Seit 20. Mai haben Sie wieder geöffnet. Wie waren die ersten sieben Tage der Wiedereröffnung?
Wir hatten insgesamt in der ersten Woche nach dem Shutdown drei richtige Öffnungstage, an denen wir ab 16 Uhr geöffnet hatten und sich die Leute ihre Drinks abgeholt haben – mit oder ohne Vorbestellung. Ab 18 Uhr war dann die Bar geöffnet und wir konnten endlich wieder Gäste in der Tin Tin Bar empfangen. Das war schön und tat sehr gut! Samstag war der Barbetrieb geschlossen, weil wir ab 19 Uhr ein Online-Gin-Tasting für unsere Gäste veranstaltet haben. Insgesamt lief die Wiedereröffnung sehr gut! Jeden Tag war die Bar voll, kein freier Platz – d. h. jetzt in Coronazeiten besetzen wir anstatt 70 Plätzen maximal 35. So gewähren wir den Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Tischen. Außerdem dürfen nur Leute aus maximal zwei Haushalten an einem Tisch Platz nehmen. Weitere Gäste, die auch gern zu uns in die Bar wollten, haben sich über to-go-Drinks gefreut. Aber wer rechtzeitig reserviert, bekommt ganz sicher beim nächsten Mal einen Platz! Einige Gäste kamen sogar aus Ludwigsburg, Göppingen oder auch Schwäbisch Gmünd zu uns nach Stuttgart. Weil im Umkreis von 50 Kilometern keine Bar geöffnet hat, nehmen einige Leute eine lange Anfahrt in Kauf. Neue Gäste gab es in der ersten Woche nur zwei, ansonsten haben uns unsere Stammgäste besucht.
Wie klappt es mit den Verhaltensregeln?
Gut! Masken tragen in der Bar, das müssen nur wir als Betreiber. Abstand halten die Gäste. Einen Desinfektionsspender haben wir im Eingangsbereich positioniert. Die meisten Gäste benutzen ihn. Manchmal ist es beim ersten Wiedersehen komisch. Wenn du gewohnt bist, dich zur Begrüßung zu umarmen und es jetzt nicht darfst, ist das schon seltsam. Einige Stammgäste hatten sogar Tränen in den Augen, als sie uns wieder gesehen haben. So nach dem Motto ‚Gott sei Dank, seid ihr wieder da‘. Und es gibt einen neuen Zusammenhalt oder zumindest ein erhöhtes Bedürfnis zu kommunizieren. Gäste, die sich nie vorher unterhalten haben, haben sich plötzlich richtig viel zu erzählen. Vielleicht eine Art Therapie. Ich denke wir sind doch systemrelevant! Also, alles in allem waren alle Gäste sehr dankbar. Eigentlich hat nur noch der Applaus gefehlt. Mein Partner und ich haben uns in die Zeit zurückversetzt gefühlt, als wir die Bar neu eröffnet haben. Damals war alles so aufregend und wir waren einfach nur glücklich. Das Gefühl ist jetzt wieder da!
Wie einsichtig sind die Gäste, wenn Sie ihnen sagen, sie sollen Abstand halten?
Sehr! Wie gesagt, es ist ab und zu am Anfang komisch, weil man den Reflex hat, sich umarmen zu wollen, gerade nach so langer Zeit. Aber Abstand halten geht in der Bar. Da komme ich schon mal mit dem Zollstock und messe nach, wenn es sein muss!
Wie registrieren Sie die Gäste und wie bereitwillig sind sie, ihre Daten preiszugeben?
Wir führen eine Liste auf der ich Datum und Ankunftszeit, Vor- und Nachname und die Telefonnummer vermerke. Die meisten sind gut vorbereitet und würden mir auch ihren Ausweis zeigen, wenn ich ihn wollte. Also sehr behilflich.
Wer zahlt bei einem Verstoß?
Ein Konzept von der Politik für die Bars. Ich wünsche mir, dass die sieben Prozent Besteuerung auch für Getränke und nicht nur für Lebensmittel gilt. Und wenn die Einzelhändler, Schulen und Restaurants öffnen, dann können auch wir vorsichtig wieder den Betrieb aufnehmen. Abstandsregeln einzuhalten und Hygienemaßnahmen zu beachten, ist möglich! Wenn wir nicht in absehbarer Zeit für unseren Unterhalt arbeiten dürfen, wird es viele Bars bald nicht mehr geben. Zumal die Beschaffung finanzieller Mittel, sei es direkt vom Staat oder durch Kredite bei Banken, für unsere Branche extrem schwierig bis nahezu aussichtslos ist Wir als Betreiber. Aber wie gesagt, alle sind sehr vorsichtig und ich sehe keinen Grund zur Sorge.
Wie viel Mehraufwand entsteht durch die Hygieneregeln im laufenden Betrieb?
Es war einmalig etwas Aufwand alles vorzubereiten: einen Spender für Händedesinfektion im Eingangsbereich zu organisieren und aufzustellen und die Listen vorzubereiten. Aber jetzt im laufenden Betrieb brauche ich etwa zehn Sekunden am Eingang zum Datenaufnehmen. Und da wir viel weniger Gäste haben, hält sich das in Grenzen. Was anstrengend ist für uns, ist mit Maske zu arbeiten. Wir versuchen so oft es geht, den Barraum zu verlassen und durchzuatmen.
Wie ist die Doppelbelastung: Barbetrieb und Abholservice?
Es kommt darauf an. Da wir „nur“ Mittwoch bis Samstag geöffnet haben, können wir uns an den anderen Tagen gut vorbereiten und Dinge erledigen, wie einkaufen gehen oder Flaschen spülen und Premixes zubereiten. Wir sind froh, dass wir wieder arbeiten dürfen!
Wie schlägt sich die Wiedereröffnung im Umsatz nieder? Machen Sie nun mehr Umsatz?
Wie viel entfällt auf Barbetrieb und wieviel auf Abholservice?
Der Verkauf der bottled Drinks ist zurückgegangen. Das liegt sicher daran, dass viele Leute wieder ins Restaurant gehen und dort auch Getränke zu sich nehmen. Einige Restaurants haben ihre Getränkekarte erweitert und bieten ihren Gästen jetzt mehr Vielfalt. In der Bar machen wir mittlerweile zwei Drittel unseres Umsatzes. Insgesamt ist er stabil geblieben, verglichen mit den letzten sechs Wochen. Kommende Woche werden es wahrscheinlich weniger Gäste werden, weil viele unserer Stammgäste gleich in der ersten Woche da waren. Aber die Pfingstfeiertage werden sicherlich stark werden. Ganz genau kann man das aber nie vorhersagen – Gastronomie halt!
Was wollen bzw. müssen Sie an Ihrem Konzept ändern?
Unser Konzept läuft gut, so wie es ist. Bis zu den Betriebsferien im August behalten wir unsere Vier-Tage-Woche bei: mit Barbetrieb und to-go-Geschäft mit Mehrwehgbechern und mit unseren bottled Drinks. Das Pfand- bzw. Belohnungssystem, das wir dank dem Meiko Flaschenspülkorb einführen konnten, wird sehr gut angenommen. Nach der Sommerpause werden wir die Nachfrage nach Cocktails in Flaschen hauptsächlich über unseren Shop abwickeln und freuen uns dann wieder auf unsere Gäste in unserer Bar.
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