Herr Tittes, wie erklären Sie den aktuellen Einbruch an den Aktienmärkten?
Viele Aktienverkäufe der vergangenen Tage kamen vor allem von ETFs und computergestützten Handelsstrategien mit automatisierten Stop&Loss Marken, die mit einer hohen Abverkaufsgeschwindigkeit einen sich selbstverstärkenden Abwärtszyklus in Gang gesetzt haben, dem die normalen Anleger und Vermögensverwalter so schnell gar nicht folgen konnten. Es macht auf dem aktuellen Niveau jetzt keinen Sinn noch seine Aktien zu verkaufen, da es sich unserer Überzeugung nach hier um eine vorübergehende Krise am Aktienmarkt handelt. Anleger, die in den letzten Tagen ihre Fonds verkauft haben oder jetzt noch verkaufen wollen, die verpassen garantiert den Wiedereinstieg, wenn die Aktienmärkte genauso schnell wieder nach oben wegziehen. Die Kurskorrektur ist aus unserer Sicht aktuell vor allem psychologisch angstgetrieben gewesen und fundamental in der Höhe nicht unbedingt gerechtfertigt. Viele Qualitätsaktien sind jetzt zu deutlich günstigeren KGVs unter ihrem fairen Wert zu haben. Deswegen sehen wir auch jetzt keinen Grund für einen Ausstieg am Aktienmarkt. Das Gegenteil ist der Fall, jetzt sollte man Aktienfonds einsteigen.
Konnte man mit einem solchen Börseneinbruch vor drei Wochen rechnen?
Wenige Fondsmanager und Anleger haben noch vor drei Wochen mit einer solchen Endzeitstimmung und kurzfristigen Ausverkauf bei Aktien gerechnet. Viele Anleger, Fondsmanager, Vermögensverwalter und auch institutionelle Anleger sind durch den „Schwarzen Schwan“ Coronavirus auf dem falschen Fuss erwischt worden und haben aktuell Verluste in den Depots zu verzeichnen. Doch die konnten deutlich abgefedert werden, sofern die Depots auf verschiedene Anlageklassen rechtzeitig breit gestreut wurden.
Wie kam es zu diesem drastischen Einbruch am Aktienmarkt in dieser Woche?
Ja tatsächlich hatte es die vergangene Woche in sich, sie begann mit einer bösen Überraschung am Sonntag, mit der keiner rechnen konnte. Saudi Arabien erhöhte mutwillig die Ölproduktion, nachdem die OPEC sich am Freitag zuvor mit Russland nicht auf eine Reduzierung der Fördermengen einigen konnte. Damit traf ein Überangebot an Öl auf eine geringere Ölnachfrage, der aufgrund des Öl-Nachfrageschocks durch den Ausbruch des Coronavirus entstanden ist. Der Öpreis brach um -40% ein, was die Aktien der Unternehmen aus dem Ölsektor weltweit erstmal auf Talfahrt schickte. Am Donnerstag kam es dann nochmals zu einem aussergewöhnlichen Aufeinandertreffen von zwei negativen Nachrichten für Anleger, die bereits vorher durch den Coronavirus und den Ölpreisschock vom Anfang der Woche in Angst und Schrecken versetzt waren. Der US-Präsident verhängte ein Einreiseverbot für EU-Bürger und traf damit die weltweite Luftfahrt- und Reiseindustrie erheblich im Mark. Die Kursverluste an den Aktienmärkten daraufhin waren verständlich. Anschliessend hofften die Anleger am Donnerstag vergeblich auf eine Zinssenkung der EZB, diese Erwartung erfüllte sich nicht. Die Kurse rutschten daraufhin dramatisch in den Keller und führten zum höchsten Tagesverlust im DAX seit Bestehen.
Ist die aktuelle Panik gerechtfertigt bei Anlegern und soll man jetzt noch verkaufen?
Die Volatilität und Panikstimmung an den Kapitalmärkten haben sich in den vergangenen zwei Wochen schrittweise bis zu einem historischen Höchstniveau entwickelt, das der Panik zum Höhepunkt der Finanzkrise 2008 entsprach und auf Tagesbasis teilweise sogar darüber lag. Am vergangenen Donnerstag den 12.03.2020 notierte der Volatilitätsindex VIX zum breitgestreuten amerikanischen S&P 500 Aktienindex auf Tagesbasis sogar höher als zu den schlimmsten Zeiten der Lehmann Pleite 2008. Das deutet auf eine extreme Ausnahmesituation der Börse in der vergangenen Woche hin.
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