Seit dem Jahr 2000 haben die Haushaltsnettoeinkommen real um insgesamt rund zwölf Prozent zugelegt. Seit 2013 profitieren davon fast alle Einkommensgruppen, seit 2015 auch die untersten zehn Prozent der Einkommensverteilung (unterstes Dezil). Nach einem deutlichen Anstieg der Einkommensungleichheit während der Jahre hoher Arbeitslosigkeit 2000 bis 2005, stagniert nun die Ungleichheit. Auch der Anteil der BezieherInnen von Niedrigeinkommen hat sich stabilisiert, in einigen Altersgruppen schrumpft er seit 2009 sogar. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zur Einkommensentwicklung, die sich auf die Zeit vor der Corona-Pandemie bezieht.
„Deutschland hat in den vergangenen Jahren viele Krisen und Herausforderungen gut bewältigt. Selbst die Finanzmarktkrise hat kaum lang anhaltende negative Effekte auf die Einkommensniveaus und die Verteilung der Einkommen in Deutschland gehabt.“ Markus M. Grabka
Kurzarbeitergeld ist zentral zur Abfederung der Auswirkungen durch die Corona-Krise
Wie sich der Shutdown und die schweren Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Einkommensverteilung niederschlagen, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht prognostizieren. „Deutschland hat in den vergangenen Jahren viele Krisen und Herausforderungen gut bewältigt. Selbst die Finanzmarktkrise ab 2008 mit dem stärksten wirtschaftlichen Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg hat kaum lang anhaltende negative Effekte auf die Einkommensniveaus und die Verteilung der Einkommen in Deutschland gehabt“, stellt Studienautor Markus M. Grabka fest. „Staatliche Unterstützungsleistungen wie das Kurzarbeitergeld haben damals die Auswirkungen auf die Einkommensverteilung abfedern können und werden auch in der jetzigen Krise eingesetzt. Sollten die mit der aktuellen Corona-Krise notwendigen Einschränkungen sich nicht zu lange hinziehen, könnten sich mithilfe dieser Maßnahmen die negativen Folgen auf die Einkommensverteilung der Privathaushalte in Grenzen halten.“
Niedrigeinkommensquote stabilisiert sich
Zusammen mit seinem Kollegen Jan Goebel untersucht Grabka jährlich die Einkommensverteilung anhand von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Bei der Untersuchung des vergangenen Jahres zeigte die Ungleichheit noch Anzeichen für einen steigenden Trend, der sich aber durch die aktuellen Zahlen nicht bestätigt. Stieg der Gini-Koeffizient als Standardmaß der Ungleichheit (der Wert 1 steht für die höchstmögliche Ungleichheit) bis zum Jahr 2005 bei den Haushaltsnettoeinkommen deutlich an, schwankt er seitdem bei einem Wert um 0,29.
Der Anteil an BezieherInnen von Niedrigeinkommen stagniert seit einigen Jahren. Lag der Anteil derjenigen, die weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens erwirtschafteten, im Jahr 2000 bei elf bis zwölf Prozent, stieg dieser Wert bis 2015 auf insgesamt mehr als 16 Prozent und hat sich dort stabilisiert.
Starke Zuwanderung treibt Niedrigeinkommensquote nur in Bevölkerung mit Migrationshintergrund
In den Jahren der starken Zuwanderung ab 2010 ist in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund der Anteil mit Niedrigeinkommen nicht gestiegen. Im Gegenteil: In fünf von neun Altersgruppen fällt die Niedrigeinkommensquote seit 2009 sogar, und zwar bei Kindern und jungen Erwachsenen bis zu 24 Jahren, bei 45- bis 54-Jährigen und bei der Altersgruppe der über 75-Jährigen. „Bei den Kindern und Jugendlichen dürfte sich die verbesserte Arbeitsmarktlage in Form höherer Löhne der jeweiligen Eltern positiv ausgewirkt haben“, erklärt Markus M. Grabka.
Anders verhält es sich bei der Bevölkerung mit direktem Migrationshintergrund: Mit zunehmender Zuwanderung steigt die Quote von 25 auf 30 Prozent. Lediglich bei Personen, die älter als 55 Jahre sind, sinkt sie. Bei Kindern und jungen Erwachsenen – also den Altersgruppen, die primär in den letzten Jahren nach Deutschland zugewandert sind – hingegen nimmt sie deutlich zu. „Inzwischen zeigen sich erste Erfolge bei der Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, dennoch bedarf es angesichts der hohen Niedrigeinkommensquote bei Personen mit direktem Migrationshintergrund weiterhin Anstrengungen wie Qualifizierung und Sprachtraining“, meint Jan Goebel. Dies könne und müsse vor dem Hintergrund eines absehbar sinkenden Erwerbspersonenpotentials auch gelingen.
Links
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin)
Mohrenstraße 58
10117 Berlin
Telefon: +49 (30) 89789-250
Telefax: +49 (30) 89789-200
http://www.diw.de
Telefon: +49 (30) 89789-252
Fax: +49 (30) 89789-200
E-Mail: presse@diw.de