Tiere, Tampons und Theater. Das MK&G kuratiert kollektiv

Über 90 Menschen arbeiten im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G), die meisten „hinter den Kulissen“. Sie alle haben sich in der Sammlung Plakat und Grafik umgesehen und – mithilfe von Suchstrategien wie Wohnzimmerberatung, Wünschelruten-Touren, Design on Demand oder Plakat-Tinder – Exponate ausgewählt. Über 100 Highlights und Kuriositä­ten unterschied­licher Formate und Zeiten sind nun in einer Ausstellung zu sehen: Comics, Postkarten, Kupferstiche, Film-, Werbe- und politische Plakate sowie Entwürfe für Brettspiele und Möbel. Die Erklärungen der Mitarbeiter*innen eröffnen persönliche Einblicke in die Sammlung des MK&G und zeigen, wie vielfältig die Verbindungen und Zugänge zu Gestaltung sind. Mit ihrer ersten Ausstellung öffnet die neue Leiterin der Sammlung Grafik und Plakat, Julia Meer, die weit über 300 000 Blatt umfassende Sammlung und stellt damit die klassische Kurator*innenrolle, den kuratori­schen Prozess und etablierte Erzählweisen in Frage. Sie schafft Raum für ein hierarchie­freies Nebeneinander vielfälti­ger Zugänge und Arbeiten.

Die Ausstellung bricht mit der Annahme, es bedürfe zwingend einer Ausbildung und Fachwissen, um sich über Gestaltung äußern zu dürfen. Die pointierten Begründungen der Auswählenden zeigen, dass grundsätzlich alle Menschen einen Zugang zu Kunst und Design haben und dass es sich lohnt, die Sammlung nach persönlichen Interessen, biografischen Bezugspunkten oder gelenkt von Stimmungen, Themen und Motiven zu erkunden. Denn die explizit subjektiven Zugänge stellen die oftmals un­hinterfragte Sammlung auf den Prüfstand: Warum gibt es beispiels­weise keine Technoplakate und kaum Arbeiten mit Bezug zu #blacklivesmatter? Wer entscheidet eigentlich, was sammlungswürdig ist? Welche Geschich­ten werden erzählt, welche vergessen? Und welche Suchstrategien, Kategorien und Schlagworte braucht es, um Sammlungen niedrigschwellig zugänglich zu machen?

Julia Meer und ihr Team greifen diese Fragen auf und reagieren mit der Anordnung der Exponate spielerisch auf etablierte Ordnungen: Sie haben nicht nach Gestalter*innen, Stilen oder chronologisch, sondern nach Motiven, Farben, grafischen Prinzipien sortiert oder gezielt Dissonanzen provoziert. Auf diese Weise werden die Momente des Stöberns und des Entdeckens, die für dieses Projekt so prägend waren, an die Besucher*innen weitergegeben. Die Ausstellung lädt dazu ein, sich überraschen zu lassen und einen ganz eigenen Blick auf die Exponate zu finden.

Die Ausstellung zeigt Arbeiten von:

Herbert Bayer, Saul Bass, Brüder Stenberg, Christo, Carl Otto Czeschka, Shepard Fairey, Lyonel Feininger, April Greiman, Guerilla Girls, Henriette Hahn-Brinckmann, Anna Haifisch, Jenny Holzer, Janosch, Barbara Kruger, Pablo Picasso, Rocket & Wink, Niki de Saint-Phalle, Klaus Staeck, Anton Stankowski, Annik Troxler, Andy Warhol, Martin Woodtli u.a.

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