„Die Menschen auf den griechischen Inseln – Geflüchtete wie Bewohner – dürfen nicht länger den Preis für eine völlig verfehlte und inhumane Asylpolitik Europas zahlen“, kritisiert Shirin Tinnesand von Stand by me Lesvos. Auf der griechischen Insel Lesbos unterstützt die lokale NGO die Selbstorganisation geflüchteter Menschen im Lager Kara Tepe, dem Nachfolgelager des abgebrannten Lagers bei Moria. Ein Großteil der Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern ist aus Afghanistan geflohen, sie erhalten inzwischen schon die zweite oder dritte Ablehnung auf ihr Asylgesuch, da eine Flucht aus Afghanistan trotz der Machtübernahme der Taliban noch immer nicht als Asylgrund gilt.
„Die Menschen hier sind verzweifelt, die Lebensbedingungen in den Lagern sind nach wie vor unmenschlich. Nun kommt die Sorge um Angehörige und Freunde in Afghanistan hinzu“, berichtet Tinnesand. Zudem hat Griechenland die Türkei im vergangenen Jahr zum sicheren Drittland für Afghanen erklärt. Bei Ablehnung des Asylantrags droht eine Rückschiebung in die Türkei, die nur temporär wegen der Covid-19-Pandemie derzeit die Rückübernahme ausgesetzt hat. Sobald sich das ändert, so die Befürchtung, wird die Türkei nach Afghanistan abschieben.
„Wenn die Geflüchteten aus den griechischen Hotspots endlich in die vielen aufnahmebereiten Kommunen Europas weiterreisen dürften, könnte man die menschenunwürdigen Lager auf den griechischen Inseln umgehend auflösen“, so Ramona Lenz von medico international an die Bundesregierung und die Europäische Union gewandt. „Es gibt in ganz Europa Kommunen, die zur Aufnahme geflüchteter Menschen bereit sind. Nach dem Fall Kabuls und der missratenen deutschen Evakuierung der Ortskräfte und ihrer Angehöriger wäre die Aufnahme schutzbedürftiger Menschen aus Afghanistan ein wichtiges Zeichen.“
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