Ein Landschaftspflegeverband für den Vogelsberg?

Im Rheingau-Taunus-Kreis, nordwestlich von Wiesbaden, gibt es etwas, das als Blaupause für den Vogelsbergkreis dienen könnte. Denn dort arbeitet seit 1991 der Landschaftspflegeverband (LPV) Rheingau-Taunus. Was vor Ort bislang nur ein Gedankenspiel ist, nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus dem Kreis nun im malerischen Wispertaunus näher in Augenschein. Auf Einladung des Vereins Natur- und Lebensraum Vogelsberg waren dort Landrat Manfred Görig, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie der Vereinsvorstand mitsamt Vertretern des Bauernverbandes und der Naturschutzverbände für eine Exkursion zu Gast.

Der LPV Rheingau-Taunus ist bereits seit 1991 in der Region aktiv und ist damit auch der älteste in ganz Hessen. Trotz schwieriger Phasen konnte sich der Verband langfristig etablieren und von Jahr zu Jahr wachsen. Heute genießt er großes Vertrauen in der Region und bildet einen wichtigen Knotenpunkt in der Kommunikation zwischen Behörden, Gemeinden, Landwirtschaft und weiteren Akteuren.

Die Geschäftsführerin Sonja Kraft, Projektmitarbeiterin Lisa Jungmann sowie der Vereinsvorsitzende des LPV, Bürgermeister Volker Diefenbach empfingen den Vogelsberger Besuch am Vormittag in der Atzmannhütte bei Heidenrod. Hier berichtete das Team von der langjährigen Zusammenarbeit mit den Gemeinden, ihren Aufgabenbereichen und den Erfolgen der vergangenen Jahre. Besonders stolz sind sie zum Beispiel auf den „Niedergladbacher Almauftrieb“, der sich von einem kleinen Pilotprojekt Ende der 90er-Jahre zu einem jährlichen Volksfest mit mehreren Tausend Besuchern entwickelt hat. Neben den Beweidungsprojekten stehen auch die Offenlandpflege, Entbuschungen und die Neophytenbekämpfung auf dem abwechslungsreichen Arbeitsplan. Dort sieht Ronny Mohr, Vorsitzender des Vereins Natur- und Lebensraum Vogelsberg, große Schnittmengen zum Vogelsbergkreis. „Etwa 80 Prozent Ihrer Aufgaben, wie etwa die Offenlandpflege, Heckenschnitt oder Beweidungsmanagement, sind auch uns bestens vertraut. Die Umsetzung wird aktuell noch vom Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg und dem Sachgebiet Landschaftspflege des Kreises übernommen“, merkte er an und umriss die Schaffung eines LPV auch für den Vogelsberg als einen passenden Weg.

Neben den Projekterfolgen interessierte sich die Abordnung, insbesondere für den Vereinsaufbau und die Finanzierungstrukturen. Was kostet uns ein LPV und mit welchen Mitteln kann er Maßnahmen umsetzen? Der LPV Rheingau-Taunus steht dabei auf drei Standbeinen: die LPV-Förderung des Landes Hessen, den Vereinsbeiträgen der Gemeinden und zusätzlichen Mitteln, die projektbezogen aus verschiedenen Förderprogrammen eingeworben werden. Ob eine vergleichbare Förderstruktur auch für den Vogelsberg passend ist, muss noch diskutiert und geprüft werden.

Für die Beteiligten ist allerdings klar: Die Finanzierungsmöglichkeiten haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, denn ein landesweit flächendeckendes Netz aus LPVs ist erklärter Wunsch des Landes Hessen. Seit 2020 gilt die „Richtlinie zur Förderung von Landschaftspflegeverbänden“, mit dem Ziel, in allen 21 Landkreisen ebendiese aufzubauen.

Das Naturschutzgroßprojekt Vogelsberg wird Ende 2026 abgeschlossen – die Verantwortung zur naturschutzgerechten Landschaftspflege bleibt. Die Umsetzung in Form eines Landschaftspflegeverbandes auch im Vogelsberg ist dabei eine gute Möglichkeit, den Herausforderungen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch in Zukunft gerecht zu werden, unterstrichen Mohr und Euler. Dieser bedarf jedoch einiger Vorbereitungen, die in den kommenden zwei Jahren angegangen werden. Ziel ist es, einen fließenden Übergang vom Projekt in den LPV zu gestalten.

Nach einer mittäglichen Stärkung mit regionalen Gerichten, bei der auch Michael Ruhl, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat, kurzzeitig anwesend war, zog die Reisegruppe weiter, um ein Herzstück der Verbandsarbeit zu begutachten: den Erhalt artenreicher Streuobstwiesen.

In Strinz-Margarethä präsentierte der ehemalige Bürgermeister Hans-Jürgen Finkler stolz die Streuobstwiese mit alten und besonderen regionalen Sorten, wie etwa dem Speierling. Dort werden beispielsweise Obstschnittkurse angeboten, der Erhalt von Streuobstwiesen gefördert, und das Obst vom Obst- und Gartenbauverein Strinz-Margarethä zu Saft und Apfelwein verarbeitet.

Den Abschluss der Exkursion bildete ein Besuch auf dem Hof von Maximilian Finkler. Gemeinsam mit seinem Bruder Mathias betreibt er die „Brennerei Strinzer Edelbrände“, die sortenreine Schnäpse herstellt.

Johannes Euler, Projektleiter des Naturschutzgroßprojekts, und Ronny Mohr bedankten sich ausdrücklich im Namen aller Anwesenden für den gelungenen Tag und guten Austausch. „Wir haben sehr viel mitnehmen können und werden uns nun Gedanken machen, wie ein zukünftiger LPV im Vogelsberg aussehen könnte.“ Wichtig sind ihnen die gute Vorbereitung und frühe Einbindung der Gemeinden in den Planungsprozess.

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