Die REACH-Verordnung gibt vor, dass Firmen ihre Chemikalien bei der EU-Behörde ECHA registrieren und umfangreiche Informationen zu deren Sicherheit vorlegen müssen. Hierbei müssen die Firmen neu geplante Tierversuche erst einmal bei der ECHA vorschlagen. Nachdem die Vorschläge bei der ECHA eingereicht wurden, wird ein öffentliches Kommentierungsverfahren durch Dritte eröffnet. Die Gutachter haben 45 Tage lang Zeit, wissenschaftlich fundiert zu begründen, warum die Tierversuche nicht nötig sind. Die ECHA ist dazu verpflichtet, diese Kommentierung bei ihrer finalen Entscheidung zur Durchführung der Versuche zu berücksichtigen.
Ärzte gegen Tierversuche haben in einem langjährigen Großprojekt seit 2009 zusammen mit ihrem Dachverband ECEAE externe Toxikologen beauftragt, die vorgeschlagenen Tierversuche zu kommentieren – mit dem Ziel, so viele Tierversuche wie möglich zu verhindern. Einer der Haupt-Kritikpunkte war hierbei, dass die Tests nicht durchgeführt werden mussten, weil das Produktionsvolumen der Substanzen so gering war, dass Tierversuche laut REACH-Verordnung nicht vorgeschrieben waren. Außerdem konnte in vielen Fällen auf bereits vorhandene Daten einer Testsubstanz oder ähnlicher Substanzen zurückgegriffen werden, wodurch weitere Tierversuche verhindert werden konnten.
„Bisher waren uns 76 Tierversuchsvorschläge mit 80.527 Tieren bekannt, die wir auf diese Weise verhindern konnten“, erklärt Dr. Tamara Zietek, Wissenschaftskoordinatorin bei Ärzte gegen Tierversuche. Diese Zahl erhöht sich durch eine aktuelle Auswertung nun auf 115 Tierversuchsvorschläge, wodurch 115.137 Tiere, hauptsächlich Ratten, vor dem Tod bewahrt wurden. „Dies ist ein riesiger Erfolg!“ sagt Dr. Zietek. „Tierversuche für Giftigkeitsprüfungen von Chemikalien sind mit großem Leid für die Tiere verbunden. Substanzen werden den Tieren monatelang jeden Tag in hohen Dosen über eine Schlundsonde verabreicht. Auch schwangere Tiere werden für diese Tests eingesetzt, um die Folgen der Chemikaliengabe für Nachkommen und Reproduktion zu untersuchen.“
In einem Tierversuch namens EOGRTS wird beispielsweise männlichen und weiblichen Ratten zwei Wochen vor der Verpaarung, während der Schwangerschaft und Stillzeit täglich eine Testsubstanz per Schlundsonde verabreicht. Die Nachkommen werden derselben Prozedur unterzogen bis sie ausgewachsen sind. Bei allen Tieren wird untersucht, inwiefern Vergiftungserscheinungen aufgetreten sind, bevor sie getötet werden.
Bei der Zulassung des Düngemittels Kalziumzyanid wurde der EOGRTS vorgeschlagen. Obwohl Daten zu ähnlichen Chemikalien bereits vorlagen, wollte die Firma in diesem Fall zusätzlich den EOGRTS durchführen, weil sie erwartete, dass die Giftigkeit von Kalziumzyanid geringer ausfallen würde. Im Rahmen des Kommentierungsverfahren kritisierten wir, dass die vorliegenden Daten ausreichend seien, sodass es keinen Grund für neue Tierversuche gäbe. Die ECHA schloss sich unserer Meinung an und auf diese Weise konnten 960 Tiere verschont werden. Auf die gleiche Weise wurden durch unseren Einsatz jeweils 1720 Ratten vor dem EOGRTS bewahrt, als es um die Zulassung eines Treibstoffzusatzes und eines Schmiermittels für Bremsflüssigkeiten ging. „Allein durch das Verhindern des EOGRTS konnten wir insgesamt 11.710 Tiere vor dem Tod retten“, sagt Dr. Zietek.
Ärzte gegen Tierversuche setzt sich mit seinen internationalen Partnerorganisationen massiv auf EU-Ebene ein, um Tierversuche zu verhindern und einen Umstieg auf tierversuchsfreie Giftigkeitsprüfungen zu erzielen.
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„Medizinischer Fortschritt ist wichtig – Tierversuche sind der falsche Weg!“ – Unter diesem Motto setzt sich Ärzte gegen Tierversuche e. V. seit 1979 für eine tierversuchsfreie Forschung ein, die auf dem Einsatz von modernen Methoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips sowie der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten basiert. Ziel ist die Abschaffung aller Tierversuche und damit eine ethisch vertretbare, am Menschen orientierte Medizin – eine Wissenschaft, die durch moderne, tierversuchsfreie Testmethoden zu relevanten Ergebnissen gelangt.
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