Um herauszufinden, wie man Patientinnen und Patienten noch besser als mit der verfügbaren Standardtherapie helfen kann, führen Medizinerinnen und Mediziner klinische Studien durch: Sie kombinieren zum Beispiel vorhandene mit neuen Medikamenten oder setzen etablierte Therapien bei unterschiedlichen Patientengruppen ein. Obwohl Therapiestudien nicht immer die erhofften positiven Ergebnisse erbringen, sind sie unverzichtbar, um für jede Patientengruppe wissenschaftlich fundierte, zuverlässig wirksame Therapien anbieten zu können.
Aktuelles Bespiel ist eine sogenannte Phase-3-Studie zur Behandlung beim Multiplen Myelom, einer seltenen, bösartigen Erkrankung des blutbildenden Knochenmarks, die Medizinerinnen und Mediziner des Universitätsklinikums Heidelberg, der Universität Heidelberg und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg unter der Leitung von Professor Dr. Hartmut Goldschmidt jetzt in der Fachzeitschrift Lancet Haematology veröffentlicht haben: In der Studie erhielten 564 Patientinnen und Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplen Myelom an 67 deutschen Kliniken und Praxen zusätzlich zu einer etablierten Medikamentenkombination den Antikörper Elotuzumab. Das künstlich erzeugte Immuneiweiß kann bei Betroffenen mit wiederaufgetretenem oder therapieresistentem Multiplem Myelom die Erkrankung unterdrücken und Überlebenszeit verlängern. Bei den Teilnehmenden der aktuellen Studie mit neu aufgetretener Erkrankung war dies jedoch in Kombination mit einer effektiven Standardtherapie nicht der Fall.
„Zwar haben wir gezeigt, dass in dieser Patientengruppe Elotuzumab in Kombination mit einer Standardtherapie keinen Vorteil in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben oder die durchschnittliche Dreijahres-Überlebenschance bringt“, sagt Privatdozent Dr. Elias Mai, Myelomzentrum und Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg. „Es bedeutet aber gleichzeitig, dass die bisherige Standardtherapie, die maßgeblich in Heidelberg und von der GMMG-Studiengruppe mit entwickelt wurde, bereits hoch-effektiv ist. Elotuzumab bleibt fester Bestandteil der Therapie von Patientinnen und Patienten mit wiederaufgetretenem oder therapieresistentem Multiplen Myelom.“
Das Heidelberger Myelomzentrum der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie des UKHD und des NCT Heidelberg – langjährig gefördert von der Dietmar Hopp Stiftung – ist weltweit eines der größten Therapiezentren dieser Art. Hier werden mehr als 1.400 Patientinnen und Patienten pro Jahr aus ganz Deutschland und dem Ausland untersucht und überwiegend in Studien behandelt. So profitieren die Betroffenen frühzeitig von neuen Medikamenten oder modernen immuntherapeutischen Verfahren. Durch die Entwicklung neuer Medikamente, u.a. inzwischen in der Standardtherapie eingesetzten monoklonalen Antikörpern, hat sich die Behandlung von Myelompatientinnen und -patienten in den letzten 20 Jahren erheblich verbessert: Die Überlebenszeit hat sich im Durchschnitt ungefähr verdoppelt und die Erkrankung kann bei einem Großteil der Betroffenen mehrere Jahre zum Stillstand gebracht werden. Doch meist kehrt der Krebs früher oder später zurück und trotzt dann oft der Therapie. "Trotz der großen Fortschritte ist der Bedarf an neuen Therapieverfahren nach wie vor da. Wir arbeiten daher unermüdlich daran, unseren Patientinnen und Patienten die neuesten, bestmöglichen Therapien anzubieten und zu etablieren“, so Dr. Mai.
Die etablierten Therapien beinhalten verschiedene Medikamentenkombinationen und bei Patientinnen und Patienten mit einem guten Allgemeinzustand eine hochdosierte Chemotherapie mit anschließender Transplantation eigener Blutstammzellen. Diese Behandlung erhielten auch die Teilnehmenden der aktuellen Studie.
Literatur
Mai EK, Goldschmid H, Miah K, et al. Elotuzumab, lenalidomide, bortezomib, dexamethasone, and autologous haematopoietic stem-cell transplantation for newly diagnosed multiple myeloma (GMMG-HD6): results from a randomised, phase 3 trial. Lancet Haematol. 2024;11(2):e101-e113. doi:10.1016/S2352-3026(23)00366-6
Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.de
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