Shenzhen zählt zu den schnellst wachsenden Städten der Welt: Bis in die späten 1970er Jahre war die heutige Megacity nicht viel größer als ein Dorf. In nur wenigen Jahrzehnten entwickelte sie sich zur Millionenmetropole und zu einem Hightech-Zentrum mit elektronisch basierten Prozessen, die vom öffentlichen Nahverkehr über die Müllabfuhr bis hin zur Personenerkennung reichen. Das Urban Planning Museum vermittelt die städtebauliche Geschichte dieser futuristisch anmutenden Stadt. Es zeigt Shenzhen vital, geprägt von ständigem Wandel und Wachstum.
Unter dem Motto „Shenzhen is Vitality“ gliedert sich die Dauerausstellung in drei große Themenbereiche: „City Co-Existence”, „City Co-Construction” und „City Co-Wish”. Jedem Themenbereich ist eine Etage gewidmet. Gestalterisches Grundkonzept der Etagen ist ein Rastersystem – Sinnbild für den abstrakten Vorgang des Städtebaus. Innerhalb des Rasters nähern sich die Besucher immer stärker der Stadt an. Die „Shenzhen Lens“, eine beeindruckende, multimediale Installation mit 15 Metern Durchmesser, verbindet die Etagen und Inhalte vertikal. Sie hat ihren Platz im 50 Meter hohen Atrium des Gebäudes.
Im Bereich „City Co-Existence” betrachten die Besucher die Stadt Shenzhen zunächst aus der Entfernung. Eine weitläufige Bodengrafik veranschaulicht landschaftliche Zusammenhänge: die Küstenlinie und das umgebende Bergland. Weiße Modelle zeigen Landschaftsausschnitte. Sie vermitteln die Idee der abstrakt gedachten Stadtplanung in Bezug auf die vorgefundenen geografischen Gegebenheiten und Ressourcen. Augmented Reality erweckt die Modelle zum Leben: Die Landschaft verändert sich durch ihre Bewohner; Tiere beginnen sich zu regen und farbige Einspielungen motivieren, über ein Tablet weitere Informationen abzurufen.
Je weiter die Besucher in den Themenbereich vordringen, umso näher rücken sie an die Stadt heran: das Raster wird größer, die Fragen konkreter. Beispielsweise geht es um Fragen der Infrastruktur: Wie kann eine Millionenstadt mit ausreichend Strom und Wasser versorgt werden? Schließlich äußern sich die Stadtbewohner selbst zum Thema Co-Existence. Der dunkel gehaltene Raum „Space and Society“ bietet Interviews auf runden Displays. Sie sind verbunden durch weiße, im Raum verschränkte Linien – ein Symbol für die explosionsartige und durchaus experimentelle Entwicklung der Stadt.
Auch im zweiten Themenbereich nähern sich die Museumsbesucher der Stadt Shenzhen Schritt für Schritt an. Unter dem Aspekt „City Co-Construction” geht es um die konkrete Stadtplanung. Die Ausstellung stellt den Masterplan Shenzhens aus dem Jahr 1979 vor und stellt diesen in Bezug zum heutigen Erscheinungsbild der Stadt. In den Boden eingelassene Monitore erwecken den Eindruck, Shenzhen aus der Vogelperspektive zu betrachten. Sie sind in vier Reihen à sieben Bildschirme angeordnet und zeigen einzelne Aspekte der Planphasen 1986, 1996–2010, 2010–2020 und 2017–2035, beispielweise Anzahl und Verortung öffentlicher Grünflächen. Namhafte Stadtplaner teilen ihre Gedanken zum Masterplan mit den Museumsbesuchern. Ihre Video-Statements sind auf Stelen zu sehen.
Die Medienstationen im weiteren Verlauf der Ausstellung nehmen einzelne Viertel und Bezirke in den Blick. Es geht um deren Aufbau und die gesetzlichen Vorgaben, die dem Städtebau zu Grunde liegen. Das erworbene Wissen kommt dann bei einem Mini-Game zum Einsatz: Die Museumsbesucher bauen eine eigene Stadt, die bestimmte Kriterien erfüllen muss, beispielsweise ein ausgewogenes Verhältnis von Industriegebieten und Grünflächen. Zum Abschluss des Themenbereiches tauchen die Besucher ins Stadtbild ein und lernen die Megacity auf neue Weise kennen: Der Parcours führt sie vorbei an ikonischen Bauwerken, die in chronologischer Reihenfolge angeordnet sind – die Perspektive eines Stadtbesuchers, der durch die Historie reist.
Die dritte Ausstellungsebene präsentiert den Themenbereich „City Co-Wish“. Er behandelt – durchaus abstrakt – Ideen und Theorien rund um den Städtebau und spannt einen Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft. Die Ausstellungsgestaltung vermittelt den Wandel, in dem sich Shenzhen weiterhin befindet; einzelne Elemente erinnern an ein Baustellengerüst. Der Raum „Future Vision“ ermöglicht den Vergleich mit anderen Großstädten. Drei Meter hohe Stelen formen eine Skyline der berühmtesten Städte der Welt: London, Paris, Sidney und New York dienen der Inspiration.
Im Raum „City Imagination“ tauchen die Museumsbesucher in eine abstrakte Licht- und Soundlandschaft ein. Die künstlerische Installation nutzt aktuelle Wetterdaten Shenzhens wie Windstärke und Temperatur, die über einen Algorithmus umgewandelt werden. Ein immersives Erlebnis entsteht, das einlädt, sich über die Zukunft der Stadt Gedanken zu machen. In der farbenfroh gestalteten Kids Area können die kleinen Museumsbesucher ihre Ideen digital und mit Bauklötzen umsetzen. Sonderausstellungen widmen sich der stetigen Weiterentwicklung und dem Streben nach neuen und verbesserten städtebaulichen Ansätzen.
Die Shenzhen Lens, das Highlight der Ausstellung, fasst alle drei Stockwerke und Themenbereiche inhaltlich zusammen und visualisiert den Planungsprozess. Sie besteht aus drei „Ebenen“, die sich übereinanderlegen wie das Skizzenpapier eines Architekten. Die unterste Ebene bezieht sich auf den ersten Themenbereich und damit auf die landschaftliche Grundstruktur Shenzhens. Die zweite Ebene zeigt, wie die Stadt herausgebildet und in die Natur eingebettet wurde. Die dritte Ebene manifestiert sich in zahlreichen Bildschirmen, die über der Linse hängen. Auf ihnen können Museumsbesucher ihre Wünsche für die Stadt Shenzhen einspielen oder die Bewegungsströme der Stadt in Echtzeit verfolgen.
Stadtplanungsmuseen sind feste Institutionen jeder größeren Stadt Chinas. Sie richten sich nicht nur an die lokale Bevölkerung, sondern wollen ein internationales Publikum erreichen. ATELIER BRÜCKNER realisiert seit dem Jahr 2006 Projekte in China. Sie reichen vom Shanghai Auto Museum über den State Grid Pavillon auf der Expo 2010 bis hin zum Haier Home Appliance Museum in Qingdao, das im vergangenen Jahr eröffnet wurde.
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