Reflexion gesellschaftlicher und politischer Fragen – mehr als 70 Jahre Baukultur in Deutschland
Die Projekte in der Ausstellung spannen einen großen Bogen: Sie reichen von Max Lingners Wandbild für das Haus der Ministerien der DDR in Berlin und Hannes Schulz-Tattenpachs Phoenix am Bonner Bundeshaus aus der Anfangszeit der beiden deutschen Staaten über das riesige Raumbild eines Büroeingangsstempels am Stasimuseum, mit dem die Gruppe raumlaborberlin einen kritischen Blick auf das Ende der DDR wirft, bis zur Wandarbeit von Janne Schäfer und Kristine Agergaard für das Goethe-Institut in Kairo. Mit dem Werk setzen die beiden Künstlerinnen den unbekannten Helden der ägyptischen Geschichte von der Pyramidenzeit bis zum Arabischen Frühling ein Denkmal. Die Kunstwerke spiegeln dabei nicht nur künstlerische Positionen, visualisieren politische und gesellschaftlich relevante Themen, sondern thematisieren auch die Funktion und Geschichte des jeweiligen Bauwerks. Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den Hauptstädten Berlin und Bonn; sie führt aber auch an unerwartete Orte wie die Löberfeld-Kaserne in Erfurt oder die Deutsche Schule in Valencia.
Kunst-und-Bau-Projekte sind Teil der Baukultur in Deutschland – und das bereits seit mehr als 70 Jahren. 1950 beschloss der Bundestag, bei allen Bauaufträgen des Bundes einen prozentualen Anteil der Baukosten für Werke bildender Künstler*innen vorzusehen. Etwa zur gleichen Zeit wurden auch in der DDR sowie in vielen westdeutschen Bundesländern, in Nordrhein-Westfalen bereits im Oktober 1949, vergleichbare Richtlinien und Selbstverpflichtungen zur Förderung der Kunst am Bau erlassen. Aktuell arbeiten die beteiligten Ministerien an neuen Formen und Prozessen für Kunst und Bau in NRW.
Manche baubezogenen Kunstwerke sind zu deutlich sichtbaren Markenzeichen geworden, wie Eduardo Chillidas Skulptur vor dem Berliner Kanzleramt. Andere sind nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich, weil sie sich im Inneren von Regierungsbauten, den Deutschen Botschaften und Residenzen im Ausland oder Militärliegenschaften befinden. In der Ausstellung zeigen sie sich nun auch einer größeren Öffentlichkeit.
Spielerisch und provokant – Kunst und Bau in NRW
Mit dem 1959 eröffneten Musiktheater im Revier hat das Museum der Baukultur Nordrhein-Westfalen einen Ausstellungsort gewählt, an dem das Zusammenspiel von Kunst und Bau in herausragender Weise erfahrbar wird. Schon früh im Entstehungsprozess bezog der leitende Architekt Werner Ruhnau Künstler wie Jean Tinguely, Norbert Kricke und Paul Dierkes in die Planung ein. Ruhnau war zutiefst von der über Jahrhunderte selbstverständlichen Haltung einer Einheit von Kunst und Architektur im Sinne eines Gesamtkunstwerkes überzeugt. Ohne das Betonrelief von Robert Adams vor dem Großen Haus und die leuchtend blauen Schwammbilder von Yves Klein im Foyer ist die Architektur heute nicht mehr vorstellbar. Neben den Fotografien und Texten der Ausstellung lässt sich Kunst und Bau in ihrem „Dialog“ im MIR im Original erleben.
Nordrhein-Westfalen kann wie der Bund auf eine lange Tradition von Kunst-und-Bau-Projekten zurückblicken. Mit der wachsenden Online-Sammlung www.kunstundbau.nrw mit rund 50 Projekten lädt Baukultur Nordrhein-Westfalen ein, auch außerhalb der Ausstellung viele interessante Projekte zu entdecken, die von der Qualität und Vielfalt der künstlerischen Auseinandersetzung mit der jeweiligen Architektur zeugen. Pressefotos und weiteres Material finden Sie hier auf unserer Website.70 Jahre Kunst am Bau in Deutschland
Eine Ausstellung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat und des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung in Partnerschaft mit dem Museum der Baukultur Nordrhein-Westfalen.
Laufzeit: 7. Mai bis 27. Juni 2021
Ausstellungsort: Musiktheater im Revier, Kennedyplatz, 40221 Gelsenkirchen
Öffnungszeiten: Do bis So, 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei
Kuratorin: Dr. Ute Chibidziura, BBR, mit schmedding.vonmarlin. und Studio Krimm
Lokale Koordination der Ausstellung: Baukultur Nordrhein-Westfalen – Dr. Christine Kämmerer, Dr. Ursula Kleefisch-Jobst Zur Ausstellung ist eine umfangreiche Publikation im Deutschen Kunstverlag erschienen, die unter der ISBN 978-3-422-98617-6 über den Verlag oder im Buchhandel erhältlich ist.
Baukultur Nordrhein-Westfalen ist als Institution im Land die Adresse für Baukultur. Wir initiieren, organisieren, vernetzen und kommunizieren aktuelle baukulturelle Themen. Dazu kooperiert Baukultur Nordrhein-Westfalen mit vielen Partnern und unterstützt beispielhafte Projekte Dritter. Mit dem eigenen Museum der Baukultur präsentiert und inszeniert Baukultur Nordrhein-Westfalen wichtige gesellschaftliche Fragen und Entwicklungen – in NRW und über die Landesgrenzen hinaus. Diese Form eines mobilen Museums der Baukultur ist weltweit einzigartig. Baukultur Nordrhein-Westfalen führt die Arbeit der Vereine StadtBauKultur NRW und Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW (M:AI) zusammen, die seit 2001 Themen der Baukultur verantwortet und umgesetzt haben. Gefördert wird Baukultur Nordrhein-Westfalen vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen.
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