„Wir freuen uns sehr, bei diesem wichtigen Projekt mit dabei zu sein. Mit VVMethoden haben wir erstmals Strukturen und ein Sicherheitskonzept erarbeitet, das zukünftig Grundlage für die Entwicklung autonomer Fahrzeuge sein wird“, unterstreicht Emmeram Klotz, Leiter Test und Validierung für automatisiertes und vernetztes Fahren in der TÜV SÜD Division MOBILITY. Die Herausforderung: Es gibt unendlich viele mögliche kritische Situationen im Straßenverkehr. Da diese aber wegen der schieren Menge niemals in realen Tests prüfen kann, setzen die Experten auf Simulation. TÜV SÜD war maßgeblich daran beteiligt, die Relevanz gefährlicher Faktoren zu beurteilen und zu benennen. Ziel war es, die kritischsten Situationen im Vorfeld mit Hilfe von Simulation zu bestimmen. Im Test mit dem realen Fahrzeug kann man sich dann auf diese konzentrieren. Klotz: „Die Tests mit realen Fahrzeugen werden immer ein wichtiger Bestandteil in der Absicherung sein. In Zukunft wird aber auch die Simulation eine immer größere Rolle spielen und so einen Beitrag zur Sicherheit liefern. Und die haben wir hier als Prüfmethode validiert.“
Struktur geben
Ein geparktes Auto am Straßenrand verdeckt einen Fahrradfahrer. Klingt nach einer kritischen Verkehrssituation. Aber wann wird es gefährlich? Und ab wann gelten welche Faktoren als kritisch? Schaut man sich nur diese eine alltägliche städtische Verkehrssituation an, wird schnell klar, wie komplex die Aufgabe der TÜV SÜD Experten war. Verstärkt wird diese Herausforderung zusätzlich dadurch, dass verschiedene Faktoren wie Wetter, Straßenbelag, Blendung, Lichtsignale und Ähnliches dazukommen. Dazu Tuan Duong Quang, der das Projekt vonseiten TÜV SÜD leitet: „Wir mussten uns zunächst einmal der Aufgabe stellen, aus dem offenen Situationskomplex der realen Verkehrswelt, die kritischsten Phänomene herauszufiltern.“ Hierzu haben die TÜV SÜD-Experten den offenen strukturlosen Kontext, also die unendlich vielen Szenarien, die auf der Straße möglich sind, mittels Kritikalitätsanalyse erst einmal strukturiert. Die Simulation beweist hier die Wirkzusammenhänge zwischen erhöhter Kritikalität und Einflussfaktoren. Sie dient den Fachleuten als Werkzeug aus den unendlich vielen Situationen endlich viele zu bestimmen, die testbar sind.
Stück für Stück
Zurück zur T-Kreuzung, auf der ein Fahrradfahrer von einem parkenden Auto verdeckt wird, und zu der Frage, welche Faktoren hier, wie stark die Kritikalität beeinflussen. Faktoren, die variabel und kritisch eingestuft werden, sind beispielsweise Position und Geschwindigkeit des herannahenden Fahrzeugs, Position und Größe des geparkten Fahrzeugs und Position und Geschwindigkeit des von rechts kommendem Fahrrad. Mittels Algorithmus werden die Einflussfaktoren für die Verdeckung des Radfahrers anhand von stochastisch ermittelten Werten in kleinen Schritten verändert: das herannahende automatisierte Fahrzeug einen halben Meter nach vorn, den Fahrradfahrer entsprechend 20 Zentimeter – zum Beispiel. Die tatsächliche Größe des parkenden Fahrzeugs bleibt zwar gleich, hinsichtlich der Sichtachse zwischen automatisiertem Pkw und Radfahrer verändert sie sich aber.
Daraus ergibt sich, dass die Verkehrssituation in einem Moment noch nicht kritisch ist, weil das automatisierte Fahrzeug den Radler wahrnimmt und ausreichend Zeit bleibt, darauf zu reagieren. Wird das parkende Fahrzeug aber „größer“ und verdeckt die Sichtachse zwischen den Verkehrsteilnehmern, wird die Situation kritischer – Stück für Stück.
Zugang für alle
Als Simulationstool haben die TÜV SÜD-Experten den OpenSource Ansatz mit dem Simulationswerkzeug openPASS ausgewählt. Mit diesem für alle zugänglichen Werkzeug werden beispielsweise konkrete Verkehrsfaktoren oder Bedingungen für die Simulation entwickelt. Tuan Duong Quang: „Damit die Simulation die Anforderungen aus der Kritikalitätsanalyse erfüllt, wurde das Tool Schritt für Schritt angepasst. Dazu gehört etwa ein Fahrradfahrer-Modell, die Entwicklung einer automatisierten Fahrfunktion, die Interpretation eines Zebrastreifens, die Simulation von Ampeln oder auch die Realisierung von Wetterbedingungen.“ Alles zusammen komplettiert das Bild kritischer Verkehrssituationen, welche die Basis für den Einsatz der Simulation für die Zulassung automatisierter Fahrfunktionen bildet. Klotz: „VVMethoden wurde auf einer offenen Plattform entwickelt. So können alle, die an der Entwicklung autonomen Fahrens beteiligt sind, auf das Sicherheitskonzept zugreifen. Damit beschleunigen wir insgesamt die schnelle Einführung dieser neuen Technologie.“
VVMethoden – was ist das?
Forschung, Industrie und Behörden zusammenbringen, um die Grundlagen für die schnelle Entwicklung autonomer Fahrzeuge zu schaffen – das war die Idee des Vorgängerprojektes Pegasus. Die Konsortialpartner haben hier seit 2016 daran gearbeitet, allgemein akzeptierte Methoden und Werkzeuge für die Absicherung hochautomatisierter Fahrzeugfunktionen – zunächst bis SAE-Level 3 – zu erarbeiten. Daraus haben sich seit 2019 zwei Folgeprojekte ergeben, eines davon ist VVMethoden. Mit VVMethoden schaffen die Partner den Sprung auf SAE-Level 4 und 5. Auch hier ist es das Ziel, Methoden und Werkzeuge für die Homologation hochautomatisierter Fahrzeuge zu schaffen – jetzt im urbanen Raum.
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Im Jahr 1866 als Dampfkesselrevisionsverein gegründet, ist TÜV SÜD heute ein weltweit tätiges Unternehmen. Mehr als 26.000 Mitarbeiter sorgen an über 1.000 Standorten in rund 50 Ländern für die Optimierung von Technik, Systemen und Know-how. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, technische Innovationen wie Industrie 4.0, autonomes Fahren oder Erneuerbare Energien sicher und zuverlässig zu machen. www.tuvsud.com/de
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