Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Den Umgang mit deutschem Atommüll zu klären ist wissenschaftlich und gesellschaftlich hoch komplex. Interessierte im Beteiligungsverfahren müssen sich in ihrer Freizeit in tausende Seiten geologische Fachinformationen einarbeiten. Dafür brauchen sie mehr Zeit und wissenschaftliche Unterstützung, doch beides gewährt das zuständige Bundesamt nicht. Es peitscht stattdessen ein unzulängliches Schnellverfahren durch, ohne Rücksicht auf die Ressourcen von Kommunen und Zivilgesellschaft. Hinzu kommen die aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie, die eine Zusammenarbeit weiter erschweren. Die Fachkonferenz Teilgebiete muss auf einen Zeitpunkt verschoben werden, an dem virtuelle Formate zumindest wieder durch Präsenzveranstaltungen ergänzt werden können. Bis dahin können rein digitale Veranstaltung zwar helfen, sich auf die Konferenz und Erörterung des Berichtes vorzubereiten, doch für die gesetzlich vorgesehene und gesellschaftlich notwendige Beteiligung reicht das nicht.“
Offene Fragen zum vorgelegten Zwischenbericht gibt es schon jetzt genügend. Eine Analyse im Auftrag des BUND zeigt, dass der vorliegende Zwischenbericht, den die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in drei Jahren erarbeitet hat, erhebliche Mängel aufweist. Da wesentliche gesetzliche Anforderungen nicht umgesetzt wurden, muss er als Vorstufe zum eigentlichen Zwischenbericht Teilgebiete gewertet werden – ein „Zwischen-Zwischenbericht“. So beruht er vor allem auf Referenzdaten und 3D-Modellen, also auf idealisierten Annahmen. Viele der ausgewiesenen Gebiete wurden mit ortsspezifischen geologischen Daten bewertet. Eine Aussage inwieweit sich die von der BGE als günstig bezeichneten Teilgebiete wirklich für ein Atommülllager eignen, lässt sich damit überhaupt nicht treffen. Selbst Geologische Landesdienste, welche die Daten geliefert haben, bezweifeln die adäquate Umsetzung des Anspruchs wissenschaftsbasiert zu sein. Doch auf dieser Grundlage arbeitet die BGE mit der Anwendung der vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen und den planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien parallel weiter und wartet dabei nicht einmal auf die Ergebnisse der Fachkonferenz Teilgebiete.
Edo Günther, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Atomenergie und Strahlenschutz, kritisiert: „Bei dieser Bewertung besteht die Gefahr, dass planungswissenschaftliche Kriterien, wie etwa der Abstand zur Wohnbebauung, deutlich zu früh und an der falschen Stelle zum Tragen kommen. Zunächst muss jedoch die echte Geologie als Sicherung des Atommülls an oberster Stelle stehen. Wir warnen dabei auch vor einer politischen Auswahl. Es darf kein zweites Gorleben geben. Stattdessen müssen alle Auswahlschritte und insbesondere die Ausweisung der Standortregionen für die übertägige Erkundung nachvollziehbar sein. Wir brauchen ab jetzt eine ‚gläserne BGE‘.“
Hintergrund:
Die Fachkonferenz Teilgebiete, die am kommenden Wochenende (05.02.-07.02.2021) erstmals formal zusammentritt, ist das erste gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsformat für eine breite Öffentlichkeit – nachdem BGE und BASE bereits seit drei Jahren an der Atommülllager-Suche arbeiten. Die Konferenz besteht aus Bürger*innen, Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen von Verbänden und Kommunen und soll den Ende September 2020 vorgelegten Zwischenbericht Teilgebiete bis Juni 2021 kommentieren. Von den zugrundeliegenden geologischen Daten ist aber bislang nur ein kleiner Teil öffentlich einsehbar. Inwieweit die Kommentare der Fachkonferenz in den weiteren Prozess einfließen, entscheidet dann die Vorhabenträgerin BGE. Diese arbeitet bereits jetzt am nächsten Schritt der Standortauswahl und grenzt Standortregionen zur übertägigen Erkundung weiter ein.
Weitere Informationen:
Die vom BUND in Auftrag gegebene Lesehilfe und die daraus entstandenen Stellungnahmen finden Sie unter: www.bund.net/lesehilfe-zwischenbericht
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