Karneval: Das kontrollierte Chaos

Prall gefüllte Berliner und leckere Muzen liegen verlockend in den Schaufenstern, Prinzenpaare und Dreigestirne touren durch die Kneipen der Gemeinden und gut versteckt werden die Mottowagen für den Rosenmontagszug verkleistert und bemalt. Ab dem 16. Februar heißt es wieder Helau, Alaaf oder auch Ahoi. Doch nicht alles ist erlaubt und auch nicht alles muss toleriert werden. Die ARAG Experten geben einen Einblick in geschriebene und ungeschriebene Gesetze.

Altweiber um 11.11 Uhr: Hoch die Tassen?
Weiberfastnacht und die Faschingstage sind in keinem Bundesland ein gesetzlicher Feiertag. Es besteht also Schulpflicht bis zum Ende des Schultages. Die ARAG Experten geben aber Grund zur Hoffnung: Viele Schulleitungen in den Karnevalshochburgen legen nämlich einen ihrer beweglichen Ferientage auf einen der Karnevalstage. An manchen Schulen endet der Unterricht an Altweiber sogar bereits um 11.11 Uhr.

Wer schon im Berufsleben steht und an Altweiber um 11.11 Uhr im Büro auf den Beginn der Jecken Karnevalstage anstoßen möchte, kann dies laut der ARAG Experten nicht so ohne Weiteres tun. Denn ein Arbeitnehmer muss grundsätzlich arbeitsfähig sein. Ob und wie Karneval gefeiert wird und ob Alkohol generell verboten ist, hängt von den individuellen Vereinbarungen im Unternehmen ab.

Straßenkarneval
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass die Städte in diesem Jahr auf die in Corona-Zeiten eingerichteten Brauchtumszonen verzichten. Beim Straßenkarneval raten die ARAG Experten, keine Getränke in Glasflaschen mitzunehmen. Denn in einigen Städten werden auch in diesem Jahr wieder Sperrzonen eingerichtet, um das Risiko von Verletzungen durch Glasscherben einzuschränken. Die ARAG Experten weisen zudem darauf hin, dass der Ordnungsdienst an den Eingängen zu Sperrzonen das Glasverbot kontrolliert und Imbisse und Büdchen ebenfalls keine Getränke in Glasflaschen oder Gläsern verkaufen dürfen.

Null Akzeptanz!
Kein Mensch muss sich von anderen belästigen, bedrängen oder anfassen lassen – das gilt auch an Karneval und auch für das beliebte Karnevalsbützchen (rheinisch für Küsschen). Leider sind die Zahlen strafbarer Übergriffe und sexueller Beleidigungen rund um den Karneval hoch. In der Karnevalshochburg Köln gibt es seit 2017 Edelgard. Sie ist eine der wenigen Initiativen, die neben der Polizei Direkthilfe, aber auch ein Beratungsangebot zur Verarbeitung danach anbietet. Die ARAG Experten empfehlen jedem Partygänger sich beim Feiern in Gruppen aufzuhalten, aufeinander zu achten und am besten auch gemeinsam nach Hause zu gehen. Auch das Getränk sollten Karnevalisten wegen der Gefahr von K.O.-Tropfen, die einem heimlich ins Glas geschüttet werden können, nicht unbeaufsichtigt stehen lassen. Bei unerwünschtem Körperkontakt, auch von Bekannten, raten die ARAG Experten laut zu werden, andere Menschen miteinzubeziehen und selbstbewusst deutlich zu machen, dass dieses Verhalten nicht toleriert wird. Ein zusätzlicher Schutz kann ein Schrillalarm sein. Vor dem Gebrauch von Pfeffersprays in Menschenmengen warnen jedoch die ARAG Experten, da diese schnell zur Gefahr für Unbeteiligte und einen selbst werden können.

Respekt für Helfer
Während andere ausgelassen Karneval feiern, sind Sanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten und viele Ehrenamtler im Einsatz und unterstützen, wo es nötig ist. Umso wichtiger, dass sie im Fall der Fälle ungestört ihre Arbeit machen können. Es ist mitunter lebensgefährlich, wenn das alkoholisierte Zebra nicht mehr versteht, dass die Rettungswagen-Besatzung nur helfen will oder der „erlebnisorientierte“ Zorro die Einsatzkräfte angreift. Wer Feuerwehrleute oder Kräfte des Rettungsdienstes im Einsatz durch Gewaltandrohung oder gar einen Angriff behindert, hat deshalb nach Paragraf 115 Absatz 3 in Verbindung mit Paragraf 114 Strafgesetzbuch (StGB) mit hohen Strafen zu rechnen. Ebenso wird die Behinderung der Rettungsdienste durch Gaffen und Nichteinhalten einer Rettungsgasse (Paragraf 323c StGB) und auch die Beschädigung von Einsatzmitteln bzw. sogar schon der Versuch dessen (Paragraf 305a StGB) hart geahndet. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass zur Behinderung auch das Zuparken von Zufahrtswegen zählt: Wer nämlich sein Auto an einer Feuerwehrzufahrt am Weg des Karnevalsumzuges oder im Halteverbot abstellt, muss für die Abschleppkosten unter Umständen tief in die Tasche greifen.

Private Polonaise durchs Wohnzimmer
Wem es draußen zu trubelig oder kalt ist und wer lieber eine Jeckenparty in seinen eigenen vier Wänden feiern möchte, der sollte auch an die Nachbarn denken: Je nach Wohnsituation feiern sie, ob gewollt oder nicht, mit. Deswegen ist es gut, die Party vorher anzukündigen, damit es nicht unnötig Ärger gibt. Vielleicht hat der ein oder andere aus der Nachbarschaft ja auch Lust dazuzustoßen. Wird es zu laut, helfen denen, die es stört, nur Ohrenstöpsel. Denn Beschweren hilft an diesen Feiertagen nicht, erklären ARAG Experten. So ist es nicht nur kein Problem, wenn der Karnevalsumzug eine Lautstärke von 70 Dezibel überschreitet, sondern auch, wenn die vorgeschriebenen Ruhezeiten ab 22 Uhr nicht eingehalten werden können. Die tollen Tage sind zumindest in den Karnevalshochburgen ohne Musik und Feierei nicht denkbar. Demnach müssen auch Gastwirte lautstark singende oder gar grölende Gäste nicht zur Räson bringen, indem sie sie der Kneipe verweisen (Amtsgericht Köln, Az.: 532 OWi 183/96; Verwaltungsgericht Frankfurt a.M., Az.: 15 G 401/99).

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