- Deutscher Markt im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen als robuster einzuschätzen
- Negative Auswirkungen von COVID-19 auf Weltwirtschaft und Immobiliensektor führen zu deutlicher Eintrübung der Investoren- und Mieterstimmung
- RICS-Stimmungsindizes „Occupier Sentiment Index” und „Investor Sentiment Index” verzeichnen jeweils Rückgänge von 28 Punkten bzw. 24 Punkten im weltweiten Durchschnitt.
- Investoren und Mieter gehen von weiterer Verschlechterung der Rahmenbedingungen aus – Erwartungen für Mietpreis- und Kapitalwertentwicklung in den nächsten 12 Monaten sacken deutlich ab
- Größter Vertrauensverlust im Bürosektor aufgrund sich verändernder Arbeitsmodelle
- RICS ruft in diesen Krisen-Zeiten Mieter und Vermieter zur Kooperation auf
Laut dem RICS Global Commercial Property Monitor für das erste Quartal 2020 hat die Corona-Krise einen deutlichen Stimmungseinbruch unter Investoren und Mietern zur Folge.
In 33 von 34 untersuchten Ländern wurde in den vergangenen drei Monaten eine Verschlechterung des Mietervertrauens beobachtet, was sich in diesen Ländern nun auch in negativen Indexwerten niederschlägt. So verzeichnet der von der RICS erstellte Mieterindex „Occupier Sentiment Index (OSI)” im weltweiten Durchschnitt und im Vergleich zum vierten Quartal 2019 einen Rückgang von 28 Punkten auf einen aktuellen Durchschnittswert von -27 Punkten.
Auch das Stimmungsbild unter Investoren hat sich in allen Ländern deutlich eingetrübt. Der von der RICS erstellte „Investor Sentiment Index (ISI)”, der die Investorenstimmung abbildet, ist mit Ausnahme von drei Ländern in den negativen Bereich gerutscht. Im Durchschnitt aller beobachteten Länder wurde ein Rückgang von 24 Punkten im Vergleich zum Vorquartal auf einen durchschnittlichen Wert von -18 Punkten verzeichnet.
Negativtrend auf dem Immobilienmarkt könnte sich fortsetzen
Investoren und Mieter sehen noch keine Trendwende hinsichtlich der Auswirkungen auf den Immobiliensektor. Die zukunftsgerichteten Kennzahlen deuten auf einen weiteren deutlichen Stimmungseinbruch hin. Der Wert für die erwartete Miet- und Kaufpreisentwicklung in den kommenden 12 Monaten ist im Vergleich zum Vorquartal um über 50 Punkte gefallen.
Dynamische Märkte am stärksten betroffen
Länder, die vor der Corona-Krise rasant steigende Wachstumsprognosen vorzuweisen hatten, müssen nun die deutlichsten Stimmungseinbrüche hinnehmen. In Portugal (-90), Griechenland (-89) und Ungarn (-88) wurden die stärksten Veränderungen der erwarteten Kaufpreisentwicklung verzeichnet. In Hongkong, wo der Immobilienmarkt aufgrund politischer Unruhen bereits unter Druck stand, fiel dieser Wert hingegen um lediglich 13 Punkte im Vergleich zum Vorquartal. Die USA (-72 Punkte), Japan (-67), Indien (-60), Singapur (-65), Frankreich (-58) und Deutschland (-56) verzeichneten jeweils besonders starke Rückgänge. Vergleichsweise moderate Veränderungen wurden in den Niederlanden (-38), den Vereinigten Arabischen Emiraten (-31), Großbritannien (-30) und der Schweiz (-27) beobachtet, was zum Einen auf die unterschiedliche Ausbreitung des Virus und zum Anderen auf den Umfang der staatlichen Ausgangsbeschränkungen in den einzelnen Ländern zurückzuführen ist.
Bürosegment erleidet stärksten Stimmungseinbruch aufgrund sich verändernder Arbeitsstrukturen
Die Ergebnisse unterscheiden sich je nach Immobiliensegment. Im Einzelhandel sind die Folgen der weltweiten Ausgangssperren am deutlichsten spürbar, der Bürosektor muss jedoch die stärkste Eintrübung des Marktklimas hinnehmen. Dies gilt sowohl für den OSI als auch für den ISI mit Rückgängen von jeweils 35 bzw. 29 Punkten.
Die Ergebnisse für das Industriesegment rutschten zwar ebenfalls in den negativen Bereich, insgesamt waren die Verluste aber weitaus moderater. Einzelberichte von Befragten bestätigen den aktuellen Trend. So geht man davon aus, dass sich flexible Arbeitskonzepte aufgrund der Corona-Krise schneller durchsetzen werden, was insbesondere negative Folgen für die Nachfrage nach Büroflächen haben dürfte. Zudem wird die Beschleunigung des strukturellen Wandels durch den Onlinehandel und eine damit verbundene Nachfragesteigerung bei erstklassigen Logistikflächen thematisiert.
Simon Rubinsohn, RICS Chief Economist: „Es war davon auszugehen, dass sich COVID-19 negativ auf die Stimmung im Gewerbeimmobiliensektor auswirken würde. Der Vertrauensverlust fällt jedoch stärker aus als erwartet. Die Stimmung unter Investoren und Mietern leidet zudem unter der Tatsache, dass die Folgen der Krise für Unternehmen und Wirtschaft noch nicht vollständig absehbar sind. Eine schnelle Erholung ist somit nach Ansicht der Befragten ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der allmählichen Lockerung von Ausgangsbeschränkungen werden staatliche Unterstützungsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung für die weltweite Konjunkturerholung sein.
Zudem rufen wir in diesen Krisen-Zeiten sowohl Mieter als auch Vermieter zur Kooperation auf, um die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus den aktuellen Umständen ergeben.
Die Corona-Krise hat sich nun endgültig zu einer Wirtschaftskrise entwickelt, und wir rechnen mit langfristigen strukturellen Veränderungen infolge der Pandemie. Die Auswirkungen auf den Einzelhandel durch das veränderte Verbraucherverhalten im Zuge der Ausgangssperren sind bereits deutlich geworden und das mobile Arbeiten wird den Blick auf Büroflächen nachhaltig verändern. Auch das beschleunigte Wachstum des Onlinehandels und die Neuausrichtung der weltweiten Lieferketten infolge der Krise dürften sich auf die Investitionsdynamik auswirken.“
Deutscher Markt im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen als robuster einzuschätzen
Aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus haben auch in Deutschland die Rahmenbedingungen im ersten Quartal 2020 gegenüber den Vorquartalen deutlich verschlechtert. Die Stimmungsindizes für Mieter und Investoren, denen eine Reihe von zusammengesetzten Indikatoren zur Messung der Marktdynamik zugrunde liegen, fielen seit Jahresbeginn jeweils um 17 bzw. 4 Punkte. Dabei handelt es sich um den ersten Indexrückgang seit zehn Jahren, was auf eine gedämpfte Dynamik auf dem Mietmarkt und eine leichte Abkühlung des Investitionsmarktes schließen lässt.
Die Prognosen für deutsche Gewerbeimmobilien wurden zwar gegenüber den Vorquartalen deutlich nach unten korrigiert, der deutsche Markt ist jedoch im Vergleich zu vielen anderen Industrienationen als robuster einzuschätzen. Dies ist wohl auf die zugrunde liegende Angebots- und Nachfragestruktur zurückzuführen.
Trotz der Abkühlung der Mieter- und Investorennachfrage ist ein größerer Einbruch bisher ausgeblieben. Ein differenzierteres Bild ergibt sich beim Blick auf die Marktsegmente. So verzeichnete die Nachfrage nach Einzelhandelsimmobilien, die sich bereits seit sechs Quartalen rückläufig entwickelt, im ersten Quartal 2020 einen noch deutlicheren Rückgang.
Im Gegensatz dazu entwickelte sich die Nachfrage nach Büroimmobilien seitens Mietern und Investoren im ersten Quartal nahezu unverändert. Die Nachfrage nach Industrieobjekten verzeichnete einen leichten Anstieg. Insbesondere der Investmentmarkt profitiert von der abfedernden Wirkung des Mangels an verfügbaren Immobilien.
Auch die dreimonatigen Miet- und Kapitalwertprognosen zeigen ähnliche Unterschiede bei den Marktsegmenten. Während die Corona-Krise den Wertverlust bei Einzelhandelsimmobilien zu beschleunigen scheint, verzeichnet der Bürosektor einen weitaus moderateren Rückgang. Der Markt für Industrieimmobilien befindet sich hingegen in einer Warteposition.
Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorstandsvorsitzende der RICS Deutschland: „Auch wenn Deutschland im internationalen Kontext noch robuster erscheint und von der bisherigen Rolle als ´sicherer Hafen´ profitiert, sind die kurzfristigen Folgen deutlich zu spüren und das Vertrauen der Marktteilnehmer wird auf die Probe gestellt. Hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen ist zu befürchten, dass diese weitaus gravierender auf Angebot und Nachfrage durchschlagen, als alles, was wir bisher gesehen haben.“
Die RICS wurde 1868 in Großbritannien gegründet und erhielt 1881 die königliche Charter. Heute ist sie eine weltweit tätige Berufsorganisation, die über 130.000 Immobilienexperten rund um den Globus repräsentiert. Die RICS steht für die professionelle Berufsausübung in sämtlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft, über alle Nutzungsarten hinweg. Sie regelt und fördert den Berufsstand auf der Grundlage hoher fachlicher Standards und einer strengen Berufsethik. Die RICS in Deutschland, 1994 in Frankfurt am Main gegründet, nimmt eine führende Position in Kontinentaleuropa ein. Viele herausragende, engagierte Persönlichkeiten der hiesigen Immobilienwirtschaft zählen zu ihren rund 1.800 Mitgliedern. Mit einer Strategie, die die Stärken einer international renommierten Organisation in Einklang mit lokalen Markterfordernissen bringt, bildet der deutsche Nationalverband die Speerspitze des dynamischen Wachstums in der Region.
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