Selbständige Frauen und die Pandemie

Nicht alle sind von der Pandemie gleich betroffen. Zwischen den Geschlechtern gibt es große Unterschiede. Das gilt besonders für selbständige Frauen. Die Erfahrungen der Gründerinnenzentrale, der Erstanlaufstelle für Frauen in Berlin, bestätigen Studienergebnisse.

Selbständige Frauen stark benachteiligt

Es wurde an anderen Stellen schon darüber geschrieben, dass Frauen allgemein stärker von der Pandemie belastet sind.

Die Gründerinnenzentrale als die Erstanlaufstelle für Frauen in Berlin, die sich selbständig machen wollen, richtet ihren Blick bei den Folgen der Pandemie auf selbständige Frauen. Der DIW-Wochenbericht vom April trägt den bezeichnenden Titel „Warum vor allem weibliche Selbstständige Verliererinnen der Covid-19-Krise sind“. Die Erfahrungen der Gründerinnen­zentrale aus den letzten eineinhalb Jahren bestätigen die Ergebnisse der Untersuchung.

Branchenbezogene Ungleichheit

Unter den Selbständigen haben laut der Untersuchungen Frauen höhere Einkommens­einbußen und sind psychisch stärker belastet als Männer. Viele Frauen wurden im letzten Jahr schnell in längst überholte Geschlechterrollen zurückgedrängt, was ihnen das Fortführen der selbständigen Tätigkeit sehr erschwerte. Auch ist ein Großteil von ihnen in Branchen wie personenbezogene Dienstleistungen, Kultur, Handel oder Gastronomie tätig und konnte wegen der Eindämmungsmaßnahmen nicht arbeiten. Finanzielle Sorgen vergrößerten Erkrankungen durch Angst und Depression.

Keine passenden Fördermittel für weibliche Selbständige

Bei den staatlichen finanziellen Hilfen fehlten passende Angebote. Die Zugangskriterien wie „hauptberufliche Selbständigkeit“, „nur für betriebliche Kosten zu verwenden“ und „Beantragung durch Steuerberater*innen nötig“ haben überproportional Frauen von den Fördermitteln ausgeschlossen.

Gründerinnen beginnen ihre Selbständigkeit zu zwei Dritteln als Nebenerwerbstätigkeit[1]. Viele arbeiten mit geringen betrieblichen Kosten. Für sie gab es bis zur Neustarthilfe gar keine Unterstützung. Viele selbständige Frauen können sich aufgrund geringer Umsätze gar keine Steuerberatung leisten und/oder konnten keine finden, um Überbrückungshilfen zu beantragen. Und Frauen haben erfahrungsgemäß knappere finanzielle Reserven. Deshalb kam die mit großer zeitlicher Verzögerung ausgezahlte Novemberhilfe oft zu spät.

Gründer*innen vollkommen vergessen

Für die Hilfen wurden die Umsätze aus dem Jahr 2019 zugrunde gelegt. Damit wurden alle völlig vergessen, die da noch gar nicht gegründet hatten oder sich in der Aufbauphase befanden. In diesen Fällen gab es überhaupt keine Corona-Hilfe, als ob diese Unternehmen gar nicht existieren würden und keine Kosten zu decken wären.

Nebenberuflich Selbständige und Gründer*innen wurden an die Grundsicherung der JobCenter verwiesen. Während viele Selbständige also als „Unternehmen“ Hilfe erhielten, wurden alle, die keine Förderung bekamen, aus der Rolle der Unternehmer*in in die der „bedürftigen Person“ gedrängt. Viele bekamen dort auch keine Hilfe, weil weitere Einkommen aus dem Haushalt angerechnet wurden.

Einzelne Schicksale mit großer Wirkung

Die Gründerinnenzentrale berichtet von mehreren Fällen, die beispielhaft für viele andere stehen: Einer der ersten verzweifelten Anrufe kam von der Geschäftsführerin einer Kultureinrichtung für Kinder. Der Frau war ein KfW-Kredit abgelehnt worden – wegen eines (im Vergleich zu Umsätzen in Millionenhöhe minimalen) Bilanz-Minus in vierstelliger Höhe im Jahr 2019. Das Ausschlusskriterium des negativen Geschäftsergebnisses wurde aber für Unternehmen festgelegt, die schon vorher nicht tragfähig waren. In diesem Fall wäre eine Einzelfallprüfung hilfreich gewesen.

In diesem Jahr werden von selbständigen Frauen Wachstumsschritte zurückgenommen und die Selbständigkeit wieder verkleinert, um das Risiko zu begrenzen. Dienstleisterinnen geben ihre Läden auf und arbeiten mobil weiter, Unternehmerinnen entlassen Personal und arbeiten wieder alleine, weil sie nicht noch die Verantwortung für andere tragen können. Andere geraten jetzt in Schwierigkeiten, weil sie zwischen den beiden Lockdowns „zu fleißig“ waren und deshalb erhaltene Coronahilfen zurückzahlen müssen.

Und nicht allen ist es gelungen, wenigstens etwas zu retten. Einer Unternehmerin wurden nach monatelangem Irrweg, Fehlinformationen und verweigerter Hilfe ihre Geschäftsräume gekündigt. Sie löste ihr seit Jahrzehnten bestehendes Unternehmen auf und entließ alle Angestellten.

Wirkungen der mangelnden Unterstützung von Gründerinnen und Unternehmerinnen auf die Zukunft

Frauen gehen den Aufbau einer Selbständigkeit oft mit großer Vorsicht und Umsicht an. Sie befürchten, ihre Existenz nicht sichern zu können und genau das ist im letzten Jahr eingetreten und hat viele Bedenken der Gründerinnen bestätigt. Den Ausfall von Einnahmen zur Deckung des Lebensunterhaltes eines Großteils der selbständigen Frauen als nicht förderungswürdig zu deklarieren, zeigt, wie wenig ernst Selbständigkeit von Frauen genommen wird. Dass ausgerechnet sie, die schon bei der Gründung mit mehr Hürden zu kämpfen haben, hier kaum angemessen berücksichtigt wurden, ist eine sehr entmutigende Botschaft an gründungswillige Frauen.

Das DIW schreibt dazu: „Wenn sich selbstständige Frauen während eines systemischen Schocks durch politische Maßnahmen zu wenig unterstützt fühlen, riskiert die Gesellschaft, dass sie sich von dieser Erwerbsform abwenden.“

Es nützt eben nicht viel, wenn mit sogenannten „Vorbildunternehmerinnen“ und anderen Projekten Frauen bestärkt werden zu gründen und das Thema anschließend nicht weiter- und mitgedacht wird. Diese Krise hat viel der Ermutigungsarbeit zerstört, die Projekte wie die Gründerinnenzentrale seit Jahren leisten. Es wird deshalb nicht überraschen, wenn es nach dem zaghaften, aber motivierenden Anstieg an weiblichen Gründungen jetzt zur Stagnation oder gar zum Rückgang kommt. Die Gründerinnenzentrale wird mit ihrem Angebot auch zukünftig Frauen bei der Gründung unterstützen,

Bei weiteren Fragen stehen Jeannette Zeidler oder Ulla Schweitzer vom Team der Gründerinnenzentrale zur Verfügung unter der Telefonnummer 030-44 02 23 45 oder per E-Mail: info@gruenderinnenzentrale.de.

Gründerinnenzentrale – Navigation in die Selbständigkeit
Anklamer Straße 39/40, 10115 Berlin, Gründerinnentelefon: 030-44 02 23 45.

Über Gründerinnenzentrale – Navigation in die Selbständigkeit

Die Gründerinnenzentrale bietet seit 2006 Orientierung, Information und Vernetzung für Frauen in Berlin, die sich selbständig machen wollen. Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Abteilung Frauen und Gleichstellung. Weitere Informationen finden Sie hier. https://gruenderinnenzentrale.de/

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Gründerinnenzentrale – Navigation in die Selbständigkeit
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