Schneller und besser Nierenschäden vermeiden

Die Unimedizin Greifswald startet eine Pilotstudie zur personalisierten Nierenheilkunde in Zeiten von Sars-CoV-2:. Schäden der Niere sollen früher entdeckt und individuell diagnostiziert und behandelt werden. Die Hoffnung ist, dass Erkrankungen dadurch seltener zu chronischen Leiden werden. Aktuell steht zu befürchten, dass die Zahl der schweren Nierenschäden durch das Corona-Virus noch erheblich steigt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Pilotstudie mit einer halben Million Euro. Gesundheitsminister Harry Glawe übergab den Zuwendungsbescheid heute an Prof. Nicole Endlich als Leiterin des Projekts.

„Neun Millionen Menschen in Deutschland sind bereits an der Niere erkrankt, die Tendenz ist stetig stei­gend“, verdeutlicht Prof. Nicole Endlich die Bedeutung. Ursachen sind aus Sicht der Geschäftsführerin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie „vor allem Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder genetische Fakto­ren“. Zudem spielten starkes Übergewicht und die Einnahme von Medikamenten eine entscheidende Rolle.

Das Corona-Virus Sars-CoV-2 führt nach neuesten Erkenntnissen ebenfalls zu schweren Schäden an den Nieren bis hin zum Organversagen, warnt Endlich. Die Ursachen hierfür seien bisher noch unbekannt. Harry Glawe, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit, erklärte im Vorfeld der Übergabe: „Über die Folgen von Schäden an den Nieren von Covid-19-Patienten ist fast nichts bekannt. Es besteht ein großer Hand­lungsbedarf, um die optimale Behandlung und Nachsorge der Betroffenen gewährleisten zu können.“

Prof. Hans Grabe dankte dem Minister: „500.000 Euro für zwei Jahre, das ist medizinisch gesagt eine Kurzinfusion, aber eine sehr intensive". Der stellvertretende Wissenschaftliche Vorstand zeigte sich über­zeugt: „Damit kann man wirklich etwas anstoßen.“

Ein großes Problem der Nephrologie, also der Nierenheilkunde, beschreibt Nicole Endlich: „Nierenerkran­kun­gen laufen in der Regel schmerzfrei ab und bleiben oft lange Zeit unerkannt“, erklärt sie: „Sie führen vielfach zu einem irreparablen Schaden, bevor sie diagnostiziert werden.“

Das soll nun anders werden: Die Pilotstudie „Personalisierte Nephrologie in Zeiten von Sars-CoV-2“ (kurz „PeNe_C19“) soll eine molekulare Diagnostik etablieren. Parallel wird eine Biodatenbank aufgebaut. Hoch­mo­der­ne Analyseverfahren ermöglichen laut Endlich „erstmals eine maßgeschneiderte, personalisierte Diag­nostik, was zu einem enormen Erkenntnisgewinn und zu einer Beschleunigung der Identifizierung von heilenden Medikamenten und Therapien führen wird.“ So könnten Forschungsergebnisse direkt aus den Patientenanalysen gewonnen werden. Umwege über andere Forschungsbereiche und die Rücküber­tra­gung in die Behandlung seien dann nicht mehr nötig. Prof. Nicole Endlich: „Das ist von einem enormen medizi­ni­schen und sozioökonomischen Nutzen, da es aktuell für die meisten Nierenerkrankungen keine heilenden Medikamente gibt.“

Zum Hintergrund:

Mehr als 17 Prozent der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern leiden an chronischen Nierenerkran­kun­gen. Das hat die an der Universitätsmedizin Greifswald durchgeführte SHIP Studie erbracht. Damit liegen die Erkrankungszahlen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich über dem Bundesschnitt, der bei etwa 10 Prozent liegt.

An der Forschung zur personalisierten Nephrologie sind neben dem Arbeitskreis des Instituts für Anatomie und Zellbiologie das Team von Prof. Sylvia Stracke an der Klinik für Innere Medizin B und von Prof. Uwe Völker, der Abteilungsleiter Funktionelle Genomforschung im Interfakultären Institut für Genetik und Funkti­onelle Genomforschung beteiligt, zudem Prof. Steffen Mitzner von der Universitätsklinik Rostock.

Das Geld stammt aus dem Landes-Sonderprogramm „Gesundheit und Prävention“. Mecklenburg-Vor­pom­mern positioniert sich mit dieser Pilotstudie PeNe_C19 national und international im Bestreben, den Pati­en­ten eine individualisierte Nephrologie zukommen zu lassen, heilende Medikamente zu identifi­zieren und Biomarker zu etablieren.

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