Schon bei der Anreise nach Bad Griesbach am Freitag, den 28. Juni 2019, wurde allen Gästen des 113. Landesverbandstages klar: das wird heiss

Vordergründig waren es natürlich die Temperaturen von über 30o Celsius, die den rund 150 Teilnehmern einen Vorgeschmack auf das Wochenende im niederbayerischen Bäderdreieck gaben. Passend dazu stand das Thema Klimaerwärmung auf der Agenda dieses 113. Landesverbandstages. Dazu später mehr. Da wurde es auch als besonders angenehm empfunden, dass alle Veranstaltungen dieses Verbandstages zentral im Hotelkomplex des Quellness- und Golfhotels Maximilian stattfanden. Gut gemacht, Innung Niederbayern.

Nur wenige Schritte waren es „Zum Heurigen” und dem Begrüßungsabend. Kalte Getränke und ein zünftiges Buffet erwarteten die Gäste, die den Abend ganz nach Wahl in den urigen Wirtsstuben oder unter Weinreben im Garten verbringen konnten. Eine gute Gelegenheit, Freunde, Bekannte, Kolleginnen und Kollegen oder Geschäftspartner wie- derzusehen und neue Kontakte zu knüpfen.

Trotz des enormen Duchhaltevermögens einiger Teilnehmer konnte der öffentliche Teil dieses Verbandstages am Samstag pünktlich starten. Alle, die sich frühmorgens noch nicht zum Aufstehen entschließen konnten, wurden mit einem musikalischen Weckruf vor dem Hotel mobilisiert. Pünktlich um 9:30 Uhr eröffneten Obermeister Michael Oestreicher und Landesinnungsmeister A. Ewald Kreuzer die Tagung.

Zunächst begrüßte der Passauer Landrat Franz Meyer die Anwesenden: „Sie tragen mit Ihrer Tagung dazu bei, dass der Landkreis Platz 2 bei den Übernachtungen weiter hält”.

Meyer betonte, beim Abbau des Fachkräftemangels seien Politik, Kommunen, Schulen und Betriebe gleichermaßen in der Pflicht. Nach seiner Meinung müs-se die öffentliche Wahrnehmung für das Handwerk wachsen. Die Ausbildung im Handwerk gehöre auf gleiche Augenhöhe wie eine akademische Ausbildung.

„Wir müssen die Arbeit zu den Menschen bringen und nicht umgekehrt”, so die Forderung des Landrats. Umso erfreulicher sei es, dass der Landkreis Passau auf den vordern Plätzen der Quote der „Rück- holer” von einst abgewanderten Menschen ist.

Ein herzliches Willkommen folgte auch von Bad Griesbachs Bürgermeister Jürgen Fundke. Als Elektrikermeister sprach er dabei „von Handwerker zu Handwerker”.

Die Verbandstags-Teilnehmer lud er zum Verweilen im größten Golf-Resort Europas mit insgesamt sechs 18-Loch-Plätzen ein.

Die Grüße der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz überbrachte der stellvertretende Bereichsleiter Christian Kaiser. Er ermunterte in seiner An- sprache dazu, am digitalen Wandel teilzuhaben. Dennoch bleibe Handwerk immer noch Handwerk. Das müsse allen bewusst sein, wenn das Handwerk eine Zukunft haben soll. Allein in Ostbayern stünden in den nächsten Jahren 11.000 Handwerksbetriebe zur Übergabe an.

Landesinnungsmeister A. Ewald Kreuzer mahnte an, dass zwar Umsatz und Aufträge da seien, doch es fehle der entsprechende Ertrag.

Für das Handwerk brach er die Lanze für die Dachdecker bezüglich der Mängel im Baubereich: 90 % der Mängelursachen seien auf Planungsfehler zurückzuführen. Das habe dazu beigetragen, dass inzwischen ein echtes Nachtragsmanagement auf- grund von Fehlern bei Planung und Ausschreibung entstanden sei.

Nach eigener Aussage immer wieder gerne in Bayern ist Dirk Bollwerk, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks ZVDH. In Bad Griesbach stellte er den Verbandstagsteilnehmern den aktuellen Stand der ZVDH-Arbeit vor. Besonders ging Bollwerk dabei auf das Nachwuchsportal „DachdeckerDeinBeruf.de” und das Engagement der Jugendbotschafter ein.

Auch er konnte die Umsatzsteigerung im Dachdeckerhandwerk bestätigen. Im ersten Quartal 2019 konnte der Umsatz im Baugewerbe um 8,2 % zulegen. Mit 46,1 % werde dieser Umsatz durch private Auftraggeber und im Bereich Sanierung/Reparatur erwirtschaftet.

ZVDH-Präsident Bollwerk mahnte an, die Digitalisierung zu praktizieren, aber nicht überzubewerten („Sobald eine Drohne fliegt, schwärmen alle von Digitalisierung im Dachdeckerhandwerk”). „Das Internet wird niemals eine Dachrinne löten”.

Erfreut zeigte sich Bollwerk über eine aktuelle Bauherren-Studie, nach der das Dachdeckerhandwerk unter allen Gewerken mit 5,32 von 6 erreichbaren Punkten den besten Ruf genieße.

Bevor Landesinnungsmeister Kreuzer die Ehrungen vornahm, berichtete er noch von dem derzeit massiven Auftreten von Dach-Haien in Bayern. Er könne nach wie vor nicht verstehen, dass trotz entsprechender permanenter Warnungen der Dachdecker-Innungen und der Polizei diese dubiosen Arbeits- kolonnen auf einer Erfolgswelle schwimmen.

Danach überreichte er an Kai Corthobius, der von seinem Kollegen Martin Höllerer vertreten wurde, den „Kupfernen Firstl”. Damit wird das Engagement von Kemper Systeme GmbH & Co. KG für die Unterstützung der Ausbildung am KPZ Kompetenzzentrum Dachtechnik Waldkirchen e. V. geehrt.

Für seine 10-jährige Tätigkeit als Ausbilder am KPZ und seine Arbeit als erster hauptberuflicher Jugendbeauftragter im Dachdeckerhandwerk dankte Kreuzer Jürgen Lehner mit einem Präsent.

Mit Dipl.-Kfm. Thorsten Meyerhöfer wurde ein weiterer „10-Jähriger” vom Landesinnungsmeister ge-ehrt. Er wurde außerdem mit der silbernen Ehren- nadel des Deutschen Dachdeckerhandwerks ausgezeichnet. Wie Kreuzer betonte, sei der reibungslose Planungs- und Bauablauf des Wohnheims in Waldkirchen der unübertroffenen Hartnäckigkeit des Kaufmännischen Leiters Meyerhöfer zu verdanken. Auch sei er mit der gleichen Hartnäckigkeit unterwegs, wenn es um das Finden von Fördermöglichkeiten gehe und darum, diese Möglichkeiten auch konsequent zu nutzen.

Anschließend gratulierte A. Ewald Kreuzer dem „Pressemann des Verbandes”, Harald Friedrich zu dessen 65. Geburtstag an diesem 29. Juni.

Nach einer kurzen Kaffeepause untermauerte der Dipl.-Meteorologe und Gesellschafter des Wetterdienstes „Weather365.net” seine Behauptung: Das Wetter spinnt.

In einem Multimediavortrag mit Einspielungen aus zahlreichen Nachrichtensendungen der letzten Jahre („Dieses Jahr war das Wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen”) machte Bandle deutlich, dass die Klimaerwärmung nicht länger verleugnet werden kann. Das von weltweit allen Staaten 2017 in Paris geschlossene Klimaschutzabkommen, nach dem die Erderwärmung auf 1,5o Celsius begrenzt werden sollte, sei schon jetzt zumindest in Bayern Makulatur. Man könne nur hoffen, dass die 2o-Mar-ke nicht auch noch – und das möglicherweise weltweit – überschritten werde. Frank Bandle ging in seinem spannenden Vortrag auch auf das Phänomen El Niño ein, das in einem 5-7-Jahre-Rhythmus vor der südamerikanischen Westküste auftritt und Einfluss auf das gesamte Weltklima hat. Darüber hinaus reiche auch der Golfstrom auf der Nordhalbkugel im-mer weiter in den Polarkreis. Schon in wenigen Jah- ren sei die Nordostpassage für Frachtschiffe ganzjährig ohne Eisbrecher befahrbar, was den Seeweg von Fernost nach Europa verkürze und pro Frachtschiff eine Transportkostenersparnis von 2,5 Mio. € bedeute.

Umkehrbar sei die Klimaerwärmung praktisch nicht mehr, so Bandle. Selbst wenn sofort weltweit der gesamte Autoverkehr eingestellt würde, keine Industrieanlage mehr betrieben würde und keine Heizung mehr laufe, würde sich die Erdatmosphäre weitere 60 Jahre erwärmen, was der Halbwertzeit des natürlichen CO2-Abbaus entspricht. Eine zusätzliche Bedrohung als Folge der Erderwärmung stellt ein ver- mehrter Methanausstoß in den riesigen Permafrostgebieten Sibiriens dar, die in den Sommermonaten auftauen. Methan legt sich als 25 mal wirksameres „Dach” im Vergleich zum CO2 über die Atmosphäre und begünstigere die weitere Aufheizung.

Umgeschrieben werden müssen laut Bandle auch die Schulbücher. Nicht mehr aus Westen käme das europäische Wetter, sondern über eine warme und mit Mittelmeerfeuchtigkeit angereicherte Südwestströmung. Und die ist so energiegeladen, dass es immer öfter zu Hitzeperioden und regional begrenzten Extremwettern kommt. Diese seien oft so kleinräumig, dass die Vorhersagbarkeit bei maximal einer Stunde liegt.

Das Fazit des Wetterexperten: Die Baubranche wer-de sich auf veränderte Maßstäbe einstellen müssen. Beispiele seien die massiven Nassschneefälle des letzten Winters in einem regional begrenzten Raum oder die ungeheuren Niederschlagsmengen, die es abzuführen gelte. Ebenso müsse über die Sturmsicherheit auch von bestehenden Gebäuden und vor allem deren Dächern neu nachgedacht werden.

In den Gesichtern der Verbandstagsgäste war nach dem 90-minütigen Vortrag abzulesen, dass dieses heiße Wochenende nun wohl mit anderen Augen gesehen werden müsse: Die Wetter-Zukunft hat längst begonnen.

Die Klimaerwärmung war nicht nur danach beim Mittagessen ein Thema, sondern auch bei den anschließenden Rahmenprogrammen. Während viele der Verbandstagsteilnehmer die Flucht ins (wenig) kühle Nass der Therme suchten, statteten andere den gefiederten Freunden im Vogelpark von Schloss Ortenburg einen Besuch ab. Ein „harter Kern” von zehn Teilnehmern verbrachte volle vier Stunden bei einem Golftraining unter heißer Sonne.

Umso größer war bei allen Teilnehmern die Vorfreude auf einen kühlen Schluck beim Festabend. Gekrönt wurde dieser Abend mit einem Vier-Gänge-Menü. Am späteren Abend konnte zur Live-Musik getanzt oder an der Bar und am Pool relaxt werden.

„Keine besonderen Vorkommnisse” ist die  treffende Zusammenfassung der Ordentlichen Mitgliederversammlungen des Berufsförderungswerks des Bayerischen Dachdeckerhandwerks e. V., des LIV Bayern und des KPZ am Vormittag des Sonntags, 30. Juni. Und die Vorschau auf 2020: Die Innung Unterfranken stellte den Veranstaltungsort des nächsten Landesverbandstags vor: Bad Brückenau.

Zuvor hatte das Ballonteam um Walter Gauss mit seinen Passagieren eine „Punktlandung” nach einer traumhaften Fahrt mit dem „Firstl-Heißluftballon” hingelegt.

 

Ein großes Dankeschön an die Unterstützer dieses 113. Landesverbandstags in Bad Griesbach:

Bachl, Bauder, Böcker, Carlisle, Coverit, DE-Süd, Enke, Kasberger, Lehmann, Rheinzink, Schönreiter, Sparkasse Passau, Stockert Maschinen, Velux, Wienerberger.

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