Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. begrüßt die überwiegend gelungene Notfallgesetzgebung, sieht jedoch die Gefahr, dass die aktuelle Krise dazu missbraucht wird, die Aktionärsrechte z. B. durch eine Änderung des Aktiengesetzes (AktG) dauerhaft und nachhaltig zu beschneiden. Daher fordert die SdK, dass die derzeitige gesetzliche Regelung zur Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung (HV) nicht nur ausschließlich für die Hauptversammlungen im Jahre 2020 gilt, sondern auch zwingend die vollständige Ausübung aller Aktionärsrechte wie bei einer Präsenz-HV auch im Rahmen einer virtuellen HV bereits in der aktuellen Hauptversammlungsperiode 2020 zu gewährleisten ist.
Wenn der Gesetzgeber die virtuelle HV über den „Notfall“ hinaus für Gesellschaften ermöglichen möchte, darf das nach Meinung der SdK nur über eine entsprechende Satzungsermächtigung des jeweiligen Unternehmens erfolgen, die zudem die Ausgestaltung dieser HV-Form, u. a. die Festlegung von Ausnahmebereichen sowie der Art und Weise der Ausübung aller Aktionärsrechte, bestimmt. An die Ausgestaltung einer virtuellen HV stellt die SdK zudem bereits jetzt folgende grundlegende Anforderungen:
1. Jeder zur HV angemeldete Aktionär muss analog zu einer Präsenz-HV die Möglichkeit haben, bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Aussprache und des Eintritts in die Abstimmungen sein Abstimmungsverhalten elektronisch zu ändern oder abzugeben. Nur so kann der Aktionär den Verlauf der Hauptversammlung in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen.
Die Festlegung des Abstimmungszeitpunktes darf nicht dem Belieben der Verwaltung überlassen bleiben, da sonst die Entscheidungsfindung der Aktionäre eingeschränkt werden könnte.
2. Für die virtuelle HV fordert die SdK analog zur Präsenz-HV einen elektronischen bzw. virtuellen Wortmeldetisch, um damit auch weitere Aktionärsrechte (z. B. Gegenanträge, Anträge zur Geschäftsordnung etc.) zu ermöglichen. Denn für die unter Punkt 1 angesprochene Abstimmungsentscheidung ist wiederum das Auskunftsrecht des Aktionärs ganz wesentlich. Dieses kann nur auf der HV eingefordert werden und ist essenziell für die Beurteilung der Vermögensposition des Miteigentümers.
Keinesfalls darf die Auskunft auf Fragen in das Ermessen des Vorstandes gestellt werden, sofern dieses Ermessen über den § 131 AktG hinausgeht, der das Auskunfts- und Fragrecht bisher regelt. Jede Beschränkung des Fragerechts, z. B. über Einreichungsfristen vor dem HV-Termin, ist ebenfalls abzulehnen. In beiden Fällen würde sonst eine inakzeptable Einschränkung bestehender Aktionärsrechte erfolgen und könnte von der Verwaltung Einfluss auf die Abstimmungsentscheidung genommen werden.
3. Die SdK fordert außerdem, dass die Gesellschaften grundsätzlich für die HV-Übertragung bis zum Aktionär haften, also insbesondere für eine ausreichende Leitungskapazität und technische Funktionsfähigkeit Sorge tragen. Die bei einer Präsenzhauptversammlung zugewiesenen Risikosphären dürfen nicht zulasten der Aktionäre verschoben werden.
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