Finanzielle Belastung von Pflegeheim-Bewohnenden erreicht neuen Spitzenwert

Die durchschnittliche finanzielle Belastung von Pflegebedürftigen, die im Pflegeheim leben, ist im vergangenen Jahr laut einer aktuellen Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) erneut gestiegen. Im Vergleich zum Jahr 2022 gab es bei den pflegebedingten Zuzahlungen einen Anstieg von 19,2 Prozent. Trotz der Einführung von Zuschlägen zur Begrenzung des Eigenanteils an den pflegebedingten Aufwendungen liegt die durchschnittliche Gesamtbelastung der Bewohnerinnen und Bewohner infolge der steigenden Preise inzwischen wieder auf dem Niveau des Jahres 2021, also vor der Einführung der Zuschläge durch die Politik. Eine Prognose des WIdO zur weiteren Entwicklung macht deutlich, dass auch die aktuelle Anhebung der Zuschläge und die geplante Dynamisierung der Leistungssätze im Jahr 2025 den Trend zu immer höheren finanziellen Belastungen voraussichtlich nicht nachhaltig stoppen können.

Die aktuelle Analyse zeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner Ende des Jahres 2023 von der Pflegeversicherung durchschnittlich 569 Euro pro Monat für ihre pflegebedingten Eigenanteile in Form der nach Wohndauer gestaffelten Zuschläge erstattet bekamen. Durchschnittlich 874 Euro mussten sie selbst für die Pflege zuzahlen, hinzu kamen im Schnitt 909 Euro für Unterkunft und Verpflegung sowie 484 Euro für Investitionskosten. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Gesamtbelastung von 2.267 Euro pro Monat. Sie liegt damit ungefähr auf dem Niveau vor der Einführung der nach Wohndauer gestaffelten Zuschläge zur Entlastung, die seit dem 1. Januar 2022 greifen. Bei den Pflegebedürftigen mit langer Wohndauer haben diese Zuschläge für eine deutliche Entlastung gesorgt. So zahlten Bewohnerinnen und Bewohner mit einer Wohndauer von mehr als drei Jahren – dies sind rund 40 Prozent der vollstationär Pflegebedürftigen – im vergangenen Jahr für ihre Pflege einen einrichtungsbezogenen Eigenanteil von lediglich 433 Euro. „Insgesamt ist der Trend zu immer höheren Eigenanteilen allerdings ungebrochen“, betont Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege beim WIdO. So habe die durchschnittliche finanzielle Belastung der Bewohnerinnen und Bewohner im Jahr 2017 mit 1.752 Euro noch mehr als 23 Prozent niedriger gelegen als heute.

Zum 1. Januar 2024 sind die Zuschläge für pflegebedingte Aufwände, die von den Pflegekassen gezahlt werden, angehoben worden: Für Pflegebedürftige, die bis zu einem Jahr in einer vollstationären Pflegeeinrichtung wohnen, steigen sie von 5 auf 15 Prozent. Bei einer Wohndauer von einem Jahr bis zu zwei Jahren gibt es eine Anhebung von 25 auf 30 Prozent, bei zwei bis drei Jahren von 45 auf 50 Prozent und bei einer Wohndauer ab drei Jahren von 70 auf 75 Prozent. Mit Beginn des Jahres 2025 sollen dann auch die allgemeinen Leistungssätze der Pflegeversicherung steigen: Statt beispielsweise bisher 1.775 Euro pro Monat bei Pflegegrad 4 gibt es dann 1.855 Euro (plus 4,5 Prozent). „Schon jetzt ist absehbar, dass die Kosten für die Pflege im Heim weiter steigen werden. Das hat unter anderem mit gestiegenen Lohnkosten infolge der Verpflichtung der Einrichtungen zur tariflichen Bezahlung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den inflationsbedingten Tarifsteigerungen zu tun“, erläutert Antje Schwinger. In einer Prognose zur weiteren Entwicklung der pflegebedingten Eigenanteile hat das WIdO verschiedene Szenarien durchgespielt. „Wenn man von einer im Vergleich zu den Vorjahren eher moderaten Steigerung der Eigenanteile um 10 Prozent ausgeht, werden die Eigenanteile bereits 2025 trotz der beschlossenen Erhöhungen der Zuschläge und der Dynamisierung der Leistungssätze wieder über dem Niveau von 2023 liegen“, so Schwinger.       

Große regionale Unterschiede, aber Trend zur Angleichung der Preise

Die WIdO-Analyse zur Entwicklung im Jahr 2023 umfasst auch einen Vergleich zwischen den einzelnen Bundesländern. Er macht deutlich, dass die Höhe der finanziellen Belastungen der Pflegeheim-Bewohnenden in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ist: Während die Gesamt-Zuzahlungen Ende 2023 im Saarland bei 2.640 Euro pro Monat lagen, waren es in Sachsen-Anhalt lediglich 1.800 Euro. Besonders groß ist die Spanne bei den Kosten für Unterkunft und Verpflegung: Während in Sachsen-Anhalt nur 720 Euro zu bezahlen sind, sind es in Nordrhein-Westfalen 1.156 Euro.

„Auch die pflegebedingten Zuzahlungen variieren regional sehr stark. In der Gesamtschau haben sich die Preise zwischen den Regionen über die Jahre jedoch deutlich angeglichen“, betont WIdO-Forschungsbereichsleiterin Antje Schwinger. So lagen die durchschnittlichen Pflegesätze in den westlichen Bundesländern 2019 noch mehr als 200 Euro über denen im Osten. Inzwischen hat sich dieser Unterschied auf 44 Euro verringert. Diese Angleichung hängt nach Einschätzung des WIdO unter anderem mit der Einführung der Tariftreue-Regelungen zum 1. September 2022 zusammen. Seitdem dürfen die Landesverbände der Pflegekassen Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeinrichtungen schließen, die mindestens in Tarifhöhe bezahlen. „Das dürfte ganz wesentlich zur Angleichung der Preise beigetragen haben, denn die pflegebedingten Kosten werden maßgeblich durch die Lohnkosten bestimmt“, so Schwinger. Welche erheblichen Auswirkungen dies haben kann, zeigt der Blick auf die Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. seit dem 31. Dezember 2021 sind die einrichtungsbezogenen Eigenanteile (EEE) in jedem fünften Kreis um mehr als 572 Euro gestiegen sind. Überdurchschnittlich hoch waren die Anstiege in den ostdeutschen Bundesländern sowie in Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

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