eigenen Geburtstags von Jean Sibelius.
„Als ob Gottvater Mosaikstücke aus dem Himmelsboden herabgeworfen hätte und mich bat, zu lösen, wie das Bild einst aussah“, so beseelt und glücklich beschreibt Jean Sibelius die Fertigstellung seiner Symphonie Nr. 5, mit der er zuvor vier Jahre lang gerungen hat. Sie markiert seine Rückkehr zur Tonalität mit einer völlig neuen Art von Musiksprache. Das berühmte „Schwanenthema“ ist nur ein Beleg für dieses Neuland, das Sibelius mit seiner Komposition betrat. Kein Wunder also, dass die BBC seine Fünfte als Begleitmusik für die Ausstrahlung der ersten Mondlandung im Fernsehen wählte.
Für Dirigent Marco Comin bedeutet dieses Werk und die eingangs erklingende Sinfonia da Requiem von Benjamin Britten einen ersten Ausflug in die Musik des 20. Jahrhunderts mit den Bremer Philharmoniker. Das Orchester brillierte in den vergangenen Jahren unter seinem Dirigat mit Werken von Händel, Haydn und Mozart. „Es ist so spannend und inspirierend, mit einem Orchester, das ich bereits kenne und hochschätze, ein anderes Repertoire zum ersten Mal anzugehen“, freut sich der Venezianer auf die Probenarbeit und das Konzert. Besonders Benjamin Brittens ergreifendes Werk, das der Komponist als Ausdruck seiner eigenen Antikriegsüberzeugung verstanden haben möchte, liegt Comin dabei persönlich am Herzen: Er widmet die Aufführung der Sinfonia all denjenigen, die wie er einen geliebten Menschen durch Corona verloren haben.
Im Anschluss an Britten gibt die Niederländerin Harriet Krijgh mit Joseph Haydns Cellokonzert Nr.1 C-Dur ihr Debüt bei den Bremer Philharmonikern. Das 1961 zufällig von einem tschechischen Archivar wiedergefundene Werk gilt in der Musikwelt als „größte musikwissenschaftliche Entdeckung seit dem zweiten Weltkrieg“. Von seiner Existenz wusste man nur vage aus Überlieferungen, dass es jemals wieder auftauchen könnte, erschien mehr als unwahrscheinlich. Umso größer jedoch die Sensation, als es Oldrich Pulkert im Prager Nationalmuseum entdeckte! Sensationell ist auch Harriet Krijgh: Längst dem Image des „Rising Stars“ entwachsen ist sie heute als eine der bedeutenden Cellistinnen ihrer Generation weltweit unterwegs. Haydn sparte in seinem Cellokonzert nicht an höchst anspruchsvollen technischen Schwierigkeiten – dass Harriet Krijgh diese mit Bravour meistert und virtuos umsetzt, lässt sich bereits auf ihrer CD-Einspielung (Capriccio) von 2013 hören. „Doch Musik ist nie fertig,“ sagt sie selbst über ihre Auseinandersetzung mit diesem Werk, „Es steht nie etwas endgültig fest oder ist definitiv abgeschlossen, die Musik lebt immer weiter.“ Auf ihre aktuelle Interpretation des Werkes darf man also gespannt sein.
In der Glocke gilt die 3G-Regelung mit tagesaktueller Warnstufe der Bremer Senats. Eintrittskarten gibt es derzeit ausschließlich im freien Verkauf über die üblichen Vorverkaufsstellen – online und auch direkt vor Ort in der Glocke oder bei den Verkaufsstellen von Nordwest-Ticket.
Programm
Benjamin Britten (1913 – 1976)
Sinfonia da Requiem op.20
Lacrymosa
Dies irae
Requiem aeternam
Uraufführung 29. März 1941 in New York
Josef Haydn (1732 – 1809)
Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 C-Dur Hob.VIIb:1
Moderato
Adagio
Allegro molto
Uraufführung im Zeitraum 1763-65, Ort unbekannt bzw. 19. Mai 1962 in Prag
Jean Sibelius (1865 – 1957)
Symphonie Nr.5 Es-Dur op. 82
Tempo molto moderato – Allegro moderato (ma poco a poco stretto),
Andante mosso, quasi allegretto
Finale. Allegro molto
Uraufführung 8. Dezember 1915 in Helsinki
Marco Comin, Dirigat
Harriet Krijgh, Violoncello
Marco Comin
Dirigat
Geboren in Venedig, Italien, gehört Marco Comin zu den spannendsten und vielseitigsten Dirigenten der Gegenwart. Er ist nicht nur ein gefragter Opern- und Konzertdirigent, sondern auch ein hochgeschätzter Barockspezialist. Seine kommunikative Leidenschaft und eloquente Natürlichkeit münden in packenden, emotionalen und höchstsensiblen Interpretationen. Seine ersten Erfolge feierte Marco Comin 2005, gleich nach Abschluss des Dirigierstudiums in Berlin, als er als Zweiter Kapellmeister am Deutschen Nationaltheater Weimar engagiert wurde. Drei Jahre später übernahm er die Stelle des ersten Kapellmeisters und stellvertretenden Generalmusikdirektors am Staatstheater Kassel. Von 2012 bis 2017 war er Chefdirigent des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München. In dieser Zeit hat er sich außer mit La sonnambula, Aida, Peter Grimes, Jeanne d’Arc au Bûcher (Honegger) und anderen Werken der Romantik und Moderne, auch als Barockdirigent profilieren können. Dabei pflegte er als profunder Kenner der Aufführungspraxis und der musikalischen Rhetorik alter Musik, einen historisch informierten Stil. Unter seiner Leitung brillierten Orchester und Sänger sowohl in Bühnenwerken u.a. von Händel und Purcell, als auch in von ihm selber initiierten Barockkonzertreihen. Marco Comin ist Gastdirigent an der Staatsoper Stuttgart, der Ungarischen Staatsoper Budapest, der Oper Graz, dem Aalto Theater Essen und dem Theater Bremen. Darüber hinaus leitete er Konzerte u.a. mit den Münchner Philharmonikern, der Philharmonie Essen, den Dortmunder Philharmonikern, der Nordwest Deutsche Kammerphilharmonie, der Mecklenburgischen Staatskapelle, den Augsburger Philharmonikern und der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz. In seiner Heimatstadt studierte Marco Comin Klavier und Komposition am Conservatorio di Musica „Benedetto Marcello“ sowie Geschichte an der Università Ca’ Foscari. An der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin studierte er Orchesterdirigieren. Er hat Meisterkurse für musikalische Interpretation von Nikolaus Harnoncourt und Christopher Hogwood besucht und war Klavierbegleiter von Julia Várady.
Harriet Krijgh
Violoncello
Die junge Niederländerin Harriet Krijgh ist eine der vielversprechendsten Cellistinnen der Gegenwart. Ihr kantables und ausdrucksstarkes Spiel berührt und begeistert Publikum wie Presse gleichermaßen. Konzerte führten die Künstlerin in die bedeutendsten Säle Europas, Nordamerikas und Asiens. Sie spielte u.a. mit Orchestern wie dem Boston Symphony Orchestra, Wiener Symphoniker, Münchner Philharmoniker, Bamberger Symphoniker, London Philharmonic Orchestra, Academy of St Martin in the Fields, Orchestre Philharmonique de Radio France, Yomiuri Nippon Symphony Orchestra, Hong Kong Sinfonietta und Sydney Symphony Orchestra. Auch bei internationalen Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem Grafenegg Festival oder der Schubertiade Hohenems ist sie ein gern gesehener Gast. Von jeher eine begeisterte Kammermusikerin, trat sie im Frühjahr 2019 dem Artemis Quartett bei, das zur Zeit pausiert. Darüber hinaus pflegt Harriet Krijgh eine enge Zusammenarbeit mit der Pianistin Magda Amara und im Trio mit den Schwestern Baiba und Lauma Skride. Seit April 2018 ist Harriet Krijgh exklusiv beim Label Deutsche Grammophon unter Vertrag. Im September 2019 erschien die erste Einspielung dieser Zusammenarbeit mit Werken von Vivaldi, aufgenommen mit der Amsterdam Sinfonietta unter Candida Thompson. Ihre Diskografie beinhaltet zudem sechs CDs für das österreichische Label Capriccio, u.a. mit den Cellokonzerten von Kabalewski, Haydn, Werken von Brahms, Rachmaninow und französischen Kompositionen. Harriet Krijgh ist Preisträgerin zahlreicher Wettbewerbe. 2017 und 2018 widmete sie sich der künstlerischen Leitung des Internationalen Kammermusikfestivals in Utrecht. Ihr alljährlich im Sommer stattfindendes Festival „Harriet & Friends“ auf Burg Feistritz (Österreich) feiert 2021 sein zehnjähriges Bestehen. Sie spielt auf einem von Domenico Montagnana im Jahre 1723 in Venedig gebauten Cello mit einer Stradivarius-Schnecke. Das seltene Instrument wird ihr von der Prokopp-Stiftung zur Verfügung gestellt.
Benjamin Britten
Sinfonia da Requiem op.20
Die Geschichte der Sinfonia da Requiem beginnt unter Zeitdruck, führt zu einem Affront und endet mit einem diplomatischen Faux Pas: Im September 1939 wurde Britten vom British Council angefragt, ein neues Werk zu komponieren, um „die herrschende Dynastie einer fremden Macht“ zu feiern. Er stimmte diesem rätselhaften Auftrag zu, solange „keine Form von musikalischem Hurrapatriotismus“ verlangt würde. Allerdings vergingen sechs Monate, bis schließlich der Auftrag für dieses Werk erteilt wurde und Britten erfuhr, dass es sich bei dem Land um Japan handelt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Britten bereits mit der Arbeit an einer Sinfonie, der Sinfonia da Requiem, begonnen und wandte sich direkt an den örtlichen japanischen Konsul, um ihm die lateinischen Titel der drei Sätze des Werks mitzuteilen. Als Antwort erhielt er die Botschaft, dass die Sinfonia den Auftrag zufriedenstellend erfüllen würde. Britten stellte das Werk fertig und reichte es ein. Sechs Monate später erfuhr er, dass die Japaner das Werk ablehnten, zu christlich verankert, zu melancholisch… Sein Werk beschrieb Britten als „eine kurze Symphonie – oder symphonische Dichtung“. Er erklärte, dass er sie als Ausdruck seiner eigenen Antikriegsüberzeugung verstehen würde. Der erste Satz „Lacrymosa“ beginnt mit heftigen Paukenschlägen, auf denen sich ein feierlicher Trauermarsch aufbaut. Das „Dies irae“, den zweiten Satz, beschrieb Britten als eine Art „Totentanz mit gelegentlichen Momenten eines ruhigen Marschrhythmus“. Er symbolisiert den vollen Ausbruch des Krieges in einer Musik von unverhohlener Wut und grimmiger Intensität. Der dritte Satz „Requiem aeternam“ will Trost spenden und Frieden symbolisieren.
Joseph Haydn
Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 C-Dur Hob.VIIb:1
1961 entdeckte Oldřich Pulkert, ein Archivar des Prager Nationalmuseums, einen Satz Stimmen des lange verschollen geglaubten C-Dur-Cellokonzerts von Joseph Haydn. Die Publikation der Partitur sorgte für weltweites Aufsehen in der Musikwelt und wurde u.a. als „die größte musikwissenschaftliche Entdeckung seit dem Zweiten Weltkrieg“ bezeichnet. Das Konzert spiegelt sowohl die Ritornellform eines Barockkonzerts als auch die zu jener Zeit immer beliebtere Form des Sonatensatzes wider. Wie in einem barocken Concerto grosso ist das Begleitensemble klein: Streicher, zwei Oboen und zwei Hörner. Wichtiger jedoch als die Form ist der Inhalt. Der überraschende Einfall, die „Invention“ überwiegt stets formale Aspekte. Der erste Satz, dessen Hauptthema aus einem Orgelkonzert Haydns entstammt, wirkt oft wie improvisiert. Der Satz wird von einem einzigen Thema beherrscht, es gliedert sich allerdings in mehrere Motive, die Haydn separat entwickelt. Im zweiten Satz schweigen die Bläser. Das Cello setzt dramatisch mit einem langen Ton ein, während die Streicher das Anfangsthema wiederaufnehmen. Dieses Procedere wiederholt sich mehrfach im Laufe des Satzes. Auch im Finale setzt das Cello nach einer ausgedehnten Orchestereinleitung auf einem langen Ton ein. Dieses temperamentvolle, formal an der Sonatensatzform orientierte Allegro nutzt die Virtuosität des Soloinstruments auf brillante Weise aus, vor allem in den Passagen, in denen das Cello plötzlich von tiefen in hohe Lagen wechselt, so dass der Eindruck entsteht, als würden zwei verschiedene Instrumente im Dialog miteinander spielen.
Jean Sibelius
Symphonie Nr. 5 Es-Dur op. 82
Die Entstehung seiner fünften Symphonie war für Jean Sibelius wie er selbst sagte ein „Ringen mit Gott“: drei Anläufe brauchte er, um sie fertigzustellen. Anlässlich seines 50. Geburtstags hatte der finnische Staat dieses Werk bei ihm in Auftrag gegeben. Doch erst 4 Jahre später erklang sie 1919 unter seiner eigenen Leitung zum ersten Mal. Der erste Satz ist eine originelle Variante des Sonatensatzprinzips, die in der Tradition ohne Beispiel ist. Die drei Bereiche der Sonatensatzform – Exposition, Durchführung und Reprise – sind zwar noch vorhanden, ihre Dimensionen und ihre gegenseitige Beziehung zueinander weichen aber radikal von üblichen Gepflogenheiten ab. Nach diesem fesselnden ersten Satz folgt der zweite Satz mit seinem volksliedhaften Thema und vermittelt zwischen den beiden Ecksätzen, indem er in sieben Variationen die hier schon im Hintergrund aufleuchtenden Hauptthemen des Finales – u.a. das sogenannte „Schwanenthema“- ankündigt. Im triumphalen Schlusssatz stellt Sibelius einen seiner denkwürdigsten Einfälle vor: ein glockenartiges Läuten der Akkorde in den vier Hörnern, das ihm angeblich einfiel, nachdem er einen Schwarm Schwäne über sich hinwegziehen sah. Dieses „Schwanenthema“, das aus einem schwindelerregenden Rauschen der tremolierenden Streicher hervorgeht, ist die Seele des Satzes. Je mehr es in Richtung Apotheose geht, desto langsamer wird der Satz. Das Ende der Symphonie bieten eine gewaltige Steigerung des „Schwanenthemas“, die von sechs monumentalen, kraftvollen Akkorden gekrönt wird.
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