Hantavirus: Droht 2020 eine erhöhte Infektionsgefahr?

Das Hantavirus ist weltweit gefürchtet und auch in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Über die genaue Entwicklung der Hantavirus-Fälle seit 2001 informieren Übersichtskarten, die Proplanta jetzt online gestellt hat.

Laut aktuellen Zahlen des Robert Koch Instituts (RKI) haben sich in 2020 bislang 29 Menschen mit dem Hantavirus infiziert. Ein deutlicher Anstieg der Hantavirus-Infektionen dürfte demnächst zu verzeichnen sein.

Zu den natürlichen Wirten der Hantaviren zählen verschiedene Nagetiere, insbesondere Mäuse und Ratten. In jüngster Zeit wurden aber auch neue Hantaviren in bisher unbekannten Reservoirwirten wie Spitzmäusen, Maulwürfen und Fledermäusen nachgewiesen. Hantaviren sind weltweit verbreitet. Sie zählen zu den meldepflichtigen Krankheiten.

Die Übertragung der Hantaviren auf den Menschen erfolgt meist indirekt über die Atemwege durch Inhalation von aufgewirbeltem, virushaltigem Staub. Weiterhin kann auch durch Tröpfcheninfektion (verunreinigte Lebensmittel) und durch den Kontakt der verletzten Haut mit kontaminiertem Staub oder auf direktem Weg durch Bisse oder nach dem Kontakt mit lebenden oder toten Nagetieren bzw. deren Ausscheidungen eine Ansteckung erfolgen.

Hantaviren befinden sich im Speichel, Urin und Kot von Nagern. Die Viren bleiben außerhalb des Wirtes, auch im getrockneten Zustand, noch bis zu zwei Wochen infektiös und können das ganze Jahr über auftreten. Eine erhöhte Infektionsgefahr besteht zwischen April und September.

Je nach Virustyp, können Hantavirus-Infektionen beim Menschen schwerwiegende Erkrankungen verursachen. Typische Krankheitsverläufe sind abrupt einsetzendes Fieber, das über 3-4 Tage anhält und oft von unspezifischen, grippeähnlichen Symptome wie Kopfschmerzen und Myalgien begleitet wird. Hämorrhagische Verläufe, mit akuten Nierenversagen, sind eher selten (< 1%). Eine überstandene Infektion führt vermutlich zu einer lebenslangen, Virustyp-spezifischen Immunität. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung von Hantaviren ist bei den in Europa vorkommenden Virustypen nicht möglich.

Da derzeit  weder ein zugelassener Impfstoff noch eine spezifisch gegen das Virus gerichtete Therapie zur Verfügung steht, zählt die Expositionsprophylaxe zur wichtigsten Maßnahme, um eine Hantavirus-Infektionen zu vermeiden.

Aus Studien ist bekannt, dass das Vorkommen von Hantavirus-Infektionen beim Menschen eng mit der Populationsgröße der Nagetiere, die das Reservoir für diese Zoonose darstellen, korreliert.

In Deutschland werden die meisten der humanen Hantavirus-Fälle durch das von der Rötelmaus (Myodes glareolus) übertragene Puumalavirus verursacht. Reservoirwirt für den in Deutschland vorherrschenden Serotyp Puumalavirus ist die zu den Wühlmäusen gehörende Rötelmaus, die vorwiegend in Wäldern und waldnahen Gebieten lebt. Deren Bestände unterliegen zyklischen Veränderungen.

In Abhängigkeit vom Nahrungsangebot und klimatischen Faktoren kann es zu einem massiven Anstieg Mäusepopulation kommen, die sich dann in regionalen epidemischen Häufungen von Infektionen beim Menschen widerspiegelt. Zunehmend wärmere Winter und das vermehrte Auftreten von Spätfrösten, bedingt durch den Klimawandel, begünstigen sogenannte Mastjahre – eine Überproduktion von Früchten vieler Bäume – die im Kontext zu solchen Massenvermehrungen stehen. Während 2018 dieses Phänomen z.B. in Baden-Württemberg sehr gut zu beobachten war und mit einer stark erhöhten Infektionsrate einherging, dürfte in 2020 aufgrund des geringen Fruchtertrags, vorwiegend der Eichen und Buchen, im Herbst 2019 ein eher milder Verlauf zu erwarten sein.

In 2019 zählte zu dem Schwerpunktgebiet des Ausbruchs vom Puumalavirus die Schwäbische Alb, der Bayerische Wald, das Spessart, Nordost-Hessen, der Teutoburger Wald sowie das Münsterland. Stuttgart verzeichnete mit einem Wert von 126 die meisten Hantavirus-Fälle. Im östlichen Teil Deutschlands wurden zudem humane Infektionen mit dem Dobrava-Belgrad-Virus beschrieben. Dort liegt das Verbreitungsgebiet der Brandmaus (Apodemus agrarius).

Über zwei Drittel der Erkrankten sind laut dem RKI Männer. Von diesen gehören mehr als die Hälfte der Altersgruppe der 30- bis 49-Jährigen an. Da deutlich mehr Männer als Frauen in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten ist die Expositionsrate bzw. das Infektionsrisiko entsprechend viel höher. Dennoch besteht eine nicht zu unterschätzende Gefahr sich auch beim Aufräumen und  Fegen von Schuppen und Garagen, Joggen im Wald sowie der Nutzung von Unterständen auf Waldgrillplätzen anzustecken.

Ein drittes in Deutschland vorkommendes Hantavirus ist das Tulavirus. Nach aktuellem Wissensstand ist es für den Menschen jedoch nur gering pathogen. Als Reservoir des Tulavirus wird die Feldmaus (Microtus arvalis) genannt. Bisher ist in Deutschland nur ein Erkrankungsfall registriert.

Um Hantavirus-Infektionen möglichst zu vermeiden, sollten Nagetiere intensiv im Wohnumfeld (Keller, Dachböden, Schuppen etc.) bekämpft und vom RKI empfohlene Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten werden.

Zur Übersichtskarte "Hantavirus-Fälle" in Deutschland und Grafik "Entwicklungsverlauf der Hantavirus-Fälle 2016-2020 nach Wochen":
https://www.proplanta.de/karten/hantavirus_2017-2020-uebersichtskarte260262020.html

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