Familien in großer Sorge: Versorgung schwerkranker Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener gefährdet

Viele schwerkranke junge Menschen befürchten ab ihrem 18. Geburtstag eine deutliche Verschlechterung ihrer Lebenssituation: Kinderkliniken dürfen ihre Versorgung nicht mehr leisten, Erwachsenenversorger können diese oft nicht übernehmen. Zweites großes Problem: „Die Regelversorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher zuhause oder in Kinderkliniken ist derzeit massiv gefährdet.“ so Prof. Dr. Boris Zernikow, Leiter des Kinderpalliativzentrums Datteln. Sobald beispielsweise die Kinderklinik vor Ort schließt oder die Kinderärztin keinen Nachfolger findet, ist die medizinisch-pflegerische Basisversorgung nicht länger gewährleistet. Dann können auch die zur Ergänzung vorgesehenen Angebote der Kinderhospizarbeit und pädiatrischen Palliativversorgung nicht mehr greifen. Ebenso bedrohe die Umsetzung des „Intensivpflege- und Rehabilitations-stärkungsgesetzes“ de facto die häusliche Versorgung schwerstkranker zum Teil künstlich beatmeter Kinder und Jugendlicher, erklärte Zernikow heute in Berlin: „Die Sorgen der Eltern sind sehr real!“

Diese starken Verunsicherungen in der Versorgung von schwerkranken Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und gleichzeitig die vielfältigen Unterstützungsbedarfe der betroffenen Familien bilden den Hintergrund für die heutige Premiere eines Kurzfilms in Berlin, in dem anschaulich gezeigt wird, wann und in welcher Form welches Angebot von den betroffenen Familien genutzt werden kann. Der Film ist nun in deutscher, englischer, türkischer, hocharabischer und ukrainischer Sprache veröffentlicht – weitere Sprachversionen sind in Arbeit. „Damit wird auch der Wegweiser Hospiz- und Palliativversorgung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin sinnstiftend ergänzt.“, freute sich DGP-Vizepräsident Andreas Müller. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat auf Antrag der DGP die Entwicklung eines Erklärvideos für Eltern und Familien zu den Besonderheiten der Hospizarbeit und Palliativversorgung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland finanziell gefördert.

Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, MdB, hob in einer Videogrußbotschaft hervor: „In Deutschland leben rund 100.000 junge Menschen mit lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Erkrankungen. Den größten Teil ihrer Versorgung schultern ihre Familien. Es liegt in unserer Verantwortung, sie zu entlasten, wo es nur geht.“ Doch würden viele Betroffene mit ihrem Umfeld das umfassende Unterstützungs-System leider noch nicht kennen: „Der Film hilft, diese Informationslücke zu schließen. Mitfühlend, klar und verständlich.“

Als Teil eines Projekts zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen der „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ entstand unter Leitung von Prof. Dr. Boris Zernikow am Kinderpalliativzentrum Datteln, Vestische Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke, in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderhospizverein, dem Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verband, dem Bundesverband Kinderhospiz und der Deutschen KinderPalliativStiftung ein animierter Film, der verständlich und bildhaft über die unterschiedlichen Unterstützungs-angebote aufklärt.

Im Gegensatz zur Palliativversorgung von erwachsenen Patient:innen beginnt die Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen mit der Diagnosestellung einer lebensbedrohlichen Erkrankung und kann über Jahre erfolgen. Etwa 100.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis 19 Jahre sind in Deutschland laut Zernikow von einer lebensbedrohlichen bzw. lebenslimitierenden Erkrankung betroffen. Er betonte: „Anders als Erwachsene in der Hospiz- und Palliativversorgung leiden lebensbedrohlich kranke Kinder fast immer an seltenen Erkrankungen.“

Unterstützungsbedarfe der betroffenen Familien sind sehr vielfältig, komplex und treten zu unter-schiedlichen Zeiten im Verlauf der Erkrankung auf. Hilfe für die Familien bieten die Kinderhospizarbeit und -palliativversorgung und zwar sowohl für die erkrankten Kinder und Jugendlichen als auch für ihre Eltern und Geschwister. Kinder- und Jugendhospize und ambulante Kinderhospizdienste, spezia-lisierte ambulante Kinderpalliativteams und Kinderpalliativstationen in Kinderkliniken unterstützen Familien mit einem schwer oder lebenslimitiert erkrankten Kind, wenn sie Entlastung, Aufklärung und Beratung, medizinisch-pflegerische Behandlung, Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, emotionale Begleitung und psychosoziale Betreuung – auch noch in der Trauerphase – benötigen.

Der Kurzfilm hilft beim zügigen und niedrigschwelligen Überblick über das vielschichtige Angebot. LINK ZUM FILM: https://youtu.be/24MnPzACUKM

Kinderpalliativzentrum an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln
Im Kinderpalliativzentrum an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln – Universität Witten/Herdecke arbeiten Medizin und Pflege Hand in Hand mit dem psychosozialen Team bestehend aus Therapeut:innen verschiedener Fachrichtungen. Das Kinderpalliativzentrum hat unter der Leitung von Prof. Dr. Boris Zernikow im Jahre 2010 als weltweit erstes seiner Art die Arbeit aufgenommen und wurde in 2020 zertifiziert. Die exzellente ganzheitliche Versorgung, welche über eine von den Krankenkassen finanzierte ausreichende Behandlung hinausgeht, ermöglicht der Freundeskreis Kinderpalliativzentrum Datteln e.V.. Im Jahre 2023 wurde das Kinderpalliativzentrum mit dem MSD Gesundheitspreis für innovative Versorgungslösungen ausgezeichnet und durfte sich zudem über den Publikumspreis freuen. www.kinderpalliativzentrum.de

Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland
Ziel der Charta ist es, im Rahmen einer Nationalen Strategie Sterben, Tod und Trauer als Teil des Le-bens zu begreifen, dies im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern und allen Menschen in Deutschland ihren individuellen Bedürfnissen entsprechend einen gerechten Zugang zu einer würde-vollen Begleitung und Versorgung am Lebensende zu ermöglichen – eine große Herausforderung für alle Mitwirkenden. Die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutsch-land“ setzt sich daher seit ihrer Verabschiedung im Jahr 2010 für Menschen ein, die aufgrund einer fortschreitenden, lebensbegrenzenden Erkrankung mit dem Sterben und dem Tod konfrontiert sind. Die fünf Leitsätze der Charta formulieren Aufgaben, Ziele und Handlungsbedarfe, um die Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland zu verbessern. Im Mittelpunkt steht dabei immer der betroffene Mensch. Trägervereinigungen der Charta sind die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin, der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband und die Bundesärztekammer. www.charta-zur-betreuung-sterbender.de 

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) steht als wissenschaftliche Fachgesellschaft für die interdisziplinäre und multiprofessionelle Vernetzung: Rund 6.400 Mitglieder aus Medizin, Pflege und weiteren Berufsgruppen engagieren sich für eine umfassende Palliativ- und Hospizversorgung in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. www.palliativmedizin.de www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de 

Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V.
Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband e.V. (DHPV) vertritt die Belange schwerstkranker und sterbender Menschen und ist die bundesweite Interessensvertretung der Hospizbewegung sowie der zahlreichen Hospiz -und Palliativeinrichtungen in Deutschland. www.dhpv.de 

Bundesärztekammer
Die Bundesärztekammer ist die Spitzenorganisation der ärztlichen Selbstverwaltung. Sie vertritt die berufspolitischen Interessen der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland. www.bundesaerztekammer.de

Bundesverband Kinderhospiz e.V.
Der Bundesverband Kinderhospiz e.V. vertritt als Dachverband die Interessen für stationäre Kinderhospize und ambulante Dienste und ist Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kostenträger und Spender. www.bundesverband-kinderhospiz.de 

Deutscher Kinderhospizverein e.V.
https://www.deutscher-kinderhospizverein.de/ 
Der Deutsche Kinderhospizverein e.V. (DKHV e.V.) gilt seit seiner Gründung 1990 als Wegbereiter der Kinder- und Jugendhospizarbeit in Deutschland. Er bietet für betroffene Familien ein Forum des Austauschs und der Vernetzung. Die ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienste sind Anlaufstelle vor Ort, zusätzlich bietet die Deutsche Kinderhospizakademie zahlreiche Bildungs- und Begegnungsangebote an.

Deutsche KinderPalliativStiftung
https://www.palliativstiftung.com/ 
Die Gründer der Deutschen PalliativStiftung (DPS) haben im Jahr 2013 die Deutsche KinderPalliativStiftung (DKPS) ins Leben gerufen und damit auf den großen Bedarf im Bereich der Hospizarbeit und Palliativversorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland reagiert. Seitdem setzt sich die DKPS intensiv dafür ein, dass jedes unheilbar kranke Kind die Möglichkeit hat, sein Leben bis zuletzt umfassend versorgt und in vertrauter Umgebung verbringen zu können.

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