Sachkundenachweis für Ferkelerzeuger ersetzt die betriebliche Gefährdungsbeurteilung nicht

Ab dem 1. Januar 2021 ist die Ferkelkastration in Deutschland nur noch unter Betäubung erlaubt. Eine der zulässigen Methoden ist die Kastration unter Vollnarkose mit Isofluran.

Nachdem mittlerweile drei Geräte von drei Herstellern für die Isofluran-Narkose zur Ferkelkastration durch die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zertifiziert wurden und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dazu die "Verordnung zur Durchführung der Betäubung mit Isofluran bei der Ferkelkastration durch sachkundige Personen" (FerkBetSachkV) erlassen hat, steht die Anwendung der Methode unmittelbar bevor.

Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) warnt dennoch vor einer unkritischen Anwendung und macht darauf aufmerksam, dass auch mit Sachkundenachweis eine individuelle Abschätzung der Gefährdungen erforderlich ist.

Seit 2017 laufen Gespräche mit besorgten Landwirten bei der SVLFG auf, da die betroffenen Ferkelerzeuger eine zusätzliche Gesundheitsgefährdung durch die Isofluran-Narkose, die fortan innerhalb ihrer Stallungen stattfindet, befürchten. Das war Anlass genug für die SVLFG zu versuchen, arbeitsschutzrelevantes Schulungsmaterial in der Sachkundeschulung zu etablieren. Da die FerkBetSachkV jedoch ihre Grundlage im Tierschutzgesetz findet, wurde kein Platz für weitere Schulungsaspekte, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz betreffen, eingeräumt.

Aus Sicht der SVLFG wurde damit eine Chance versäumt, die Gefährdungen für den Anwender der Isofluran-Narkose bereits im Rahmen des Sachkundenachweises anzusprechen und auf geeignete Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Eine Checkliste, Informationen zu Lagerung und Entsorgung von Isofluran sowie eine Muster-Betriebsanweisung stellt die SVLFG im Internet unter www.svlfg.de/ferkel-kastration zur Verfügung.

Demzufolge muss die „sachkundige“ Person zusätzlich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) für Sicherheit bei der Anwendung der
Isofluran-Narkose sorgen. Die arbeitsschutzrechtliche Risikobetrachtung des Unternehmers schließt neben der Routineanwendung auch den Umgang mit dem Tierarzneimittel (Nachfüllen, Lagern, Entsorgen etc.), die Wartung des Geräts sowie den Filterwechsel am Gerät und vorhersehbare Fehlbedienungen mit ein. Demzufolge ist zum Beispiel ein drei- bis fünffacher Luftwechsel während des Narkosevorganges im Operationsraum stets zu gewährleisten. Betriebsindividuelle Besonderheiten bei dem neuen Arbeitsverfahren müssen erfasst werden und sind in einer Gefährdungsbeurteilung aufzunehmen, um Restrisiken zu erkennen und senken zu können. Nur so können die Unternehmer der Verantwortung für den Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten in der Ferkelerzeugung nachkommen, die ihnen durch das ArbSchG auferlegt wird. Eine rein tierschutzrechtlich ausgelegte Sachkunde erfüllt diese Verpflichtung nicht.

Die SVLFG bietet daher eine betriebsspezifische Beratung für interessierte Tierhalter als Unterstützung für die Beurteilung der Gefährdungen im Rahmen der Isofluran-Narkose auf Anfrage an.

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