Schlechte Planungen der Vorhabensträger verursachen Verzögerungen – nicht die Umweltverbände

Der NABU kritisiert, dass bei der aktuellen Debatte um die Einschränkung des Verbandsklagerechts von Politikern latent Ursache und Wirkung verwechselt werden. Denn die Ursache für lange Verfahren sind im Regelfall nicht die Klagen der Umweltverbände, sondern die vorgelagerte schlechte Planung. „Würden Vorhabenträger einwandfrei planen und europäische und nationale Umweltgesetzgebung vernünftig beachten, bräuchten Umweltverbände nicht zu klagen und wären vor allem deutlich weniger erfolgreich. Was unserer Auffassung nach nicht geht: Eine umweltschädliche Planung auch noch dadurch zu legitimieren, dass man die Überbringer der schlechten Nachrichten mundtot macht“, sagt Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik beim NABU Hamburg. Das sei dann doch eher eine fragliche rechtsstaatliche Herangehensweise.

Gerade beim Thema des vom CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß kritisierten Verfahrens zur geplanten festen Fehmarnbeltquerung zeige sich der Wert des Verbandsklagerechts. Weil die angeblich so vorbildlich planenden staatlichen dänischen Vorhabenträger – wie üblich – selbst die Umweltgutachten für das gigantische Infrastrukturverfahren beauftragt haben, sei es nicht verwunderlich, dass die Ergebnisse im Sinne des Beauftragenden ausfallen. So tauchten bei dem umstrittenen Vorhaben wertvolle, artenreiche, seltene und damit europäisch streng geschützte Riffe in den finalen Umweltuntersuchungsunterlagen nicht mehr auf, obwohl sie in den Ursprungsunterlagen noch verzeichnet waren. „Man könnte annehmen, dass sei ein echt blöder Zufall. Möglich wäre aber auch, dass hier mit Billigung des Auftraggebers mit voller Absicht unbequeme ökologische Faktoren unterschlagen werden sollten. Wie auch immer, dieser Umstand führt jetzt, wie auch im Verfahren zur Elbvertiefung, unter Umständen zu einer Verlängerung des Verfahrens“, so Siegert. Denn aller Wahrscheinlichkeit müsse, wie im Elbe-Verfahren, nachgearbeitet werden. Dort wurden in rechtlich vorgeschrieben Untersuchungen die Auswirkungen auf zahlreiche Pflanzen- und Tierarten nicht hinreichend untersucht, was das Bundesverwaltungsgericht selbst aufdeckte. Allein dieser Umstand verlängerte das Verfahren um rund eineinhalb Jahre. Auch die A20 bei Bad Segeberg sei ein Paradebeispiel für staatliche Fehlplanung. Dort hat das Land sehenden Auges und mit Ansage der Umweltverbände streng geschützte Fledermäuse bei der Planung missachtet, ist in Leipzig beim Bundesverwaltungsgericht krachend gescheitert und habe so Jahre bei der Umsetzung verloren. „Schuld an den Verzögerungen sind vornehmlich die Vorhabenträger. Würden Gerichte oder Umweltverbände nicht so genau hinschauen, hätten wir eine noch stärkere Schädigung von Natur und Umwelt, die gegen geltendes Recht verstößt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das im Sinne von Politik und Gesellschaft ist“, so Siegert.

Die angeblich vielen Klagen von Umweltverbänden würden zudem durch eine aktuelle Kleine Anfrage der FDP im Bundestag widerlegt. Die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/19661) vom 23. Juni zu beklagten Planfeststellungsbeschlüssen ergab, dass in den letzten 10 Jahren von 239 Klagen gegen Bundesautobahnprojekte lediglich 20 von Umweltverbänden geführt wurden. Bei Schienenprojekten waren es noch weniger.

Umweltverbände setzen sich für eine Beschleunigung von Verfahren ein. Das bedeute jedoch eine frühe Beteiligung der Öffentlichkeit bereits in der Vorplanung und nicht zu einem Zeitpunkt, wo die Planung schon zu weit vorangeschritten ist. Um eine Beeinflussung des Vorhabenträgers auszuschließen, müssten Gutachten zu den rechtlich vorgeschriebenen Umweltuntersuchungen neutral vergeben werden. Am sinnvollsten wäre es nach Auffassung des NABU Hamburg, wenn sich Vorhabenträger und Umweltverbände gemeinsam auf Gutachter einigten. Auch Planfeststellungsbehörden müssten wirklich unabhängig sein. „Solange Planfeststellungsbehörden, die alle Unterlagen kritisch prüfen sollen, im Regelfall bei den Verkehrsministerien angesiedelt sind, ändert sich jedoch nichts. Denn wie unabhängig und kritisch kann ein Behördenmitarbeiter sein, wenn der der Behörde vorstehende Minister ein Projekt unbedingt haben will?“, fragt sich Siegert.

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