Handwerk und Industrie stellen sich künftigen Herausforderungen

Es ist ein starkes Statement für die Region, das Handwerk und Industrie auf ihrem Frühjahrsempfang im Konstanzer Bodenseeforum abgaben. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Lage schauen die Akteure der Wirtschaft am Bodensee optimistisch in die Zukunft. Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit von Handwerkern und Unternehmern hoben Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz, und Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee, in ihren Reden hervor und ermutigten sie, „die Dinge neu zu denken“.

Korte bescheinigt Demokratie Stabilität

Auch die Politik zeigt sich anpassungsfähig. Regierende Parteien weichen zur Bewältigung der aktuellen Krisen von ihren Agenden ab und zeigen sich als Krisenlotsen in einer nicht berechenbaren Welt. Dass die Demokratie im Land derzeit lebendiger und resilienter dasteht, als manch einer vermutet, legte Politologe Karl-Rudolf Korte den rund 500 geladenen Gästen in seinem Gastvortrag kurzweilig und mit viel Wortwitz dar.

„Auch Unbequemes lässt sich ändern“, sagte Korte und spielte etwa auf die fossilen Heizungen an, von denen sich Hausbesitzer nun trennen müssen. Handwerkskammerpräsident Rottler sieht in der Umsetzung der Energiewende jedoch noch reichlich Verbesserungsbedarf und forderte verlässliche Förderstrukturen, die das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) begleiten müssen. „Es muss bezahlbar bleiben“, so Rottler.

„Mehr Wertschätzung fürs Handwerk“

Das Megaprojekt Energiewende werde auch durch die Handwerker umgesetzt. „Rund 30 Handwerksberufe zählen zu den Klimaberufen“, sagte der Schornsteinfegermeister. Für die Transformation fehlten allerdings zusätzlich zu den unbesetzten Stellen im Handwerk 100.000 Fachkräfte. Auch wenn es mehr Auszubildende in den Klimaberufen gebe, müsse eine Ausbildung im Handwerk mehr Wertschätzung erfahren. Jugendlichen müssten „erfüllende, sinnstiftende Lebenswege“ aufgezeigt werden.

Gute Chancen für Karriere

Durch den Fachkräftebedarf stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Karriere im Handwerk derzeit gut. Perspektiven, die Sicherheit geben. Gerade dieses Sicherheitsbedürfnis der deutschen Bevölkerung sei Teil der Demokratie, betonte Karl-Rudolf Korte. „Die Bevölkerung ist bei den Wahlen sicherheitsorientiert.“ Eine Begründung für den Erfolg von Bundeskanzler Olaf Scholz. Er vermittle das „merkeligste Sicherheitsgefühl“, sei nüchtern und vernunftbestimmt. „Er formuliert so knapp, wie die Ressourcen sind und so kühl, wie unsere Wohnzimmer waren.“ Damit unterstrich er seine These, dass unsichere Wähler keine unsicheren Politiker wählen.

Demographie, Dekarbonisierung und Digitalisierung

Diese müssen die großen Veränderungen, die mit dem demographischen Wandel, der Dekarbonisierung und der Digitalisierung auf die Gesellschaft zukommen, politisch in die richtigen Bahnen lenken, sagte IHK-Präsident Thomas Conrady. „Wer, wenn nicht wir, wenn nicht unsere Unternehmen, sollte die technischen Lösungen entwickeln, herstellen und weltweit vertreiben, die es braucht, um die Energiegewinnung von der Verbrennung fossiler Stoffe abzukoppeln?“ Er bat die Politik eindringlich, ausschließlich die Ziele zu formulieren und erntete die Zustimmung des Publikums. „Überlasst uns die Suche nach dem besten technischen Weg.“

„Politik meistert Krisen gut“

Die derzeitige Regierung halte sich in der Bewältigung von immer anderen Krisen gut. Es sei eine andere Politik. Kaum planbar, dafür ein beständiges Nachbessern, Ausprobieren und Feuer löschen. „Die Unberechenbarkeit bleibt das Prinzip.“ Dabei trügen die Verantwortlichen die Diskurse öffentlich aus und fänden zu einer Einigung. „Das ist ein wertvoller Konsens“, sagt Korte. Ein Konsens, den die Öffentlichkeit mittragen könne.

Die Bürger wählten diejenigen, die am besten ihre Probleme lösen könnten. „Die Zukunft entsteht mit uns. Wir gestalten die Zukunft selbst“, so Korte am Schluss des Vortrags. Diesen Gestaltungswillen sieht Werner Rottler auch im Handwerk. Die Umgestaltung der Gesellschaft brauche Menschen, die es anpacken. „Für die Wende braucht es Hände“, so Rottler. Allerdings brauche es auch eine Offenheit im Handwerk für die Digitalisierung, für neue Geschäftsmodelle und Kooperationen sowie das Überdenken der Arbeitsbedingungen.

Über Handwerkskammer Konstanz

Das Handwerk ist mit seinen vielen kleinen und mittleren Betrieben das Herz der deutschen Wirtschaft. Zum Bezirk der Handwerkskammer Konstanz, der die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar, Tuttlingen, Rottweil und Waldshut umfasst, gehören annähernd 13.000 Handwerksunternehmen mit etwa 70.000 Beschäftigten und über 4.000 Auszubildenden.

Die Handwerkskammer vertritt nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder, sondern bietet ihnen auch eine umfas-sende Beratung an, etwa zur Fachkräftesicherung, Aus- und Weiterbildung, Betriebswirtschaft, Unternehmens-führung, Recht, Umweltschutz und Technologie.

Außerdem ist die Handwerkskammer ein großer Bildungsanbieter mit Bildungsakademien in Singen, Rottweil und Waldshut sowie der gemeinsam mit der IHK betriebenen Beruflichen Bildungsstätte in Tuttlingen.

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