Betrachtet man sich den geplanten aktuellen Gesetzentwurf, fühlt man sich stark an die beginnenden 1990er Jahre erinnert. Damals gab es zum Beispiel in Berlin einen angespannten Wohnungsmarkt, und auch damals wurde ein „Schuldiger“ ausgemacht: der Immobilieninvestor. Mit deutlich verschärften Vorgaben an Schall-, Wärme- und Feuerschutz wurde seinerzeit eine Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen praktisch unmöglich gemacht. Zwar wurde damit das Gewünschte durchaus erreicht – allerdings war der Preis dafür äußerst hoch und traf vor allem die Mieter selbst: Denn nun wurden aus Rentabilitätsgründen häufig eben auch notwendige Sanierungsmaßnahmen eingestellt. Der weitere Verfall der ohnehin vielfach maroden Bausubstanz war die Folge, und die Mieter, die in den oft zu „Löchern“ verkommenen Wohnungen der untergegangenen DDR leben mussten, waren die Leidtragenden. Immerhin: Die Mi ete blieb niedrig. Der Wohnkomfort aber auch. Das Gesetz wurde nach zwei Jahren wieder kassiert.
Nun also kommt diese Idee – trotz der damaligen negativen Auswirkungen – erneut auf den Tisch, angeregt von der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht von der SPD. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen soll quasi nicht mehr stattfinden. Juristisch gesehen handelt es sich bei dem neu einzuführenden § 250 des Baugesetzbuches zwar um einen Genehmigungsvorbehalt; es ist aber keine Dramatisierung, es ein „Umwandlungsverbot“ zu nennen. Denn faktisch werden Genehmigungen nur noch in den seltensten Fällen gewährt werden – und das ist ja das angestrebte Ziel.
Klientelpolitik, deren Preis andere zahlen
Wenn man genau hinsieht, zeigt sich, dass hier eine bestimmte Zielgruppe auf Kosten von anderen bevorzugt behandelt wird: Solch ein Gesetz schützt ausnahmslos die Bestandsmieter. Erschwert hingegen wird die Wohnungssuche für die Zuziehenden oder die mobilen Mieter, die umziehen wollen oder müssen. Diese einseitige Begünstigung hat jedoch noch weitere schädliche Nebenwirkungen: Sie stellt nicht nur einen massiven und bedenklichen Eingriff in die Eigentumsrechte dar, sondern geht auf Kosten der eigenen Vermögensbildung in Form von Wohneigentum – und damit zu Lasten einer sinnvollen Altersvorsorge. Das ist der Gipfel der Paradoxie: Die Bürger werden durch das Baukindergeld dazu angehalten, selbst zu nutzendes Wohneigentum zu erwerben. Gleichzeitig wird aber genau das durch ein Umwandlungsverbot wieder eingeschränkt.
Mit dieser Klientelpolitik, die den Schutz der Bestandsmieter geradeweg über die Interessen der Wohnungssuchenden, der potenziellen Eigentumserwerber und der Eigentümer stellt, konterkariert die SPD im Grunde ihr eigenes Vorhaben, es „allen Menschen [zu] ermöglichen, so zu leben, wie sie es möchten, ob in einer Mietwohnung oder den eigenen vier Wänden“, wie es auf der Website der Bundestagsfraktion der SPD heißt.
In einem Land mit einer der geringsten Eigentumsquoten in Europa sind solche Maßnahmen gar keine gute Idee! Nicht einmal die Hälfte der Bundesbürger lebt im Eigentum; und das, obwohl die eigene Immobilie das Risiko für Altersarmut laut einer aktuellen Bertelsmann Studie signifikant senkt. Wer als Rentner keine Miete mehr zahlen muss, hat einen höheren finanziellen Spielraum. Das niedrige Zinsumfeld würde einen Immobilienkauf an sich begünstigen, doch in Deutschland sind die Erwerbsnebenkosten sehr hoch. Kommt jetzt noch das Umwandlungsverbot, entsteht eine weitere Hürde für Mieter, zum Eigentümer zu werden. Gerade in Städten, in denen es kaum Häuser, sondern vor allem Wohnungen gibt, wird es für Privatleute nun kaum mehr möglich sein, Immobilien zu erwerben, wenn das Gesetz in Kraft tritt. Zumal die Kaufpreise für die Wohnungen in bereits aufgeteilten Häusern durch die Angebotsverknappung weiter s teigen werden – und damit auch die Mieten.
Natürlich sind die Interessen der Bestandsmieter wichtig! Sie dürfen nicht das Nachsehen haben, wenn ihre Mietwohnungen den Besitzer wechseln. Allerdings sind hier bereits Schutzmechanismen in Kraft: So kann dem Mieter in angespannten Wohnungsmärkten zum Beispiel erst zehn Jahre nach der Begründung von Wohnungseigentum gekündigt werden – und selbst das nur, wenn ein anerkannter Kündigungsgrund vorliegt.
Was also will dieser Vorschlag bezwecken, wenn er doch das Problem von bezahlbarem Wohnraum nicht löst, sondern im Grunde nur verschiebt? Wollen die Sozialdemokraten damit soziale Politik machen? Vielleicht sollte man dann einmal eine Begriffsbestimmung vornehmen: Meint „sozial“, den Bedürftigeren auf die Beine zu helfen (Chancengleichheit) oder meint es, dass jeder das Gleiche bekommen soll (Ergebnisgleichheit)? Bei Letzterem wird das Soziale unter der Hand schnell zum Sozialismus. Und genau der vernichtet Wohlstand und unterdrückt Rechte – das zeigt die Geschichte.
Gefährliche Botschaft – falsche Feindbilder
Wir müssen deshalb dringend aufpassen mit solchen einseitigen Ideen! Da schwingt der unterstellte Gegensatz vom „reichen Vermieter“ und dem „armen Mieter“ mit. Und von hier ist es nicht mehr weit zum Büchner‘schen Aufruf zur Revolution der vermeintlich Ausgebeuteten gegen die Unterdrücker. Doch die Realität sieht anders aus: Ein Gutachten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln ermittelte für Kleinvermieter in Deutschland im Schnitt Mieteinnahmen vor Steuern in Höhe von 8.900 Euro jährlich. Über die Hälfte der Vermieter kommt im Jahr auf weniger als 5.000 Euro und nur 20 Prozent auf über 10.000 Euro. Hier gibt es natürlich große Unterschiede zwischen Stadt und Land. Und dennoch zeigen solche Zahlen: Das Bild vom prinzipiell gierigen, reichen Vermieter ist im Grunde ein gern beschworener Mythos, den die Politik weiter am Leben erhält.
Doch die daraus entstehende Botschaft „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ ist fatal: Sie spaltet in die „gute Mietwohnung“ und die „böse Eigentumswohnung“ und befeuert ein ungutes Bild von Menschen, die Immobilien vermieten. Sie werden grundsätzlich zum Buhmann erklärt und in ihren Rechten massiv beschnitten. „Friede den Hütten – aber auch den Palästen!“ wäre hier eine unaufgeregte und deutlich vernünftigere Haltung. Um vor Verdrängung zu schützen und gleichzeitig Menschen in Eigentum zu bringen, könnte man den betroffenen Mietern zum Beispiel Nachrangdarlehen als Eigenkapitalersatz gewähren, damit sie die Wohnung selbst erwerben können.
Das Wohnraumproblem in den Ballungsgebieten nachhaltig und für alle Menschen zu lösen – das ist, das MUSS der Konsens sein. Leider kommt das bei den aktuellen Maßnahmen zu kurz. Anreize zur Schaffung von Bauland – auch über die Stadtgrenzen hinweg –, eine Beschleunigung der Planungsprozesse oder die Befreiung von der Grunderwerbssteuer beim Ersterwerb einer Immobilie wären hier weit sinnvollere Maßnahmen.
Eine faire und gesunde Entwicklung der Metropolregionen sollte das Ziel sein und nicht die reine Besitzstandswahrung von Bestandsmietern. Auch wenn diese eine wichtige Wählerschaft sein mag.
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