Thema Nutzungsentschädigung im Diesel-Abgasskandal wartet auf Entscheidung des EuGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich beim Thema Nutzungsentschädigung im Diesel-Abgasskandal im Sommer 2020 klar auf die Seite der Autobauer gestellt. Verbrauchern wird daher von ihrem gerichtlich zugesprochenen Schadensersatz stets eine Summe für die von ihnen gefahrenen Kilometer abgezogen. Nutzungsersatz oder Nutzungsentschädigung ist jedoch in der Rechtsprechung höchst umstritten. Der Stuttgarter Diesel-Richter Dr. Fabian Richter Reuschle hat daher dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg zum Abgasskandal eine Reihe von Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt – unter anderem auch zur Nutzungsentschädigung. Die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH hält den Nutzungsersatz für eine Übervorteilung der Autobauer. Vorsätzliche und sittenwidrige Täuschung dürfe nicht nachträglich honoriert werden. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal. Die Inhaber haben in der VW-Musterklage für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich ausverhandelt.

LG Koblenz sorgt mit Fiat-Urteil im Abgasskandal für Verwirrung

Das Thema Nutzungsentschädigung sorgt gerade im Diesel-Abgasskandal von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und Iveco für Aufregung. Anlass war das erste verbraucherfreundliche Urteil am Landgericht Koblenz. Am 1. März 2021 entschied das Gericht, dass FCA wegen vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach §826 BGB dem Kläger eines Wohnmobils Schadensersatz zu bezahlen hat (Az. 12 O 316/20). Bei der Berechnung der Nutzungsentschädigung entschied sich das Gericht dafür, als Grundlage nicht die Laufleistung des Motors in Kilometern zu nehmen, sondern die Nutzungsdauer des Wohnmobils in Jahren. Das Urteil zeigt, das Thema Nutzungsentschädigung ist komplex. Dr. Stoll & Sauer beantwortet die wichtigsten Fragen zur Problematik:

  1. Was ist überhaupt eine Nutzungsentschädigung?

Der Verbraucher hat sein Fahrzeug seit dem Kauf benutzt. Verurteilt beispielsweise jetzt ein Gericht Fiat-Chrysler zur Rücknahme des Fahrzeugs, erhält der klagende Verbraucher den Kaufpreis zurück und muss das Fahrzeug zurückgeben. Allerdings muss der Verbraucher für die Nutzung des Fahrzeugs eine Entschädigung bezahlen. Die wird vom Kaufpreis abgezogen. Aber Achtung: Die Nutzungsentschädigung ist noch nicht in Stein gemeißelt.

[*]Wie sehen Gerichte das Thema Nutzungsentschädigung?

Der BGH hält aktuell die Nutzungsentschädigung für gerechtfertigt. Das hat er in mehreren Urteilen zum VW-Fall dargelegt. Deutsche Gerichte wenden seither die Vorgabe des BGH an. Allerdings haben im Vorfeld des ersten VW-Urteils vom 25. Mai 2020 zahlreiche Gerichte der ersten und zweiten Instanz sich gegen diese Entschädigung entschieden. Tenor: Schädigung und Täuschung dürfen sich nicht lohnen. Am EuGH in Luxemburg geht es in einem Verfahren des Landgerichts Stuttgart letztlich auch um die Frage, ob eine Nutzungsentschädigung angebracht ist oder nicht. Die Entscheidung steht noch aus. Daher ist beim Thema Nutzungsentschädigung noch nichts entschieden.

[*]Was soll der EuGH im Abgasskandal entscheiden?

Der von der Automobilindustrie gefürchtete Diesel-Richter Dr. Fabian Richter Reuschle hat am 18. September 2020 in einem BMW-Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az. 3 O 236/20). Im Kern geht es um die Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen zum Schutz von Motoren. Dabei steht das sogenannte Thermofenster im Mittelpunkt, das die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur des Fahrzeugs reguliert. Die Abgase werden deshalb an ganz wenigen Monaten im Jahr gereinigt. Ein Teilaspekt der Vorlage betrifft auch die Nutzungsentschädigung, die Verbrauchern vom Schadensersatz abgezogen wird. Dabei muss folgender Aspekt geklärt werden: Wird das Vermögen von Verbrauchern geschützt, wenn Autobauer bei der Zulassung gegen die EG-Verordnung Nr. 715/2007 verstoßen? Wenn dem so ist, liegt nahe, dass der Verstoß gegen die Grenzwerte bzw. gegen das Zulassungsrecht eine Anrechnung von Nutzungsvorteilen bei der Rückabwicklung des Fahrzeugs gegenüber dem Hersteller unionsrechtlich verbietet. Schließlich wird das Vermögen des Verbrauchers durch die Manipulation angegriffen – und zwar durch den Nutzungsersatz. Kurzgesagt: Der Verbraucher muss bei der Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs dem Hersteller kein Entgelt für die Nutzung bezahlen. Eine Entscheidung des EuGH steht noch aus. Daher lässt sich sagen, dass bei der Nutzungsentschädigung erst die Entscheidung gefallen ist, wenn das oberste europäische Gericht seine Meinung geäußert hat.

[*]Welche Berechnungsarten gibt es zur Nutzungsentschädigung?

Bei Pkws hat sich bei der Berechnung die erwartbare Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs durchgesetzt (250.000 km bis 300.000 km). Bei Wohnmobilen wird diese Methode nicht zwingend angewandt. Einige Gerichte sind von der voraussichtlichen Nutzungsdauer des Wohnmobils ausgegangen (20 oder 25 Jahre). Daran hat sich auch das Landgericht Koblenz in seinem Urteil gegen Fiat-Chrysler orientiert. Dann gibt es noch eine Mischkalkulation aus beiden Methoden.

[*]Welche Bedeutung hat die Berechnung des LG Koblenz?

Die Entscheidung ist nicht in Stein gegossen. Es werden noch tausende Urteile zu Fiat-Chrysler und Iveco folgen. Was am Ende der BGH zu dieser Berechnungsmethode sagt und der EuGH, ist schwer absehbar. Denkbar ist auch, dass die Verbraucher mit den unterschiedlichen Methoden leben müssen.

[*]Wann muss keine Nutzungsentschädigung bezahlt werden?

Klagt der Verbraucher gegen seinen Händler auf Neulieferung des Fahrzeugs, fällt bei positivem Urteil keine Nutzungsentschädigung an. Dieses Vorgehen ist nur in der Gewährleistung möglich. Diese Frist läuft bei Privatpersonen zwei Jahre ab Übergabe des Fahrzeugs. Bei Unternehmen ist die gesetzliche Gewährleistung frei verhandelbar. In der Regel dauert sie im gewerblichen Bereich ein Jahr. Aber Achtung: Will der Verbraucher sein Fahrzeug behalten und klagt auf Minderung des Kaufpreises, wird die Nutzungsentschädigung wieder fällig – so will es aktuell der BGH.

[*]Wann wird die Nutzungsentschädigung derzeit fällig?

Bei Rückabwicklung des Kaufvertrages und bei Klagen auf Minderung wird die Entschädigung derzeit ausgeurteilt. Aber nochmal: Der EuGH wird über die Rechtmäßigkeit der Entschädigung noch urteilen.

[*]Was rät Dr. Stoll & Sauer im Abgasskandal von Fiat-Chrysler?

  • Grundsätzlich wird in Beratungen über die unklare Lage bei der Berechnung des Nutzungsersatzes aufgeklärt. Gemeinsam mit dem Mandanten wird in der Einzelberatung der beste Weg zum Erfolg.
  • Der Abgasskandal entwickelt sich von Woche zu Woche. Letztlich stehen die Verbraucher dabei erst am Anfang der juristischen Aufarbeitung.
  • Das Know-how der Kanzlei Dr. Stoll & sauer ist die beste Waffe der Verbraucher im Kampf gegen den Diesel-Betrug. Mit der fünfjährigen Erfahrung im Diesel-Abgasskandal ist es der Verbraucher-Kanzlei gelungen, für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich mit VW auszuhandeln. Darüber hinaus sind tausende von Gerichtsverfahren gewonnen und ebenso viele Vergleiche abgeschlossen worden. Die Kanzlei rät den betroffenen Verbrauchern dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal herausfinden. Die Fälle werden individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigt.
Über die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 15.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit, konnte bereits tausende positive Urteile und über 10.000 verbraucherfreundliche Vergleiche erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung – Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG und verhandelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Euro-Vergleich aus. Damit haben die beiden Inhaber Rechtsgeschichte geschrieben. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei deshalb für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

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