Für Patienten mit schwarzem Hautkrebs (Melanom) gibt es mittlerweile sehr gut wirksame Immuntherapien. Selten kann ein Melanom aber auch innerhalb des Auges auftreten. Diese Tumoren streuen oft rasch und sind dann bislang unheilbar. Eine neue Therapiemöglichkeit stellt ein vor Kurzem zugelassener sogenannter T-Cell Engager, das Tebentafusp, dar. Er kann die Überlebenszeit um mehrere Monate verlängern. Dies war das Ergebnis einer internationalen multizentrischen Phase-III-Studie unter Federführung von Professorin Jessica Hassel, Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD), Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg sowie Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg, und Dr. Sophie Piperno-Neumann vom Institut Curie in Paris, das nun im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. Tebentafusp gehört zur Klasse der Immuntherapeutika. Es bindet gleichzeitig sowohl an die Tumorzellen als auch an bestimmte Immunzellen (T-Lymphozyten) und erzeugt so eine Abwehrreaktion gegen den Krebs. An der Studie nahmen 378 Patientinnen und Patienten teil, bei denen das Melanom bereits Metastasen gebildet hatte. Gegenstand der aktuellen Publikation sind die Überlebensraten drei Jahre nach Behandlungsbeginn.
Ein-Jahres-Überlebenschance deutlich verbessert
Die Melanome des Auges entstehen in der Aderhaut (Uvea) des Auges, in der Iris und den Strukturen, an denen die Linse aufgehängt ist. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 400 bis 500 überwiegend ältere Menschen zwischen 60 und 70 Jahren an dieser häufigsten Tumorart des Auges bei Erwachsenen. Zwar gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die von einer Lasertherapie über Bestrahlung bis zur Entfernung des Auges reichen. Doch rund die Hälfte der Betroffenen erliegt den Metastasen, die das Uvea-Melanom innerhalb kurzer Zeit zahlreich bildet, häufig bereits im ersten Jahr nach der Diagnose.
Der neue Aktivator der T-Zellen, der „T cell engager“ Tebentafusp, hat die Ein-Jahres-Überlebenschance deutlich verbessert: „In unserer Studie überlebten mehr als 70 Prozent der Patientinnen und Patienten das erste Jahr, bei überschaubaren Nebenwirkungen wie Schüttelfrost, Fieber und Ausschlag vor allem zu Beginn der Therapie“, erläutert Professorin Jessica Hassel, Leiterin der Sektion Dermatoonkologie an UKHD und NCT Heidelberg. „Wie die jetzt publizierten Daten erstmals zeigen, setzt sich dieser Überlebensvorteil bis drei Jahre nach Diagnose fort.“ Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Patientinnen und Patienten, die Tebentafusp erhielten, waren nach drei Jahren noch am Leben. Bei den Teilnehmenden der Kontrollgruppe, die eine der etablierten Standardtherapien mit anderen Antikörpern erhielten, waren es 18 Prozent. Die Zuteilung zu Tebentafusp- oder Kontrollgruppe erfolgte bei Therapiestart zufällig.
Bispezifisch für Tumor- und Immunzellen
T-Cell Engager sind bispezifische Konstrukte: Sie binden auf der einen Seite an kleine Eiweißfragmente auf der Tumorzelloberfläche, auf der anderen Seite an eine Struktur auf der Oberfläche jener Immunzellen (T-Lymphozyten), die diese Krebszellen zerstören können. Die Wirkung übertrifft alle bisher eingesetzten Therapien beim gestreuten Aderhautmelanom.
Zwar kann die Erkrankung im Verlauf der drei Jahre auch mit Tebentafusp nur bei wenigen Patientinnen und Patienten dauerhaft kontrolliert werden, trotzdem bewerten die Expertinnen und Experten die Ergebnisse als überaus positiv: „Mit den bisherigen Therapien war die Überlebensprognose bei bereits metastasierten Aderhautmelanom-Patienten ausgesprochen schlecht. Die Ergebnisse zeigen uns, dass wir mit den T-Cell Engagern auf dem richtigen Weg sind, um die Prognose auch für Betroffene mit schwer behandelbaren Krebserkrankungen zu verbessern“, sagt Jessica Hassel.
Literatur
Hassel JC, Piperno-Neumann S, Rutkowski P, et al. Three-Year Overall Survival with Tebentafusp in Metastatic Uveal Melanoma. N Engl J Med. Published online October 21, 2023. doi:10.1056/NEJMoa2304753
Weitere Informationen im Internet
Hauttumorzentrum an UKHD und NCT Heidelberg
Kontakt
Prof. Dr. med. Jessica C. Hassel
Leiterin der Sektion Dermatoonkologie
an der Hautklinik des Universitätsklinikums Heidelberg und am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg
E-Mail: jessica.hassel@med.uni-heidelberg.de
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion. www.klinikum.uni-heidelberg.deg
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