Inflation und strategische Asset Allocation

Abgesehen von den Konjunkturschwankungen, die für die taktische Vermögensallokation ausschlaggebend sind, ist die Frage nach der Inflationsentwicklung, die die Industrieländer in den kommenden Jahren erwarten, für eine strategische Allokation am wichtigsten.

Ausgangspunkt war die extrem akkommodierende Geldpolitik, die 2009 in den USA und 2015 in der Eurozone eingeführt wurde, um den Auswirkungen der globalen Finanzkrise entgegenzuwirken. Die Folge war ein über lange Zeit anhaltendes jährliches Geldmengenwachstum von mehr als 20 %. Der Nährboden war also gelegt. Der Ausbruch von Corona setzte dann die Inflation in Gang, die durch die Angebotsverknappung infolge der Kriseneindämmung der Krise und durch die Ankurbelung der Nachfrage im Zusammenhang mit den staatlichen Maßnahmen ausgelöst wurde.

So liegt die Verbraucherpreisinflation in den USA und in Europa derzeit bei fast 8 % bzw. 10 % im Jahresvergleich und es gibt kaum Anzeichen für einen baldigen Rückgang. Der Inflationsdruck wird voraussichtlich ab 2023 abnehmen, aber in welchem Tempo und auf welchem Niveau wird er sich schließlich einpendeln? Unter Berücksichtigung einer derartig hohen Inflation stellt sich für ein verantwortungsbewusstes Finanzmanagement nun die Frage nach der Ausrichtung der strategischen Vermögensallokation.

Asset Allocation unter verschiedenen Inflationsbedingungen

In der wissenschaftlichen Forschung besteht ein breiter Konsens darüber, dass ein Inflationsniveau zwischen 0 und 3 % als normal, über 3 % und bis zu 10 % als hohe Inflation und über 10 % als Hyperinflation gilt, was impliziert, dass die Inflation außer Kontrolle gerät. Einig ist man sich auch darüber, dass sich die Finanz- und Immobilienmärkte in Zeiten normaler Inflation anders verhalten als in Zeiten hoher Inflation.

In Zeiten normaler Inflation ist der wichtigste Marktfaktor das Wirtschaftswachstum. Der Aktienmarkt wird zum Treiber, da das Wachstum sein wichtigster Indexierungsfaktor ist. Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist daher eher negativ. Dies war während der Globalisierungsphase zu beobachten, als das Wachstum im Wesentlichen von der Nachfrage ohne Einschränkungen des Angebots abhing.

In Zeiten hoher Inflation ist der wichtigste Marktfaktor die Inflation. Der Anleihemarkt wird zum Treiber, da die Zinssätze in erster Linie auf die Inflationserwartungen reagieren. Die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen ist daher recht positiv. Dies dürfte angesichts der rückläufigen Globalisierung und der Tatsache, dass das Wachstum im Wesentlichen von der Verfügbarkeit des Angebots abhängt, eintreten.

Immobilien bewegen die Märkte nur selten, und wenn, dann nur während einer großen Finanzkrise. Diese Anlage reagiert vor allem auf Realzinsen. Ein Zinsanstieg, der über der Inflation liegt, führt zu einem Rückgang der Immobilienpreise. In diesem Fall ist die Korrelation zwischen Immobilien und Anleihen positiv. Fällt der Zinsanstieg hingegen geringer aus als die Inflation, behaupten sich Immobilien, und die Korrelation ist negativ. Dies ist normalerweise der Fall, da die Zinssätze mit Verzögerung und schwächer auf die Inflation reagieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Vermögensallokation in Zeiten hoher Inflation von der Allokation in Zeiten normaler Inflation nicht nur dadurch unterscheidet, dass der Schwerpunkt auf der realen und nicht auf der nominalen Performance liegt, sondern auch durch die Konstruktion eines Portfolios, das ein Gleichgewicht zwischen Wertpapieren und Immobilien und nicht zwischen Aktien und Anleihen bevorzugt.

Welche Asset Allocation für einen mittel-/langfristigen Anlagehorizont?

Abgesehen von den negativen Auswirkungen auf das Realwachstum, die unsere Volkswirtschaften derzeit erleben, stellt sich die Frage, wie wir diesen Paradigmenwechsel auf unsere Vermögensallokationen für professionelle Investoren mit einem Anlagehorizont von mehr als fünf Jahren übertragen können.

Der Klimawandel und der allmähliche Rückgang der Reserven an fossilen Brennstoffen werden in den kommenden Jahren zu höheren Energiepreisen führen. Bei der Vermögensallokation dürfte dies zu einem stärkeren Exposure gegenüber Rohstoffen und Sektoren führen, deren Gewinne positiv mit diesen Assets korreliert sind. Dies gilt sowohl für Aktien als auch für Anleihen. Umgekehrt könnten Geschäftsmodelle, die von einer stabilen, preisgünstigen Energieversorgung abhängen, größere Schwierigkeiten haben.

Wir steuern möglicherweise auf eine sehr unsichere Zeit zu, in der Inflation und Disinflation, Wachstum und Rezession aufeinander folgen könnten. Diese Zeiten fördern eine starke Differenzierung zwischen den verschiedenen Wirtschaftssegmenten. Langfristige Trends wie die Urbanisierung, die Dekarbonisierung und digitale Innovationen bieten Raum für die Entwicklung der großen Akteure von morgen, wie es in den letzten 20 Jahren bei der Entwicklung des Internets der Fall war. Unserer Ansicht nach sollten diese Trends die Grundlage für eine langfristige Asset Allocation bilden, und zwar unabhängig von den in Frage kommenden Vermögenswerten.

Die massiven Investitionen, die zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen erforderlich sind, werden auch eine sehr starke Unterstützung durch die Staaten erfordern, deren Finanzierungsbedarf steigen wird. Die derzeit restriktiven Finanzbedingungen werden wahrscheinlich mittelfristig gelockert werden müssen, um eine solche Finanzierung zu ermöglichen. Dies dürfte mit niedrigeren Realzinsen (allerdings nicht so niedrig wie in den letzten zehn Jahren) und höheren Breakeven-Inflationsraten als momentan einhergehen. Hierbei fällt auf, dass die Finanzmärkte heute davon ausgehen, dass die Inflation sehr schnell zu den Zielwerten der Zentralbanken von etwa 2 % zurückgeht, was in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen ist.

Staatsanleihen sind strukturell untergewichtet. Abgesehen von der Inflationsentwicklung, die sich nachhaltig negativ auf diese Anlageklasse auswirken sollte, dürften die Maßnahmen der Regierungen den Anleihemarkt belasten. Das Beispiel Großbritanniens zeigt, dass es für die Zentralbanken schwierig sein wird, eine restriktive Geldpolitik über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.

Um es noch deutlicher zu machen: Eine Phase hohen nominalen Wachstums dürfte dazu beitragen, dass die Unternehmensgewinne stabil bleiben, selbst wenn es zu großen sektoralen Unterschieden kommt. Dieser positive Faktor wird jedoch durch voraussichtliche Erhöhungen der Unternehmenssteuern wieder aufgehoben. Die Gesamtentwicklung könnte daher letztlich ziemlich chaotisch, aber nicht unbedingt negativ sein, zumindest nominal.

Auch bei den Unternehmensanleihen wird es wahrscheinlich viele Unterschiede geben. Einige Unternehmen, die ihre Existenz ausschließlich den extrem niedrigen Finanzierungssätzen verdanken, werden es schwer haben zu überleben. Mittelfristig ist daher mit einem Anstieg der Ausfallraten zu rechnen. Daher bevorzugen wir Anleihen von guter Qualität mit einem Rating von BB oder besser. Dabei ist zu beachten, dass diese Anlagen recht empfindlich auf das Zinsrisiko reagieren.

Immobilien hingegen bieten in Inflationsphasen einen interessanten Schutz, da ihre Erträge an die Inflation gekoppelt sind. Dieser Inflationsschutz kann in den Mietverträgen vorgesehen sein. Dies ist insbesondere in Frankreich der Fall, wo die Mietverträge an Indizes gebunden sind, die direkt mit der Inflation verknüpft sind. Dies ist auch in Spanien und den Niederlanden üblich. In Deutschland ist dies weniger verbreitet und in Großbritannien, mit Ausnahme von Supermärkten, selten der Fall.

Der Inflationsschutz kann jedoch durch Obergrenzen für die Indexierungsindizes eingeschränkt sein. Diese Obergrenzen sollen die Kaufkraft der Immobiliennutzer bewahren. Sie sind normalerweise bei Wohn- und einigen Gewerbeimmobilien zu finden. Ebenso könnten mehrere erhebliche Erhöhungen der Indexierungsindizes die Zahlungsfähigkeit der Mieter untergraben. Nutzer mit erheblicher Preissetzungsmacht, d. h. die in der Lage sind, die erhöhten Kosten auf ihre Verkaufspreise umzulegen, sollten bevorzugt werden.

In Inflationsphasen ist eine Queranalyse nach Objektart und Wirtschaftszweig notwendig, um die Objekte zu ermitteln, die den besten Inflationsschutz bieten. Wir bevorzugen Büros, die an Wachstumsbranchen (Luxus, Energie, Verkehr usw.) vermietet sind, Immobilien des Gesundheitswesens oder verwaltete Wohnimmobilien, die kaum von Konjunkturzyklen betroffen sind, sowie Einzelhandelsmarken in Wachstumsbranchen.

Die steigende Inflation kann zu höheren Kapitalisierungs- und Finanzierungssätzen führen. Um die negativen Folgen dieses Anstiegs zu begrenzen, sind seltene Objekte zu bevorzugen, d. h. solche mit geringem Leerstand am Markt. Der niedrige Leerstand setzt sich zusammen aus der Grundstücksknappheit in städtischen Gebieten und Vorschriften. Letztere schränken die Entstehung neuer Angebote ein, um die angestrebte starke Reduzierung des Flächenverbrauchs zu erreichen. Wir bevorzugen verdichtete städtische Gebiete, in denen das Gebäude bei Bedarf einer anderen Nutzung zugeführt werden kann. Weinberge, deren Bodenwert auf der Zugehörigkeit zu einem begrenzten Anbaugebiet beruht und deren Preise voraussichtlich an die Inflation anknüpfen, können ebenfalls eine interessante Lösung bieten. 

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