Aktuell gibt es in ganz Deutschland insgesamt nur 72 FJNler – Einer unter ihnen ist Frederik von Wrochem, der aktuell in der Batterie-Arbeitsgruppe am Institut für Materialforschung (IMFAA) der Hochschule Aalen das Recyceln von Batteriematerialien erforscht.
Andrea Heidel (AH): Was hat Sie ans Institut für Materialforschung (IMFAA) an der Hochschule Aalen geführt und was haben Sie zuvor gemacht?
Frederik von Wrochem (FvW): Ich habe im vergangenen Jahr das Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd abgeschlossen und wollte danach unbedingt etwas im naturwissenschaftlichen Bereich machen, war mir aber noch unsicher, welchen Studiengang ich wählen sollte. Physik, Technik und die Arbeit im Labor haben mich aber schon immer stark interessiert. Für den „Jugend forscht“-Wettbewerb habe ich zum Beispiel vor ein paar Jahren eine automatisierte Katzenfütterungsstation entwickelt. Als ich vom FJN gehört habe, habe ich mich beim Bundesverein beworben und eine Liste der möglichen Einsatzorte bekommen. Die Hochschule Aalen war leider nicht darunter, deshalb habe ich einfach selbst den Kontakt zur HS und zum IMFAA aufgenommen. Dr. Timo Bernthaler aus dem IMFAA-Leitungsteam war der Idee gegenüber gleich aufgeschlossen und hat mir den Einsatz in der Arbeitsgruppe Batterie empfohlen. Nach einem Schnuppertag war ich sicher, dass das genau das Richtige für mich ist!
AH: Woher kommt Ihre Begeisterung für die Naturwissenschaften?
FvW: Mein Vater ist Physiker und meine Mutter arbeitet als Bio-Chemikerin an einer Universität. Naturwissenschaften und Forschung haben also auch bei uns in der Familie immer einen hohen Stellenwert gehabt. Mein Vater hat mir viel über Physik beigebracht und mich bei meinen Projekten unterstützt, weshalb Physik auch mein Lieblingsschulfach war. Nachhaltigkeit, Umweltschutz und zukunftsfähige Technologien finde ich ebenso wichtig. Deshalb bin der HS Aalen auch so dankbar für diese Chance! Wer hat schon sonst die Möglichkeit, als Nicht-Student so intensiv in die Forschungsarbeit eingebunden zu werden?
AH: Wie lange sind Sie nun am IMFAA und woran arbeiten Sie während dieser Zeit?
FvW: Ich bleibe jetzt vorerst für sechs Monate und darf nach einer kurzen Einarbeitungszeit schon an einigen Projekten mitarbeiten. Beispielsweise darf ich Batterien ausmessen oder mithilfe der Machine-Learning-Software Aufnahmen von den inneren Strukturen der Batterien auswerten. Am meisten gefällt mir aber, dass man mir schon ein kleines, eigenes Projekt anvertraut hat: Darin geht es um das Recycling von Batteriematerialien, was super zu meinen Interessen und meinem Profil passt. Für meine Arbeit überlege ich mir eigenständig, welche Vorgehensweise die richtige ist, welche Geräte ich brauche und welche Messungen sinnvoll sind. Ich konnte schon ziemlich gute Ergebnisse erzielen!
AH: Wie ist solch ein FJN gegliedert und haben Sie Kontakt zu anderen Jugendlichen, die in einem ähnlichen Umfeld eingesetzt sind?
FvW: Das FJN ist bisher leider wenig bekannt und deshalb auch nicht sehr verbreitet. Deshalb gibt es aktuell deutschlandweit nur rund 70 von uns. Wir arbeiten regional ganz verstreut zum Beispiel in Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Vereinen oder Einrichtungen der Umwelt- und Energietechnik. Die Praxisphasen werden von Bildungsseminaren begleitet, die der Bundesverein Internationale Jugendgemeinschaftsdienste anbietet. Während dieser Fortbildungen sind wir alle zusammen in einer Jugendherberge untergebracht und machen auch Exkursionen. Die gemeinsame Zeit finde ich super, um andere Leute mit ähnlichen Interessen kennenzulernen.
AH: Was haben Sie nach dem Ende des FJN vor?
FvW: Ich möchte im kommenden Sommer erstmal die Aufnahmeprüfungen für ein Musikstudium in Essen, Zürich und München versuchen. Meine zweite große Leidenschaft ist neben Naturwissenschaften das Musikmachen: Ich spiele Geige seit ich fünf Jahre alt bin. Das macht mir großen Spaß und ich bin mittlerweile ganz erfolgreich darin. Ich konnte im vergangenen Jahr den ersten Preis bei „Jugend musiziert“ auf Bundesebene gewinnen und bin gerade frisch zurück von einer dreiwöchigen Konzertreise mit dem Bundesjugendorchester. Die Entscheidung fiel mir wirklich schwer, aber ich möchte nach dem FJN erstmal ausprobieren, ob mir das Musikstudium Spaß macht.
AH: Dann werden Sie im Herbst Ihren aktuellen Wohnort Aalen und die Region verlassen?
FvW: Ja, aber meine Familie lebt ja weiterhin hier, deshalb werde ich nicht ganz weg sein. Die Region bietet super Bedingungen auch für meine anderen Hobbies wie Klettern und Mountainbiken. Ich mache wirklich gern alle möglichen Arten von Outdoorsport und werde die Aalener Kletterhalle bestimmt vermissen.
Info: Wer sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Wissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit (FJN) interessiert, bekommt weitere Informationen zu den Voraussetzungen und zum Bewerbungsprozess hier: www.ijgd.de. An der Hochschule Aalen ist ein FJN beispielsweise am Institut für Materialforschung (IMFAA) sowie am LaserApplikationsZentrum (LAZ) möglich. Beide Teams sind im Forschungsgebäude der Hochschule Aalen beheimatet und bearbeiten Themen rund um Elektromobilität, Ressourcen- und Klimaeffizienz sowie additive Fertigung. Mehr Info gibt es unter www.hs-aalen.de/imfaa sowie www.hs-aalen.de/laz.
Statement Prof. Dr. Volker Knoblauch, Prorektor Forschung der Hochschule Aalen, Teil des IMFAA-Leitungsteams und Leiter der Arbeitsgruppe Batterie:
„Am Institut für Materialforschung (IMFAA) an der Hochschule Aalen forschen wir seit rund zehn Jahren im Bereich der Herstellung und Charakterisierung neuer, innovativer Werkstoffe für ressourceneffiziente Mobilität und erneuerbare Energien. Für uns war das Freiwillige Jahr in Wissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit (FJN) zunächst auch neu und ein Stück weit ein Experiment, auf das wir uns eingelassen haben und von dessen Ausgang wir letztlich äußerst positiv überrascht wurden.
Als Institut an einer Hochschule ist es uns natürlich ein besonderes Anliegen junge Menschen an naturwissenschaftliche Themen und Arbeitsweisen heranzuführen und ihnen innerhalb des FJN eine Orientierung für ihren beruflichen Lebensweg zu ermöglichen. Besonders wichtig war es uns, unseren FJNler, genau wie unsere Studierenden, möglichst gut ins Team einzubinden und ihm zu ermöglichen innerhalb eines Projektes möglichst eigenständig zu arbeiten und eigene Ideen zu entwickeln und zu verfolgen. Unser FJNler hat sich dabei äußerst positiv entwickelt und ist schon nach kurzer Zeit eine wichtige Unterstützung für unser Team. Aufgrund der positiven Erfahrung planen wir zukünftig das FJN als festes Modell bei uns zu etablieren.“
Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft
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