Operationen, Chemotherapien und Bestrahlungen gehören zu den zentralen Säulen der Behandlung von Patientinnen und Patienten, die an Krebs erkrankt sind und nehmen, je nach Krebsart, Stadium der Erkrankung und Organbefall, in der Behandlung Erkrankter einen unterschiedlichen Stellenwert ein. Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle bei Krebserkrankungen sind ohne die radiologische Bildgebung mit ihren Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT) oder der Computertomografie (CT) kaum denkbar. Die Rolle der radiologischen Bildgebung in der Onkologie lässt sich etwa am Beispiel des Bauchspeicheldrüsenkrebses nachvollziehen. „Bei dieser Krebsart ist auch aktuell eine Operation in der Regel die einzige realistische Chance auf Heilung. Früher hat man viele Patientinnen und Patienten operiert, um nachzuschauen, ob der Tumor entfernt werden konnte“, erklärt Prof. Dr. Stefan Diederich, Chefarzt und Leiter des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Marienhospital Düsseldorf, und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Onkologische Bildgebung der Deutschen Röntgengesellschaft. „Je nachdem, wurde der Tumor entfernt – oder nicht. In diesem Fall war die Operation für die Betroffenen überflüssig und nur belastend. Das kann man heute durch die Bildgebung, speziell durch MRT und CT, meistens vermeiden.“
Bedeutung minimal-invasiver Verfahren
Für Patientinnen und Patienten bedeutet dies zwar keine messbar bessere Heilungschance, aber ein Zugewinn an Lebensqualität, da sie die ihnen verbleibende Zeit ohne die negativen Begleiterscheinungen einer Operation verbringen können. Klassische Operationen können teils auch durch die minimal-invasiven Verfahren der interventionell-radiologischen Onkologie vermieden werden. Solche Verfahren haben das therapeutische Spektrum in der Onkologie stark erweitert, sie können die Überlebensraten von Patientinnen und Patienten erhöhen oder zumindest zu mehr Lebensqualität beitragen. „Die Akzeptanz solcher Verfahren auf Seiten der Patientinnen und Patienten ist meistens gegeben, weil sie genau dem entsprechen, was sie sich wünschen – kleiner Schnitt, kleiner Schmerz, kleines Risiko“, so Professor Diederich.
Die radiologische Bildgebung wird darüber hinaus immer häufiger in der individualisierten Medizin im Bereich der Onkologie eingesetzt. Gegenüber den früher gebräuchlichen sehr standardisierten Behandlungen kommen heutzutage vermehrt „personalisierte“ Behandlungskonzepte zum Einsatz, bei denen die Behandlung sehr präzise auf die genauen Besonderheiten des Tumorleidens bei der einzelnen Patientin oder beim einzelnen Patienten zugeschnitten werden. Verschiedene Tumoren im selben Organ zeigen unterschiedliche Ausprägungen, die mithilfe der radiologischen Bildgebung teils frühzeitig klassifiziert werden können, sodass man auch eine Prognose treffen kann, um welchen Tumortypen es sich im konkreten Fall handelt. „Es gibt zum Beispiel die Perfusions-CT, die Erkenntnisse über die Durchblutung eines Tumors liefert. Die Art und Weise, wie hier der Tumor das Kontrastmittel aufnimmt, kann wichtige Hinweise geben, wie bösartig er in dem jeweiligen Organ sein wird“, erläutert Professor Diederich.
Bildgebung und individualisierte Tumortherapie
Die Bildgebung ist zum Beispiel auch entscheidend bei der Frage, ob ein Tumor vorbehandelt werden soll, etwa mit einer Chemotherapie, einer Bestrahlung oder auch beidem. Es gibt für bestimmte Tumoren Indizien, die darauf hinweisen, ob sie auf eine solche – als neoadjuvant bezeichnete – Therapie ansprechen werden oder nicht. Die Vorhersage, ob eine Vorbehandlung erfolgreich sein wird, ist ein wichtiges Thema beim Konzept der individualisierten Tumortherapie. „Darüber hinaus spielt die Bildgebung auch bei der Verlaufskontrolle eine immer wichtigere Rolle. Traditionell erfolgte eine Verlaufskontrolle in relativ großen Zeiträumen und orientierte sich allein an der Größe des Tumors“, sagt Professor Diederich. „Eine Chemotherapie beispielsweise musste den Tumor beziehungsweise die Krebszellen zunächst zerstören. Diese toten Zellen wurden dann im Körper abgebaut und erst danach war im positiven Fall ein Schrumpfungsprozess bildgebend erfassbar, das heißt der Tumor war im Durchmesser kleiner geworden. Mit Methoden wie Perfusions-CT und MRT, Messung des ADC-Wertes oder auch PET-CT, kann man schon sehr früh, nach einer Woche oder im günstigsten Fall schon nach einem Tag, eine Aussage darüber treffen, ob der Tumor auf eine Therapie anspricht.“ Die Bildgebung liefert also zu einem bereits frühen Zeitpunkt Hinweise, um die Wirksamkeit einer gewählten Therapie beurteilen zu können und bietet so die Möglichkeit, Therapien, die nachweislich keine Veränderung herbeiführen, sehr früh wieder abzusetzen.
Hier finden Sie ein ausführliches Interview mit Professor Stefan Diederich zum Thema radiologische Verfahren in der Onkologie.
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