Der Bundestag muss unfaire Handelspraktiken im Lebensmittelhandel stoppen!

Anlässlich der heutigen öffentlichen Anhörung (morgen zeitversetzt im Internet nachzusehen) des Bundestags zu unfairen Handelspraktiken bei Lebensmitteln fordert Demeter die Abgeordneten auf, sich für ein konsequentes Verbot unlauterer Handelspraktiken und für mehr Transparenz im Lebensmittelhandel einzusetzen. Dafür muss der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung noch deutlich nachgebessert werden.

„Der Gesetzesvorschlag zu unfairen Handelspraktiken aus Julia Klöckners Landwirtschaftsministerium verbietet nur wenige unfaire Praktiken, die aus typischen Lieferanten-Käufer-Verträgen bekannt sind. Das Grundproblem ist damit jedoch nicht gelöst, denn dem Lebensmittelhandel bleiben weiterhin unzählige Möglichkeiten, um Kosten und Risiken in fragwürdiger Weise auf die Lieferanten – in letzter Konsequenz auf die Bäuerinnen und Bauern – abzuwälzen“, kritisiert Demeter-Vorstand Alexander Gerber. Er verweist auf ein Factsheet der Organisation OXFAM, das 40 übliche unfaire Handelspraktiken erläutert. „Die Rechtsabteilungen und Einkäufer der Lebensmittelhandelsunternehmen sind in der Lage, diese wenigen Verbote kreativ zu umgehen. So bleibt die Schieflage der Machtverhältnisse bestehen – und in Sachen Fairness wird nichts vorangebracht. Daher brauchen wir eine offene Verbotsliste: Unlautere Handelspraktiken müssen an sich verboten und vor Gericht einklagbar werden. Denn nur so sind die Einkaufsabteilungen gefordert, ihre Verhandlungspraxis ständig auf den Prüfstand zu stellen.“

Unlautere Praktiken zu verbannen sei nicht zuletzt auch im Sinne derjenigen im Lebensmittelhandel, die sich aktiv für fairere Handelsbeziehungen einsetzen. „Der ‚ehrbare Kaufmann’ muss wieder zum Leitbild werden; er darf nicht im Preiswettbewerb gegenüber den Rambos des Gewerbes als Verlierer dastehen,“ so Alexander Gerber, der noch eine weitere Forderung formuliert: „Kleinere und mittelständische Lieferanten sind den Riesen im Lebensmittelhandel gegenüber weitgehend ausgeliefert – damit sie sich trotzdem trauen, gegen unfaire Handelspraktiken vorzugehen, fordern wir die Einrichtung einer neutralen Ombudsstelle, die niedrigschwellig und anonym kontaktiert werden kann.“

Für Bäuerinnen und Bauern, die ganz am Beginn der Wertschöpfungskette stehen, fordert der Demeter-Vorstand mehr Transparenz in der Preisbildung: „Eine zukunftsfähige Landwirtschaft können wir nur dann sicherstellen, wenn Landwirt*innen ihre Ware nicht mehr unter den Produktionskosten verkaufen oder auf Kosten der Umwelt und des Tierwohls wirtschaften müssen.“ Eine Möglichkeit, wie eine unfaire Preisbildung auf Kosten der Erzeuger*innen eingeschränkt werden könnte, wird gerade in Spanien diskutiert und könnte auch in Deutschland mehr Fairness schaffen: „Der Bundestag sollte ein Verbot des Verkaufs unter Produktionskosten und ein verpflichtendes ‚Hindurchreichen‘ der Kosteninformation durch die Lieferkette prüfen lassen. Eine unabhängige Preisbeobachtungsstelle einzusetzen wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.“ Ein breites Bündnis von 49 Organisationen aus dem Umwelt-, Entwicklungs-, Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich, darunter Bioland und Demeter, fordern mehr Fairness im Lebensmittelhandel.

Hintergrund

Der angekündigte Gesetzentwurf muss die Einkommenssituation von Erzeugerinnen und Erzeugern und den Lebensstandard der ländlichen Bevölkerung verbessern – in Deutschland, der EU und weltweit. Hier finden Sie das Positionspapier „Für mehr Fairness im Lebensmittelhandel“

Eine Liste von 40 üblichen unlauteren Handelspraktiken hat die Organisation OXFAM im Factsheet „Knebelverträge im Lebensmittelhandel“ zusammengestellt, insgesamt hat Oxfam über 100 solcher Praktiken in Lieferantenvereinbarungen identifiziert.

Seit Ende 2020 machen Landwirt*innen durch Blockadeaktionen von Handelslagern wieder darauf aufmerksam, dass die Preise für Milch, aber auch für Gemüse oder Getreide für sie teilweise ruinös sind. Das Höfesterben ist die Folge und es verändert die Gesellschaft – allein in Bayern haben in den letzten 10 Jahren 15.000 Höfe die Landwirtschaft aufgegeben. Hier finden Sie Hintergründe zum Milchmarkt.

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