Es ist deshalb kein Zufall, dass die 13-tägige Reise im April/Mai 2025 in die 100-tägige Staatstrauer fällt, die in jedem Jahr am 7. April zum Gedenken an den Völkermord im Jahr 1994 in Ruanda ausgerufen wird. Damals wurden innerhalb von 100 Tagen mehr als 800.000 Tutsi vor den Augen der Weltöffentlichkeit durch die Volksgruppe der Hutu ermordet.
Möglich wurde diese interkulturelle geschichtswissenschaftliche Begegnung durch den Austausch zwischen Dr. Ulrike Schrader, Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, und dem aus Ruanda stammenden Pfarrer Dr. John Wesley Kabango von der VEM über die Erinnerungskultur des ostafrikanischen Landes auch vor dem Hintergrund der aktuellen Kolonialismus-Debatte. „Durch das Projekt wird das ganzheitliche Missionsverständnis der VEM erfahrbar, was bedeutet, dass sich unsere Mitglieder sowohl in der Verkündigung des Evangeliums als auch in der sozialen Arbeit für die Gemeinschaft engagieren“, so Kabango.
Afrikanische Friedens- und Versöhnungsarbeit kennenlernen
Die deutschen Historiker*innen werden beobachten können, auf welche Weise die ruandische Gesellschaft den Herausforderungen des Völkermordes mit der Umsetzung vielfältiger, selbst entwickelter Lösungen beispielhaft begegnet. Sie werden außerdem die Versöhnungs- und Friedensarbeit der EPR-Kirche, die zur VEM-Gemeinschaft gehört, kennen lernen. Auf dem Programm stehen zudem Besuche unterschiedlicher Gedenkstätten und Erinnerungsorte im ganzen Land. Darüber hinaus werden die Wissenschaftler*innen mit den Opfern und Täter*innen des Völkermords in Ruanda ins Gespräch kommen und sehen, wie die Überlebenden des Genozids heute Tür an Tür mit den Mörder*innen ihrer engsten Angehörigen weiterleben können.
In den vorgesehenen Gesprächen mit den Minister*innen für Bildung sowie für Einheit und Bürgerengagement werden die Geschichtswissenschaftler*innen aus Nordrhein-Westfalen erfahren, mit welchen Maßnahmen die Regierung des ostafrikanischen Landes den Grundsatz "Nie wieder" dauerhaft und wirkungsvoll umsetzt, um die großen Herausforderungen des Völkermords an den Tutsi von 1994 anzugehen.
Ruanda zu einer Nation zusammenbringen
„Gerade diese besondere Art der Aufarbeitung und Versöhnung möchten wir gerne kennenlernen. Der Genozid in Ruanda ist schon deshalb besonders, weil eine einzelne Volksgruppe in einem Land mit nur drei Volksgruppen angegriffen wurde, weil es noch heute so tiefe Verwundungen in der Gesellschaft gibt, weil dieser Völkermord erst 30 Jahre her ist und weil sich die Welt überhaupt nicht darum gekümmert hat. Wir beobachten in Ruanda den spannenden Prozess, wie ein durch den Genozid zerrissenes Land versucht, wieder zu einer Nation zusammen zu kommen“, so Dr. Stefan Mühlhofer, Vorsitzender des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte in NRW.
Der leitende Theologe der EPR-Kirche und Friedensforscher Dr. Pascal Bataringaya, der seine Dissertation über Dietrich Bonhoeffer an der Universität Bochum verfasste, meint dazu: „Bei Begegnungen wie dieser können wir einander zuhören und voneinander lernen. Wir müssen Hand in Hand arbeiten, damit so etwas nie mehr passiert. Wir leisten unseren Beitrag zur Zukunft der nächsten Generationen, damit diese verantwortungsvoll handeln können.“
„Die VEM begrüßt diese interkulturelle Zusammenarbeit bei der Erforschung der Erinnerungskultur zum Völkermord in Ruanda. Diese Zusammenarbeit ist auch ein konstruktiver Beitrag für die Analyse der erinnerten Rolle der Zivilgesellschaft, einschließlich der Kirchen, um Frieden und Versöhnung im Anschluss an die tragischen Ereignisse zu erreichen“, so Pfarrer Dr. Andar Parlindungan, Generalsekretär der VEM.
Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) mit Büros in Wuppertal, Indonesien und Tansania ist eine internationale, gleichberechtigte Gemeinschaft von 39 Mitgliedern, darunter 32 evangelische Kirchen in Afrika und Asien sowie sechs deutsche EKD-Kirchen und den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Die VEM verfolgt konsequent ein ganzheitliches Missionsverständnis. Dazu gehört, die Lebensumstände notleidender und benachteiligter Menschen unter Achtung ihrer persönlichen Würde und Berücksichtigung ihres kulturellen Kontexts zu verbessern.
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