SBB: Schwarze Zahlen dank Rekord an Reisenden, aber Spardruck bleibt

Lichtblick in herausfordernden Zeiten: Im ersten Halbjahr 2023 waren täglich 1,33 Mio. Reisende mit der SBB unterwegs, die SBB schreibt erstmals seit 2019 im ersten Halbjahr wieder schwarze Zahlen (99,0 Mio. CHF). Der Spardruck bleibt aber wegen der Verschuldung (11,4 Mrd. CHF) hoch. Trotz mehr Reisenden verbessert sich die Pünktlichkeit dank dem Einsatz der Mitarbeitenden in allen Regionen, sie ist jedoch in der Westschweiz und dem Tessin noch nicht zufriedenstellend.Die SBB muss derzeit zahlreiche Herausforderungen bewältigen: vom aktuellen Unterbruch im Gotthard-Basistunnel bis zur zunehmend schwierigen Aufgabe des intensiven Bauens für Unterhalt und Ausbau des Bahnnetzes, während gleichzeitig die Züge fahren. Die SBB dankt ihren Kundinnen und Kunden sowie der Politik für das entgegengebrachte Vertrauen und Verständnis und ihren Mitarbeitenden für den grossen Einsatz in anspruchsvollen Zeiten.

Die Reisenden sind schneller als erwartet zurück

Die Umsetzung der SBB Strategie zeigt sowohl auf betrieblicher wie auf finanzieller Ebene Wirkung. Im März 2023 wurde bei der Anzahl Reisenden das Vor-Coronaniveau erstmals übertroffen. Seither blieb die Nachfrage höher als 2019, womit im ersten Halbjahr 2023 mit 1,33 Millionen so viele Reisende wie noch nie täglich in den Zügen der SBB unterwegs waren (+21,4% ggü. 2022, +3,04% ggü. 2019). Der positive Trend im internationalen Personenverkehr setzt sich fort (5,7 Mio. internationale Passagiere, rund 20% über bisherigem Rekordjahr 2019). Im Inland transportierte die SBB diesen Sommer ca. drei Millionen Festivalfans, Jodler und Konzertbesucherinnen an insgesamt 600 Veranstaltungen in der ganzen Schweiz, am 27. Juni wurde mit mehr als 2400 Gruppen ein Jahresrekord an Gruppenreisen verzeichnet.

Schwarze Zahlen dank mehr Kundinnen und Kunden und besserem Ergebnis bei Infrastruktur Energie sowie im Personenverkehr

Das Halbjahresergebnis fiel mit 99,0 Millionen Franken deutlich besser aus als im ersten Halbjahr 2022 (−142,3 Millionen Franken) und ist erstmals seit 2019 wieder positiv. Am stärksten war die Erholung beim Fernverkehr, welcher mit 13,7 Millionen (2022: −122,9 Millionen Franken) erstmals seit 2019 wieder schwarze Zahlen schreibt. Allerdings ist dieser Gewinn zu gering, um die künftigen Investitionen zu finanzieren. Ebenfalls besser entwickelte sich der Regionalverkehr. Der Gewinn belief sich auf 18,3 Millionen (2022: 5,9 Millionen Franken) und der Kostendeckungsgrad konnte auf 60,1 Prozent gesteigert werden (Vorjahr 56,2%).

Infrastruktur Energie profitierte vom milden Winter und günstigen Marktentwicklungen. Der Gewinn von 48,5 Millionen Franken (2022: −24,2 Millionen Franken) reicht jedoch nicht aus, um den dreimal höheren Verlust des gesamten Vorjahres (-164,9 Millionen Franken) in diesem Bereich zu kompensieren.

Trotz höherer Güterverkehrserträge bleibt das Halbjahresergebnis im Segment Güterverkehr mit -18,0 Millionen (2022: -23,0 Millionen) negativ. Anhaltender Kostendruck und die konjunkturelle Abkühlung sind Gründe dafür.

Stabilisierend wirkt nach wie vor das Ergebnis von SBB Immobilien (2023: 114,4 Millionen Franken; 2022: 130,3 Millionen Franken). Als Teil der integrierten Bahn sorgt SBB Immobilien für sichere, saubere und komfortable Bahnhöfe und entwickelt diese zu Verkehrsdrehscheiben weiter. Zusammen mit den Städten und Gemeinden schafft Immobilien attraktive und belebte Stadtquartiere und generiert dadurch langfristig wiederkehrende Erträge. Diese sichern die Ausgleichszahlung an die Infrastruktur und die Amortisation vergangener Sanierungs- und Stabilisierungsleistungen an die Pensionskasse. Darüber hinaus leistet Immobilien einen wichtigen Beitrag an den Schuldenabbau der SBB. Das entlastet Kundinnen und Kunden, Steuerzahlende und die öffentliche Hand.

Finanzielle Lage bleibt wegen Schuldenberg angespannt, der Spardruck hoch

Um die finanzielle Lage zu stabilisieren, braucht die SBB einen Jahresgewinn von 400 bis 500 Millionen Franken. Der Anstieg der Nettoverschuldung konnte zwar gebremst werden, die Schulden von 11,4 Milliarden Franken führen jedoch weiterhin zu einer deutlichen Überschreitung des vom Bund vorgegebenen Schuldendeckungsgrades, dadurch bleibt der Spar- und Effizienzdruck hoch. Die SBB hält am bereits früher kommunizierten Ziel fest, noch effizienter und produktiver zu werden und bis 2030 rund sechs Milliarden Franken weniger auszugeben (vgl. Box).

Pünktlichkeit so hoch wie nie, leicht tiefere Werte bei Kundenzufriedenheit

Mehr Kundinnen und Kunden bedeuten auch weniger freie Sitzplätze, was sich in der gesunkenen Kundenzufriedenheit (79,3 von 100 Punkten; 1. Halbjahr 2022: 80,7) widerspiegelt. Die Zugs- (93,6%, +0,5) und Anschlusspünktlichkeit (98,8%, +0,0) im Personenverkehr waren trotz mehr Reisenden sehr hoch. In der Westschweiz und im Tessin ist die SBB aber nach wie vor nicht zufrieden. Wie bekannt, will die SBB die Pünktlichkeit in der Westschweiz mit einem neuen Fahrplan 2025 verbessern. Dieser wird robuster, indem die Fahrzeiten zwischen den Bahnhöfen verlängert wurden. Nur so können die nötigen Ausbau- und Unterhaltsarbeiten auf dem Netz durchgeführt werden. Im Tessin konnte dank gezielten Massnahmen die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Rollmaterials verbessert werden. Die Pünktlichkeitswerte im internationalen Personenverkehr sind nach wie vor nicht zufriedenstellend. Die Sendungspünktlichkeit bei SBB Cargo Schweiz lag bei 92,4 Prozent (+0,6 Prozentpunkte ggü. 1. Halbjahr 2022). Dank der neuen Pünktlichkeitsanzeige in den Loks will die SBB diese guten Pünktlichkeitswerte halten – und gleichzeitig Energie sparen.

SBB stellt sich aktuellen Herausforderungen und geht die Zukunft an

Die SBB muss sich bei der Arbeitssicherheit weiter verbessern. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 ereigneten sich mehr Berufsunfälle, aber weniger Rangier- und Zugsereignisse. Auch die Cybersicherheit beschäftigt die SBB stark. Seit der Pandemie ist ein starker Zuwachs an Cyberattacken zu verzeichnen. Die SBB investiert entsprechend jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag in den Bereich Cyber Security.

Mehr als 95 Prozent aller Reisenden kauften ihr Billett digital oder am Billettautomaten. Ende Juni 2023 waren 437 000 GA im Umlauf, das sind 5,7 Prozent mehr als gegenüber Juni 2022 (-11,5% ggü. 2019). Bei den Halbtaxabonnementen waren 3,07 Millionen Stück im Umlauf, das sind 5,6 Prozent mehr als im Juni 2022 (+15,8% ggü. 2019). Das mit der öV-Branche neu entwickelte und eingeführte Jugendsortiment («GA Night», «Friends-Tageskarte Jugend», «Tandem-Tageskarte Jugend GA») findet grossen Anklang. Wegen der hohen Sensibilität für das Thema Nachhaltigkeit wird die Nachfrage nach klimafreundlichem Reisen im Zug weiter zunehmen. Darauf antwortet die SBB u.a. mit einem flexibleren Sitz- und Veloplatzangebot im Sinne ihrer Strategie 2030.

So stabilisiert die SBB die finanzielle Lage

Die SBB will bis 2030 rund sechs Milliarden Franken weniger ausgeben und so die finanzielle Lage nachhaltig stabilisieren. Dazu soll erstens der Fernverkehr, welcher stark unter den Auswirkungen der Pandemie gelitten hat, wieder nachhaltig profitabel werden. Dies, um die notwendigen Investitionen ins Rollmaterial und die damit erforderlichen Instandhaltungsanlagen aus eigener Kraft vornehmen zu können und zu verhindern, dass die Verschuldung weiter ansteigt. Zweitens will die SBB mit Unterstützung des Bundes im Einzelwagenladungsverkehr das strukturelle Defizit im Güterverkehr beseitigen; SBB Cargo ist seit August wieder eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der SBB. Drittens sollen die erlittenen Verluste bei Infrastruktur Energie kompensiert und künftige Defizite vermieden werden. Auf Basis der Erkenntnisse aus dem vergangenen Winter mit drohender Energiemangellage und enormen Preisschwankungen am Energiemarkt hat die SBB eine neue Energiestrategie erarbeitet. Bis 2030 will sie die Deckung des Bahnstrombedarfs im Winterhalbjahr zu 95 Prozent längerfristig absichern. Die SBB setzt dabei auf die Intensivierung ihrer Energieeffizienz-Massnahmen, den Ausbau ihrer bestehenden Wasserkraftwerke und die Erschliessung ihrer Flächen für Photovoltaik (jährliche Photovoltaik-Produktion von 100 GWh bis 2030 und 160 GWh bis 2040).

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