Meditation über den Tod und den Umgang mit dem Unrecht in der Welt

2. Sinfoniekonzert
Am Mittwoch, 25.10.2023 um 19.30 Uhr im Kurhaus.
Einführung um 18.45 Uhr im Friedrich-von-Thiersch-Saal.

Hessisches Staatstheater führt B. A. Zimmermanns »Ekklesiastische Aktion« zusammen mit thematisch eng verwobenen Werken von Bach und Bruckner auf.

Wenn es einen Gott gibt, warum lässt er dann all das Unrecht in der Welt zu? Diese Frage beschäftigte Bernd Alois Zimmermann, der sein Leben lang mit der Schuldfrage nach dem Holocaust rang. Seine »Ekklesiastische Aktion« mit dem Titel »Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne« ist Ausdruck von Zimmermanns Verzweiflung über das ewig wiederkehrende menschliche Leid und den Machtmissbrauch der katholischen Kirche. Texte aus dem Kohelet und Dostojewskis Roman »Die Brüder Karamasow« sind hier miteinander verwoben. Der Höhepunkt besteht im simultanen Aufeinandertreffen aller Ebenen: Sprache und Gesang, Bibeltexte und Dostojewski. Fünf Tage nach Abschluss der Partitur beging er Suizid. Er hatte genug Unrecht gesehen.

Das 2. Sinfoniekonzert widmet sich Zimmermanns bewegendem Werk und stellt es in einen beziehungsreichen Rahmen. Am Beginn des Abends wird Johann Sebastian Bachs Kantate »O Ewigkeit, du Donnerwort« aufgeführt. Eben jene Kantate, aus der Zimmermann am Schluss seiner »Ekklesiastischen Aktion« zitiert. Sie verhandelt Grundfragen des Glaubens in Dialogform. Die Furcht des Menschen vor der Ewigkeit des Todes trifft auf die Hoffnung auf ein ewiges Leben im Jenseits. Der Sänger, der in Bachs Kantate die tröstlichen Jesus-Worte singt, wird im unmittelbar anschließenden Werk von Zimmermann zum großen Zweifler aus dem Kohelet: »Und siehe, da waren Tränen derer, so Unrecht litten und hatten keinen Tröster mehr; und die ihnen Unrecht getan hatten, waren zu mächtig, dass sie keinen Tröster haben konnten.«

Die eng miteinander verwobenen Stücke ergeben eine Meditation über das Leben, den Tod und den Umgang mit dem Unrecht in der Welt. Zimmermanns Werk endet hoffnungslos. Ganz anders Anton Bruckners 9. Sinfonie, die den Abschluss des Konzerts darstellt. Auch diese »dem lieben Gott« gewidmete ist ein letztes Werk. Vor Fertigstellung der Partitur starb Bruckner, wesentliche Teile des 4. Satzes sind verschollen. Und doch wirkt die Sinfonie mit dem tief bewegenden Adagio des 3. Satzes abgeschlossen. Es ist ein Abschiedsgesang, wie ein Übergang in eine andere Welt.

Johannes Klumpp dirigiert das groß besetzte Hessische Staatsorchester. Mit Ks. Thomas Jesatko, Silvia Hauer, Julian Habermann, Thomas Maria Peters und Uwe Kraus ist eine Reihe hochkarätiger Solist:innen zu erleben.

»Alle drei Stücke stellen gleiche Fragen, nach Ewigkeit, nach letzten Dingen… Die Zeit ändert sich, die Musiksprache ändert sich, es ändert sich nicht die Suche nach dem Metaphysischen. Das geht unter die Haut, unsere Haut von heute.«

Johannes Klumpp, Dirigent

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