„Diese Übersichtsarbeit ist ein relevanter Teilaspekt meiner eigenen Forschungsarbeit – ich beschäftige mich schon seit längerer Zeit mit dem Thema Frailty und wie wir dieser Herausforderung begegnen können“, erklärt Denise Schindele. Es gibt noch keine allgemeingültige Definition von Frailty in der Anästhesie und Intensivmedizin. Kennzeichnend ist allgemein ein Zustand stark reduzierter physiologischer Reserven, was zum Beispiel das Risiko, während des Krankenhausaufenthalts zu versterben, erhöht. Derzeit existieren noch keine einheitlichen Screening-Instrumente zur Bestimmung von Frailty, da sich das Syndrom sehr individuell und komplex äußern kann. Daher wird es in der klinischen Praxis nicht regelmäßig erhoben. „In Anbetracht des demografischen Wandels werden zunehmend ältere Menschen mit Frailty in unsere Kliniken kommen und darauf sind wir de facto noch nicht ausreichend vorbereitet. Wir müssen Konzepte auch für den Akut-Bereich entwickeln, um das postoperative Outcome von diesen Risikopatienten zu verbessern. Die Prähabilitation kann dabei ein hilfreiches Konzept sein“, erklärt Schindele.
Eindeutige Evidenz fehlt noch
Der Übersichtsartikel soll dazu beitragen, den dafür nötigen wissenschaftlichen Diskurs aufrechtzuerhalten und das Thema voranzutreiben. Anfang 2023 wurde dafür eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, die die bestehende Evidenz von multimodalen Prähabilitationskonzepten auf das Outcome von Frailty-Patienten untersuchte. Die Bausteine solcher Konzepte reichen von körperlichem Training und psychologischer Unterstützung über die Verbesserung des Ernährungszustands bis hin zur Optimierung von Vorerkrankungen. Die Recherche ergab: Die untersuchten Konzepte unterscheiden sich stark und einzelne Untersuchungsbausteine zeigen auch positive Effekte auf das Outcome – eine eindeutige Evidenz gibt es aber noch nicht.
Weitere Forschung für praxistaugliches Konzept nötig
Es besteht also noch weiterer Forschungsbedarf, um zukünftig einheitliche Empfehlungen zur Versorgung von Patienten mit Frailty zu etablieren. Wünschenswert wäre ein möglichst umfassendes und praxistaugliches Konzept, mit dem die jeweils vorhandenen Defizite eines Frailty-Patienten einfach getestet und die dann mit gezielten Maßnahmen behandelt werden: So, dass die betroffene Person optimal auf die Operation vorbereitet ist und das genannte Risiko gesenkt wird. Bis ein solches Konzept entwickelt worden ist, helfen laut Denise Schindele oft schon pragmatische Lösungen: „In der Praxis besteht häufig Unsicherheit, welches Assessment-Instrument genutzt werden kann, weil es so viele gibt. Ich würde empfehlen, die Instrumente zu nutzen, bei denen man sich sicher fühlt und die man auch gut in die tägliche Routine einbauen kann. Wichtig ist, dass bei Frailty-Patienten überhaupt erstmal mehr gescreent wird. Also: Sich einfach mal trauen und alert sein für diese Gruppe!“
Valerius-Preis fördert Forschungsbeiträge der Pflege- und Gesundheitsfachberufe
Die DIVI hat den Valerius-Preis erstmals 2013 vergeben. Die Namensgeberin Therese Valerius war selbst eine Pflege-Pionierin: Sie legte den Grundstein der heutigen Fachweiterbildungen, indem sie ein Weiterbildungskonzept entwickelte und 1972 an der Uniklinik Mainz den ersten Weiterbildungslehrgang „Anästhesie und Intensivpflege“ ins Leben rief. Nun ehrt der Valerius-Preis neue Pionierinnen und Pioniere der Gesundheitsfachberufe für herausragende Forschungsarbeiten. Die Jury setzt sich zusammen aus Pflegeexperten im Herausgebergremium der DIVI-Zeitschrift, Mitgliedern der DIVI-Sektion Pflegeforschung und Pflegequalität sowie der Sektion Physiotherapie. Der Valerius-Preis ist verbunden mit einer Fördersumme von 1.500 Euro.
Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 4.300 persönlichen Mitgliedern und 19 Fachgesellschaften aus Anästhesiologie, Chirurgie, Innerer Medizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Neurologie und Neurochirurgie. Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus.
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