Faire Preise und Marktregulierung, damit Green Deal nicht weiter im luftleeren Raum schwebt

Faire Preise und eine stabile Erzeugersituation sind die Grundlage dafür, dass der Green Deal erfolgreich umgesetzt werden kann. Dafür ist es notwendig, den Markt mit Instrumenten auszustatten, die den jetzigen Trend der Destabilisierung aufhalten und umkehren und die dem bisher im luftleeren Raum schwebenden Green Deal einen funktionierenden Rahmen geben.
 
Gemeinsam mit der European Coordination Via Campesina (ECVC) und dem europäischen Abgeordneten der Grünen-EFA, Benoît Biteau, hat das European Milk Board (EMB) eine Veranstaltung im Europäischen Parlament organisiert, um der Debatte zu den Voraussetzungen für einen praktikablen Green Deal wichtige Impulse zu geben. Vertreter verschiedener Fraktionen debattierten mit den Erzeugervertretern des EMB und der ECVC sowie mit Repräsentanten des European Environmental Bureau (EEB) und der zivilgesellschaftlichen Organisation Humundi zu den Möglichkeiten, das Agrarsystem der EU zu stabilisieren und es sowohl sozial als auch ökologisch fit für die Zukunft zu machen.
 
Grundlage für die Debatte zu der Frage: Wie kann Marktregulierung eine Win-win-Situation für die Landwirte und die Ziele des Green Deal schaffen, lieferten Informationen des EMB und der ECVC zu der aktuellen Situation im Agrarsektor. Das EMB gab dabei einen Überblick zu den sinkenden Preisen, die den Milchmarkt seit Anfang 2023 wieder stark prägen und die die LandwirtInnen massiv unter Druck setzen. Wie Kjartan Poulsen, der Vorsitzende des EMB mitteilte, wurde der zeitliche Fokus jedoch nicht allein auf die derzeitige Situation gelegt: „Wir haben zudem skizziert, wie sich der Markt seit dem Ende der Milchquoten im Jahr 2015 entwickelt hat.“ Die Ausweitung der Menge und die Abwesenheit von passenden Kriseninstrumenten bescheren seitdem den Erzeugern Tiefstpreise sowie eine stetige Unsicherheit, die der jungen Generation einen Einstieg in die Milchproduktion fast unmöglich gemacht hat.
 
Können ein Sektor, der ständig im Krisenmodus ist, und die Herausforderungen eines Green Deal da zusammenfinden? „Das ist möglich, wenn man politisch eine faire und kostendeckende Landwirtschaft ernsthaft  anvisiert und auch die passenden Instrumente dafür schafft“, erläutert Poulsen die Anforderungen an die EU-Politik. Elmar Hannen, der Vizevorsitzende des EMB, ergänzt: „Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die wir bei der Debatte hier vorgestellt haben: Vom Marktverantwortungsprogramm bzw. einem automatisch bei Krisen greifenden freiwilligen Lieferverzicht über eine EU-Regulierung, die kostendeckende Preise verpflichtend macht bis hin zu einer Vertragsgestaltung, die die Erzeuger aus der bisher schwachen Position auf Augenhöhe mit den Verarbeitern bringt – gute Konzepte und Instrumente existieren. Sie warten nur darauf, in der EU umgesetzt zu werden, damit die Landwirtschaft auch für den Green Deal tatsächlich gewappnet ist."
 
Zusammen mit den Kollegen der ECVC ist es den EMB-Vertretern wichtig, das Verständnis für die Notwendigkeit einer stabilen und sozial nachhaltigen Erzeugerstruktur als Grundlage für ein ökologisch nachhaltiges Agrarsystem sowie eine robuste EU-Ernährungssouveränität zu schärfen.
 
Die Abgeordneten und Vertreter der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die nach dem Input von ECVC und EMB in die Debatte einstiegen, lieferten ebenso konstruktive Beiträge zum Thema:

Benoît Biteau, MdEP Grüne-EFA 
„Wir müssen die Regeln verändern, wir müssen neue Spielregeln aufstellen.“
 
Peter Jahr, MdEP EVP 
„Der Politik fehlte in der Vergangenheit der Mut, die Produktion an den Bedarf anzupassen. Nach der Quotenabschaffung wurde kein ordentliches Mengensteuerungsinstrument installiert. Es herrschte die Illusion, dass der Markt es schon regeln würde – so war es aber nicht.“

Benoit De Waegeneer, Generalsekretär von Humundi 
„Man sieht den Einfluss, den unsere Produktion auf westafrikanische Märkte hat. So sind die externen Auswirkungen bei der Milch, die Überproduktion, für andere Märkte problematisch.“

Pierre Maison, ECVC – Mitglied Koordinationsrat
„Wenn wir etwas nur zu Dumpingpreisen verkaufen können, sollten wir es überhaupt nicht produzieren.“
 
Celia Nyssens, Politische Referentin für Landwirtschaft und Lebensmittelsysteme, Europäisches Umweltbüro
„Marktregulierung ist der richtige Weg, um bessere Erzeugereinkommen zu erreichen. Allgemein sind Lebensmittel zu billig – wir sollten das Paradigma „Billige Lebensmittel“ nicht weiter verfolgen.“

Maria NOICHL, MdEP S&D 
„Wir brauchen das Grünland und das ist ohne Futterverwerter nicht vorstellbar.  Die Milchviehhaltung wird unbedingt für den Erhalt des Grünlands gebraucht.“

Vincent Delobel, ECVC 
„Als junger Farmer aus Wallonien in Belgien sehe ich, dass man immer flexibel sein muss. Manchmal muss man sich spezialisieren, manchmal diversifizieren – wir sind da schon Champions in dem Bereich. Aber man braucht auch Luft zum Atmen. Unsere Bruttomarge muss einfach höher sein.”

Andoni Garcia, ECVC – Mitglied Koordinationsrat
„In Spanien wurde ein Gesetz für die Lebensmittelkette verabschiedet, wodurch die Preise die Kosten nun decken müssen. Wir können bestätigen, dass das Gesetz dafür gesorgt hat, dass die spanischen Preise jetzt höher sind als in der Vergangenheit. Dadurch liegen sie – im Gegensatz zu davor – nun über dem Durchschnitt der Preise anderer europäischer Länder. Besonders bei der Milch ist das ganz klar zu sehen.“
 
Eugenia Rodríguez Palop, MdEP Die Linke
„Marktregulierung ist notwendig – dieser Event heute ist daher sehr wichtig. Der Lebensmittelsektor sollte dabei so gestaltet werden, dass die Landflucht gestoppt wird.“

Die Debatte zu Fairen Preisen und Marktregulierung als Grundlage für einen vernünftigen Green Deal muss geführt werden und sie muss konstruktive Ergebnisse bringen. Für die Milcherzeuger des European Milk Board heißt das ganz konkret: Kostendeckende Preise befähigen die Bäuerinnen und Bauern zu einer nachhaltigen Produktion. Schaffen wir es in der EU, dass der Preis für einen Liter Milch in Zukunft nicht mehr geringer ist als die Produktionskosten, dann haben wir auf ganzer Linie gewonnen. Und zwar alle: Erzeuger, Konsumenten sowie Umwelt und Klima.

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