Beitragssatz zur Pflegeversicherung ab 1. Juli 2023 von der Anzahl der Kinder abhängig: Was bedeutet das für Arbeitgeber und Zahlstellen?

Am 12. Mai 2023 befasst sich der Bundesrat mit dem aktuellen Gesetzentwurf zum Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG). Ein wichtiger Punkt dürfte dabei die geplante Staffelung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Abhängigkeit von der Kinderzahl sein. Klar ist schon jetzt: Für die Zahlstellen von Versorgungsbezügen folgen daraus hohe Mehraufwände.

Zum 1. Juli 2023 wird der allgemeine Beitragssatz zur Pflegeversicherung von derzeit 3,05 auf 3,4 Prozent erhöht. Zudem steigt der Zuschlag für Kinderlose von 0,35 Prozent auf 0,60 Prozent und ergibt damit ab Jahresmitte für sie einen Beitragssatz von 4,0 Prozent. Eltern mit mehr als einem Kind sollen hingegen entlastet werden. Ab dem zweiten bis zum fünften Kind wird der Beitrag um 0,25 Prozent pro Kind gesenkt. Dies gilt allerdings nur während der Erziehungsphase, also bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der Kinder. Danach entfällt die Ermäßigung wieder. Der Arbeitgeber-Anteil beträgt konstant 1,7 Prozent.

Die höhere Belastung kinderloser Beitragszahler und gleichzeitige Entlastung von Familien erfolgt in Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 (Az. 1 BvL 3/18 und weitere), demzufolge der Erziehungsaufwand bei der Beitragsbemessung zur Pflegeversicherung stärker berücksichtigt werden muss.

Umsetzung mit Hindernissen

Betroffen von der Umsetzung sind Arbeitgeber – für die aktiven Arbeitnehmer – und die Zahlstellen von Versorgungsbezügen im Hinblick auf Betriebsrentner. Zur Erhebung und zum Nachweis der Kinderzahl soll unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bis zum 1. Juli 2023 ein zentrales digitales Verwaltungsverfahren entwickelt werden. „Doch wie das Verfahren genau aussehen soll, ist bis dato noch ungeklärt“, gibt Mathias Nolle, Leiter Operations & Services von der Longial, zu bedenken.

Denn: Bisher gibt es für die Erfassung keine zentrale Datenhaltung. „Wahrscheinlich wird jedoch auf die Daten der Familienkassen zurückgegriffen“, meint Nolle. Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba) befürwortet hingegen die Bereitstellung der notwendigen Nachweise über die bereits bestehenden elektronischen Meldeverfahren der Sozialversicherungsträger. Realisiert werden könnte der Datenaustausch dann beispielsweise durch die Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG).

Zahlstellen unter Druck

„Problematisch an der geplanten Abschlagsregelung ist zudem natürlich der sehr sportliche Zeitrahmen“, meint Nolle. Für die Umsetzung des Referentenentwurfs des PUEG (§ 55 SGB IX-Entwurf) stehen allen Beteiligten nicht einmal mehr zwei Monate zur Verfügung. Zwar soll der Bund der Pflegekassen dazu in Kürze mit einem aktualisierten Rundschreiben zur Elterneigenschaft Empfehlungen zu geeigneten Nachweisen geben, das dürfte die zu erwartenden Mehraufwände für Zahlstellen und Arbeitgeber jedoch nicht unmittelbar mindern. Versorgungsträger müssen sich jetzt darauf vorbereiten, dass Betriebsrentner sich laut Gesetzentwurf auch direkt an die Zahlstellen wenden können, um den Kindernachweis zu erbringen. „Hierzu müssen noch rechtzeitig Anpassungen in Software und bei Administrationsprozessen auf den Weg gebracht werden“, so Nolle. Ebenso ist ein möglicher zusätzlicher Personalbedarf zu bedenken. Weiterreichende Belastungen ergeben sich zudem aus der Verpflichtung der Zahlstellen, zu viel bezahlte Beiträge bis spätestens 31. Dezember 2024 zu erstatten.

Mit der Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Beitragsbemessung der Pflegeversicherung kommt der Gesetzgeber nun nach gut einem Jahr den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts nach. Darüber hinaus dient der Entwurf des PUEG einer notwendigen Reform der Pflege, durch die deren Finanzierung stabilisiert werden soll. „Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass diese Reform dringend notwendig ist. Wünschenswert wäre jedoch, zukünftig alle Beteiligten in die Planungen mit einzubeziehen und vor allem auch die praktische Umsetzbarkeit im Blick zu haben“, betont Mathias Nolle.

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