Apothekenreform: Auf der Suche nach Konsens

Die Spannungen zwischen der deutschen Apothekerschaft und Gesundheitsminister Karl Lauterbach haben angesichts seiner Reformpläne einen kritischen Höhepunkt erreicht. Auf der kürzlich abgehaltenen Zukunftskonferenz VISION.A äußerten zwei prominente Standesvertreter ihre vehementen Bedenken und riefen dazu auf, eigene Vorschläge zu erarbeiten, um konstruktiv in den Dialog zu treten.

Die Kammerpräsidentin in Berlin, Dr. Kerstin Kemmritz, brachte die allgemeine Verärgerung auf den Punkt, indem sie erklärte, dass die Umsetzung von Lauterbachs Reformideen dazu führen würde, dass es "richtig scheiße" werde. Trotz dieser klaren Ablehnung betonte sie die Notwendigkeit, einen klaren Kopf zu bewahren und konstruktive Alternativen zu entwickeln. Dabei verwies sie auf die Erfahrungen aus dem Jahr 2003, als Apotheken trotz vehementer Proteste einer Liberalisierung ausgesetzt waren.

Holger Seyfarth, Verbandschef aus Hessen, schloss sich Kemmritz an und betonte die mangelnde Dialogbereitschaft Lauterbachs. Er unterstrich die Dringlichkeit einer kreativen Herangehensweise der Apothekerschaft an die bevorstehenden Veränderungen und forderte eine Überarbeitung der Überlegungen zur Honorargestaltung. Zudem sprach er sich für größere, leistungsstärkere Apotheken aus, um dem demografischen Wandel zu begegnen.

Eine skeptische Stimme in diesem Diskurs war Daniela Hänel vom Verein Freie Apothekerschaft. Sie warnte vor einem falschen Spiel seitens Minister Lauterbach und drängte darauf, nicht passiv abzuwarten, bis Gesetzesentwürfe aus dem Ministerium vorliegen. Die Apothekerschaft müsse Erfolge erzielen und endlich eine effektive Führung seitens der ABDA erleben.

In diesem Kontext plädierte Holger Seyfarth dafür, die Vergütung auf die Ebene der Selbstverwaltung zu bringen, um unabhängig vom Gesetzgeber agieren zu können. Die Diskussion über die Zukunft der Apotheken wurde auch um die Frage erweitert, welche Art von Versorgung die Gesellschaft sich leisten wolle und wie viel diese wert sei.

Die Diskussion über die Light-Filialen verdeutlichte uneinheitliche Meinungen. Einige sahen darin ein unerwünschtes Angebot, während andere anerkannten, dass die flächendeckende Versorgung nicht überall gewährleistet werden könne.

Insgesamt verdeutlichte die Konferenz, dass die Apotheker bereit sind, aktiv an der Gestaltung ihres Berufsstandes teilzunehmen und sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.

Kommentar: Apotheker im Dilemma – Fehlende Visionen und vage Widerstandsbekundungen

Die Auseinandersetzung zwischen der Apothekerschaft und Gesundheitsminister Lauterbach scheint sich zu einem beispiellosen Konflikt zu entwickeln, der jedoch mehr Fragen als Antworten aufwirft. Die klare Ablehnung der Reformideen bleibt im Nebel stecken, da die Apotheker es versäumen, substantielle Alternativen vorzulegen.

Dr. Kerstin Kemmritz‘ düstere Vorhersage für die Zukunft, sollte Lauterbachs Pläne umgesetzt werden, ist verständlich angesichts der Unsicherheit, die solche tiefgreifenden Veränderungen mit sich bringen. Doch die Apotheker müssen sich mehr als nur auf ihrem Unmut ausruhen; sie müssen eine klare, tragfähige Vision für die Zukunft präsentieren, die über vergangene Proteste hinausgeht.

Holger Seyfarths Klage über Lauterbachs mangelnde Dialogbereitschaft ist legitim, aber seine eigenen Vorschläge bleiben vage und wenig überzeugend. Die Forderung nach größeren Apotheken als Antwort auf den demografischen Wandel klingt nach einem Selbstschutzmechanismus, der die eigentlichen Probleme des Berufsstands übersieht.

Die Warnung von Daniela Hänel vor einem "falschen Spiel" Lauterbachs bleibt allgemein und enthält keine klaren Handlungsanweisungen für die Apotheker. Der Ruf nach Selbstbestimmung bei der Vergütung ist zwar legitim, aber ohne klare Strategien und konkrete Maßnahmen bleibt dies eine leere Forderung.

Die Light-Filialen werden als unerwünschtes Angebot abgetan, ohne dass die Apotheker eine klare Perspektive darüber entwickeln, wie sie die Versorgung in strukturschwachen Gebieten sicherstellen wollen. Insgesamt fehlt es der Apothekerschaft an einer gemeinsamen Vision und einer klaren Strategie für die Zukunft.

Es bleibt zu hoffen, dass die Apotheker nicht nur ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, sondern auch konstruktive Ideen vorlegen, um die Herausforderungen anzugehen. Der Konflikt mit Lauterbach erfordert mehr als nur Widerstand; er erfordert eine klare, gemeinsame Richtung für die Apotheken in Deutschland.

Von Engin Günder, Fachjournalist

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